Noch stehen nicht alle Aufsteiger fest
Von Werner Rüppel, Frankfurt
Am Freitag, dem 3. September, um 22 Uhr wird es spannend. Denn dann gibt die Deutsche Börse die Unternehmen bekannt, die per 20. September in den von 30 auf 40 Werte erweiterten Dax aufrücken. Dafür gilt es mehrere Kriterien zu erfüllen. Entscheidendes Auswahlkriterium stellt aber ab September die Marktkapitalisierung des Free Floats dar. Maßgeblich dafür ist aber nicht der Stand per Ende August, sondern der Durchschnitt der letzten 20 Handelstage im August. Insofern kann sich insbesondere bei den Plätzen um die letzten Aufstiegsränge durch größere Kursschwankungen noch eine Menge tun. Das ist ähnlich wie im Endspurt der Fußball-Bundesliga.
Ein Bild, wie der Dax 40 ausschauen wird, zeichnet sich aber jetzt bereits ab. Denn zum einen liegt die Dax-Rangliste für Juli vor, zum anderen nehmen Analysten laufend Berechnungen vor, wie die erste Liga nach der Erweiterung um zehn Titel aussehen dürfte. So lag Airbus per Ende Juli auf Rang 5 der Dax-Rangliste und steigt zum neuen Schwergewicht im Dax 40 auf. Das Umsatzkriterium, das einer Dax-Aufnahme von Airbus im Wege stand, gibt es nicht mehr. „Das Umsatzkriterium entfällt. Die nun geforderte Mindestliquidität ist ein zahnloser Tiger“, urteilt Uwe Streich von der LBBW.
Die Dax-Rangliste für Juli sowie eine Szenario-Rechnung der LBBW zeigen zweierlei auf: Zum einen dürften alle bisherigen 30 Dax-Werte durch die Erweiterung in der ersten Liga verbleiben. Zum anderen haben Zalando, Siemens Healthineers, Symrise, Porsche-Vorzüge, Sartorius-Vorzüge, Brenntag und Hellofresh aufgrund einer hohen Streubesitz-Marktkapitalisierung gute Chancen, in den Dax aufzusteigen. Wobei Porsche von der Neufassung des Regelwerks profitiert, wonach eine Zugehörigkeit zum Prime Standard keine Voraussetzung mehr für eine Aufnahme in die Dax-Familie darstellt. So sind denn Porsche-Vorzüge erst in den MDax aufgerückt, und nun steht die erste Börsenliga an, falls der Kurs in den nächsten Tagen nicht deutlich einbricht. Spannend wird es hingegen rund um die letzten Dax-Plätze. In der Rangliste für Juli lag Puma noch auf Rang 39 und Beiersdorf auf Platz 40. Inzwischen hat aber nach den Berechnungen der LBBW Qiagen aufgeholt, und Puma ist hinter Qiagen und Beiersdorf auf Rang 41 zurückgefallen. Auch LEG Immobilien, die auf Rang 42 rangieren, haben noch Chancen, in die erste Liga aufzusteigen. Nach Meinung der LBBW dürfte die auf Rang 43 liegende Hannover Rück aber mit einem deutlichen Rückstand „wohl bereits chancenlos“ sein.
Dax bleibt zyklisch
Hinzu kommt, dass Vonovia gerade dabei ist, die ebenfalls im Dax vertretene Deutsche Wohnen zu übernehmen. Gelingt die Übernahme, wird ein Platz im Dax frei. So könnten dann auch Puma oder LEG in die Aktien-Bundesliga aufsteigen.
„Der Dax steht vor seiner größten Reform seit seiner Einführung im Jahr 1988“, stellt die DZBank zu Recht fest. Denn das Regelwerk wurde deutlich geändert, die Dax-Zusammensetzung wird nun nicht nur im September, sondern auch im März regelmäßig überprüft, und der Auswahlindex umfasst bald 40 statt 30 Titel. Auf der anderen Seite bleibt der Dax zu einem wesentlichen Teil der Dax. So erhöht sich durch die Ausweitung des Index zwar die Zahl der im Dax vertretenen Sektoren von 14 auf 17, stellt die LBBW fest. Doch bleiben die Dax-Schwergewichte, sieht man einmal von Airbus ab, dieselben wie bisher. So machen die vier Großsektoren Chemie, Industrie, Technologie und Automobil nicht nur 56,5% des Gewichts des Dax30 aus, sondern auch mit 56,6% nahezu dasselbe Gewicht vom Dax 40, hat die LBBW errechnet. Immerhin weise nun mit Gesundheit sogar ein fünfter Sektor einen zweistelligen prozentualen Anteil auf.
Laut Christian Kahler, Chefstratege der DZBank, wird der Dax durch die Erweiterung „spritziger“. Denn neben etablierten Konzernen würden einige wachstumsstarke Unternehmen aufgenommen. Und in der Tat sind Werte wie Zalando, Siemens Healthineers oder Sartorius-Vorzüge eine echte Bereicherung für die erste deutsche Börsenliga. Aufgrund der Aufnahme von wachstumsstarken Neulingen erhöht sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis des Dax etwas, hat die LBBW errechnet. Gleichwohl bleibt der Dax ein zyklischer und ein im Vergleich mit der Nasdaq oder US-Indizes immer noch eher moderat bewerteter Index. Dass der Dax der Dax bleibt, unterstreichen auch die Ergebnisse eines Backtests von Stoxx, wonach sich Risiko und Rendite des deutschen Top-Index durch seine Erweiterung auf 40 Titel kaum verändern.
MDax deutlich leichter
Stärker fallen die Veränderungen aber für den MDax aus, der dann ab 20. September nur noch 50 Mitglieder haben wird. „Obwohl nur zehn der bislang 60 MDax-Mitglieder in den Dax wechseln, verliert der Mid-Cap-Index hierdurch knapp 50% seiner streubesitzgewichteten Kapitalisierung“, analysiert die LBBW. Hierdurch nehme die Bedeutung des MDax erheblich ab.
Für Anleger stellt sich indes die Frage, inwieweit der MDax aussichtsreich und ein Reichmacher bleibt. Schließlich hat der MDax in den vergangenen Jahren deutlich besser abgeschnitten als der Dax. Nun wechseln einige wachstumsstarke Titel und ein Schwergewicht in die erste Liga. Auf der anderen Seite profitiert der MDax nach einer Untersuchung von Invesco von seinem Charakter als Aufsteigerindex. Und dieser bleibt auch nach der Indexreform erhalten.