Microsoft gilt den Anlegern als überbewertet
Geld oder Brief
Microsoft gilt als überbewertet
Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt
Microsoft gehört wie Nvidia zu den großen sieben amerikanischen Technologiekonzernen und gilt ebenfalls als einer der großen Gewinner des Themas künstliche Intelligenz (KI). Denn Microsoft ist es bereits gelungen, KI-Funktionen in seine Produkte zu integrieren. Die Kursentwicklung von Microsoft ist aber im Vergleich zu Nvidia enttäuschend. Während es Nvidia gelungen ist, im bisherigen Jahresverlauf seinen Kurs zu verdreifachen, kommt Microsoft seit Jahresanfang gerade einmal auf ein Kursplus von 12%, das sogar weit hinter dem Benchmark-Index S&P 500 zurückbleibt, der sich im bisherigen Jahresverlauf um immerhin 24% verbessert hat. Bis in den Mai war Microsoft noch deutlich besser gelaufen als der S&P 500 und hatte seit Jahresanfang deutlich mehr als 20% zugelegt, dann setzte jedoch eine Schwächeperiode ein, die bislang anhält. Das ist auf den ersten Blick verwunderlich, gehört Microsoft doch zu den ersten Konzernen, denen es gelingt, KI in Form seiner extra zu bezahlenden Copilot-Funktionalität auch in Einnahmen umzusetzen, womit zumindest für Microsoft KI nicht nur einen Hoffnungswert für die ferne Zukunft darstellt.
Nicht mehr an der Spitze
Microsoft war kurzzeitig das vom Börsenwert her schwerste Unternehmen der Welt, getragen vom KI-Hype und dem damit verbundenen Cloud-Geschäft. Derzeit befindet es sich mit einer Marktkapitalisierung von 3,12 Bill. Dollar nur noch auf Platz 3 hinter Nvidia mit 3,57 Bill. Dollar und Apple mit 3,37 Bill. Dollar. Mit mehr als 3 Bill. Dollar ist der Wert von Microsoft übrigens größer als das gesamte weltweite Marktvolumen im Bereich der generativen KI mit für 2024 geschätzten 137 Mrd. Dollar und sogar des gesamten globalen Software-Sektors mit geschätzten rund 740 Mrd. Dollar.
Insbesondere nach der Veröffentlichung des jüngsten Quartalsergebnisses zeigten sich die Anleger am 1. November wenig erfreut. Die Aktie büßte mehr als 6% ein, obwohl die Erlöse im Quartal per Ende September besser ausgefallen waren als von den Analysten erwartet, mit einem Umsatzanstieg um immerhin 16% auf 65,6 Mrd. Dollar im Vorjahresvergleich. Und auch der Gewinn je Aktie übertraf mit 3,30 Dollar die Konsensschätzung von 3,10 Dollar. Auch in dem wichtigen Cloud-Segment Azure, auf das gerade auch als Basis-Infrastruktur für den KI-Boom große Hoffnungen gesetzt werden, konnte ein Umsatzwachstum von 33% verbucht werden, das die Analystenerwartung von knapp 29% übertraf.
Enttäuschender Ausblick
Allerdings fanden die Anleger Haare in der Suppe. So wurde der Ausblick als enttäuschend empfunden. Für das Schlussquartal 2024 sagt der Konzern Erlöse zwischen 68,1 und 69,1 Mrd. Dollar voraus, während die Analysten bislang im Schnitt von 69,83 Mrd. Dollar ausgegangen waren. Für den Bereich Azure prognostizierte Finanzchefin Amy Holt bei der Vorlage des Ergebnisses für das jüngste Quartal nur noch ein Umsatzwachstum zwischen 31 und 32%. Den relativ schwachen Ausblick führt Microsoft vor allem auf Verzögerungen bei der Auslieferung von Infrastruktur für die Datencenter zurück, die Microsoft daran hinderten, die gesamte Nachfrage zu bedienen.
Damit stellt sich die Frage, ob Microsoft die hohen Wachstumsraten insbesondere im Cloud-Geschäft beibehalten kann, die bislang die hohe Bewertung des Konzerns mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der Ergebnisschätzungen für die kommenden zwölf Monate von 32 und einem Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) von 11 gerechtfertigt haben. Zum Vergleich: Der Median des gesamten Sektors liegt beim KGV bei 24 und beim KUV bei gerade mal bei 3. Einige Analysten gehen inzwischen davon aus, dass Microsoft seinen Vorsprung in den Cloud-Aktivitäten verliert – so etwa Gil Luria von D.A. Davidson.
Und dann ist da natürlich noch das Problem mit den Aussichten auf wirkliche Gewinne im Bereich der KI. OpenAI, der KI-Lieferant von Microsoft, soll bis 2028 nach externen Schätzungen Verluste von 44 Mrd. Dollar aufhäufen, um dann endlich 2029 profitabel zu werden. Die Investitionen, die Microsoft im Bereich KI in die nötige Infrastruktur und in OpenAI tätigt, werden also noch eine längere Zeit benötigen, bis sie sich amortisieren. Damit erscheint die Aktie gegenwärtig als überbewertet – eine Überzeugung, die sich offensichtlich auch bereits am Aktienmarkt durchgesetzt hat.
Weitere Risiken
Es gibt aber noch weitere Risiken für die Aktie. Das Geschäft von Microsoft ist unter anderem wegen seiner schieren Größe abhängig von der weltweiten Konjunktur. Diese könnte insbesondere leiden, wenn der neue US-Präsident Donald Trump seinen alten Wirtschaftskrieg mit China neu belebt. Trump hat zwar Steuersenkungen angekündigt, die ohne Zweifel auch positiv auf die Ertragslage von Microsoft durchschlagen würden. Allerdings wirft die rasant steigende Neuverschuldung der USA die Frage auf, ob nicht sogar Erhöhungen der Unternehmenssteuern erforderlich werden könnten. All das hat die Anleger dazu bewogen, bei der Microsoft-Aktie Vorsicht und Zurückhaltung walten zu lassen. Das dürfte sich auch nicht so schnell ändern.