LVMH, Kering & Co.

Luxusaktien liegen im Trend

Die Aktien großer Luxusgüterkonzerne profitieren im laufenden Jahr von einer robusten fundamentalen Nachfrage aus China. Derweil ist die Konkurrenzfähigkeit kleinerer Anbieter in Gefahr.

Luxusaktien liegen im Trend

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Luxusgüter sind an der Börse der letzte Schrei: Der MSCI World Textiles, Apparel and Luxury Index hat gegenüber dem marktbreiten MSCI World sowohl seit dem Corona-Crash im März 2020 als auch seit Beginn des laufenden Jahres eine Outperformance hingelegt. Dabei liegen auch große Einzelwerte im Trend. Die Aktie des globalen Branchenführers LVMH hat seit dem Markteinbruch im vergangenen Frühjahr über 120% an Wert gewonnen, bei Konkurrent Kering sind es immerhin 100%.

Dabei profitieren sie von einer starken fundamentalen Erholung: Nachdem die Verkaufszahlen des Luxusgütersektors im vergangenen Jahr eingebrochen waren, hat LVMH den Absatz im ersten Quartal wieder um 30% angekurbelt – und das Momentum soll, unterstützt durch die robuste chinesische Nachfrage und das infolge großvolumiger Konjunkturprogramme verbesserte US-Konsumklima, noch zulegen. Für den französischen Konzern sagt die US-Großbank J.P. Morgan für den Zeitraum zwischen April und Juni ein organisches Absatzwachstum von 78% auf Jahressicht und von 10% gegenüber 2019 vorher.

Positive Stimmung

Dementsprechend positiv ist die Analystenstimmung: Laut Bloomberg stehen 23 Kaufempfehlungen für LVMH sieben „Halten“- und vier „Verkaufen“-Vota gegenüber. Bei Kering raten 20 von 31 Analysten zum Kauf, nur zwei empfehlen, die Aktie abzustoßen. Allerdings sind auch die Bewertungen der Luxuskonzerne in die Höhe geschnellt. „Das Umfeld im ersten Halbjahr war keineswegs störungsfrei, angesichts ausgefallener Modenschauen waren die Marketing-Möglichkeiten für die Luxuskonzerne begrenzt. Allerdings bedeutet dies auch, dass viele von ihnen das Umsatzwachstum wohl in höhere Margen ummünzen konnten“, sagt Swetha Ramachandran, Managerin des GAM Luxury Brands Fund. Obwohl der Markt außergewöhnlich starke Zahlen zum ersten Halbjahr eingepreist habe, bestehe noch Luft nach oben – das Kursmomentum werde sich im Vergleich zu unterbewerteten Segmenten des Luxussektors aber wohl abschwächen. Unterdessen falle das Risiko-Ertrags-Verhältnis in Kategorien wie hochpreisigem Alkohol und Sportartikeln derzeit attraktiver aus als bei Luxusmode, weshalb Ramachandran ihr Portfolio nach eigener Aussage bereits entsprechend angepasst hat.

Die Gefahr von Rückschlägen bei der Bekämpfung der Pandemie dürfte indes für alle Luxus-Segmente fortbestehen – wie den gesamten Aktienmarkt haben Virussorgen zuletzt auch den MSCI World Textiles, Apparel and Luxury Index ausgebremst. Laut Bloomberg Intelligence dürften gerade die Branchenvertreter mit höherer Abhängigkeit vom europäischen Tourismus sowie Unternehmen, die ihre Markenstrategien anpassten, noch einige Hürden zu überwinden haben. Dazu zählten die Schuh- und Lederwarenspezialisten Salvatore Ferragamo und Tod’s.

China-Geschäft robust

Auch GAM argumentiert, dass der Langstreckentourismus noch lange nicht wieder auf den vor der Pandemie erreichten Niveaus angekommen sei – womit auch die Rückkehr der chinesischen Konsumenten nach Europa auf sich warten lasse. „Deshalb verstärken die großen europäischen Luxusmarken ihre Bemühungen auf dem chinesischen Festland“, sagt Ramachandran. Das stationäre Geschäft in den größten Metropolen der Volksrepublik laufe seit Monaten wieder hochaktiv.

Die schnelle Erholung des Reichs der Mitte von der Pandemie führe aber auch zu einem größeren Nationalstolz, infolgedessen jüngere Chinesen verstärkt den Anspruch besäßen, lokale Marken zu kaufen. „Inzwischen gibt es insbesondere im Kosmetiksegment einige glaubhafte chinesische Wettbewerber, allerdings belastet dies die europäischen Luxusgüterkonzerne nicht unbedingt. Schließlich wächst der Gesamtmarkt gewaltig, jedes Jahr strömten neue Kunden aus der Mittelklasse ins Luxussegment“, betont Ramachandran. Derweil nutzten die europäischen Anbieter den chinesischen Patriotismus aus, indem sie mit Designern aus der Volksrepublik kooperierten. Auch deshalb wachse die Nachfrage aus chinesischen Regionen, in denen die Luxuskonzerne bisher nicht aktiv seien, was zu wachsenden Online-Erlösen führe.

Während der Anteil des Online-Absatzes an den Gesamtverkäufen vor der Pandemie rund 12% betragen habe, belaufe er sich nun auf ungefähr 25% – damit sei er innerhalb von zwölf Monaten so stark gewachsen wie sonst innerhalb von fünf Jahren. „Das Online-Geschäft wird mit einem Anteil von 30% in fünf Jahren wohl der größte Absatzkanal sein, allerdings wird sich das Wachstum im Zuge des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wiederöffnungstrends wieder verlangsamen“, führt Ramachandran aus.

Die Bedeutung des Digitalvertriebs kommt dabei vor allem großen Luxusanbietern zugute. Diese spielen ihre Skalenvorteile laut GAM derzeit massiv aus, da sie höhere Ressourcen in E-Commerce-Aktivitäten und die Pflege ihrer Social-Media-Präsenz investieren könnten. „Ohnehin kaufen die Menschen während einer Krise vor allem das, was ihnen vertraut ist. Das gilt auch für den Luxusbereich, in dem Marken wie Louis Vuitton und Hermès von ihrem Bekanntheitsgrad profitiert haben“, führt Ramachandran aus.

Somit habe sich die Schere innerhalb des Luxussegments ausgeweitet, kleinere Anbieter könnten wohl nie mehr in gleichem Maß wie früher mit den Branchenführern konkurrieren. Für sie seien Fusionen und Übernahmen der einfachste Weg zur Wertschöpfung. „Allerdings werden sich die Großkonzerne des Sektors zunehmend fragen, was sie durch die Übernahme kleinerer Vertreter überhaupt zu gewinnen haben“, sagt Ramachandran. Schließlich seien die Branchenführer in der Lage, auf sich gestellt ein kräftiges organisches Wachstum zu erzielen.

Portfolios diversifiziert

Zudem diversifizierten die Luxusanbieter ihre Produktportfolios. Hermès und Gucci seien verstärkt im Kosmetiksegment aktiv, die für ihre Handtaschen bekannte Fendi sei im Möbelgeschäft erfolgreich. „Diese Umstellungen erlauben es den Konzernen, neue Konsumenten zu gewinnen und junge Kunden mit niedrigeren Preisen zu rekrutieren“, sagt Ramachandran. Dabei müssten die Luxusunternehmen aber darauf achten, ihre Authentizität und Exklusivität nicht zu verlieren. Denn die Rarität der Produkte von LVMH & Co. stellt für Kunden den Kaufanreiz dar. Nur wenn die Luxusgüterriesen diese erhalten, dürften sie auch an der Börse in Mode bleiben.

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