Greenback

Petro-Dollar muss keine Konkurrenz fürchten

Die Diskussion darüber, ob der Dollar auch künftig die global dominierende Währung sein wird, hat neues Feuer erhalten. Doch der Greenback bleibt alternativlos.

Petro-Dollar muss keine Konkurrenz fürchten

Von Xueming Song*)

Am 23. März hat Russland angekündigt, dass „unfreundliche Länder“ Gas künftig in Rubel bezahlen müssen. Das hat für große Irritationen in Westeuropa und an den Kapitalmärkten gesorgt. Einige Tage vorher, nämlich am 15. März, hatte der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman noch dazu angekündigt, dass das Erdöl seines Landes in Zukunft auch in Renminbi gehandelt werden könne. Zu­sammen mit der Tatsache, dass China offensichtlich überlegt, die riesigen Dollar-Reserven zu reduzieren, lassen diese beiden Ereignisse die Frage aufkommen, ob der Greenback auch künftig die dominierende Währung sein wird. Die Frage ist nicht neu, aber womöglich hat sie diesmal mehr Substanz.

Vor einer genaueren Analyse soll zunächst kurz beleuchtet werden, wie der Dollar zu seiner aktuellen Stellung gekommen ist. Der Greenback, wie wir ihn heute kennen, wurde erstmals 1914 gedruckt, nachdem die Federal Reserve 1913 gegründet worden war. Er hat gleich das Pfund Sterling, die dominierende Währung zu jener Zeit, als Weltwährung abgelöst, da die USA zur größten Volkswirtschaft der Welt avancierten. Dieser Status wurde durch die Bretton-Woods-Konferenz 1944 zementiert, als der Dollar mit Gold hinterlegt wurde: Eine Unze Gold kostete 35 Dollar. Danach nahm die Bedeutung des Greenback im internationalen Warenverkehr weiter deutlich zu. Da die saudische Ölindustrie seit der Entdeckung des ersten Öls Ende der 1930er Jahre immer eng mit den USA und Großbritannien zusammengearbeitet hatte, vereinbarten Washington und Riad 1974 eine Kooperation, in deren Rahmen Saudi-Arabien US-Staatsanleihen direkt kaufen konnte und Öl in Dollar notiert wurde. Damit war der Begriff des Petro-Dollar geboren und der Greenback wurde endgültig zur Leitwährung der Welt.

Obwohl die Wirtschaft Japans Ende der 1980er Jahre fast so groß war wie die der USA, hat der Yen nicht annähernd den Status des Dollar erreicht. Daher stellt sich die Frage, welche Eigenschaften eine Leitwährung mitbringen muss. Eine starke und große Volkswirtschaft mit stabilen institutionellen und politischen Rahmenbedingungen, eine robuste wirtschaftliche Entwicklung, hohe Kapitalmarkttiefe mit entsprechender Liquidität und eine vollständige Konvertibilität sind die Grundvoraussetzungen. Auf dieser Basis ist es nicht schwer zu verstehen, warum der Yen nicht Leitwährung werden konnte: Der japanische Finanzmarkt war schlicht und einfach nicht groß genug.

Euro erfüllt Voraussetzung

Der Euro hingegen erfüllt alle Voraussetzungen. Damit ist verständlich, warum die Gemeinschaftswährung mittlerweile die zweitwichtigste Währung der Welt darstellt. So werden weltweit 38% der Swift-Zahlungen in Euro abgewickelt, der Dollar kommt auf einen geringfügig höheren Anteil von 40%. Was den Status als Reservewährung betrifft, belegt die Gemeinschaftswährung ebenfalls den zweiten Platz mit einem Anteil von aktuell 20,5% hinter dem Greenback mit gut 59%. Der Euro kann aber den Dollar-Status noch nicht erreichen, denn das gemeinsame Währungsgebiet hat keine einheitliche Finanzpolitik und somit keinen einheitlichen Anleihenmarkt; und Erdöl als wichtigster Rohstoff wird in Dollar gehandelt. Allerdings hat auch die Europäische Zentralbank keine Ambitionen, der Gemeinschaftswährung zum Petro-Euro-Status zu verhelfen. Die in Europa dominierende Erdölsorte Brent wird traditionell in Dollar gehandelt und so soll es auch bleiben.

Vertrauen in Yuan fehlt

Doch was ist mit einem möglichen Petro-Renminbi oder Petro-Rubel? Der Renminbi erfüllt viele Bedingungen für eine Leitwährung. China hat eine starke Wirtschaft und einen breiten Kapitalmarkt. Aber es sind zwei entscheidende Bedingungen, nämlich die Konvertibilität der Währung und stabile institutionelle Rahmenbedingungen, die nicht erfüllt werden. Wenn eine Währung nicht konvertibel ist, können die Marktteilnehmer nicht frei in den Markt ein- oder aussteigen. Für das Vertrauen der Investoren in eine Währung sind die institutionellen Rahmenbedingungen ausschlaggebend. Dies ist in China nicht gegeben: Der chinesische Präsident hat sich freiwillig von der Marktwirtschaft verabschiedet. Für Xi Jinping ist eine Wirtschaftsordnung mit großen Staatsunternehmen essenziell, so kann er die Ökonomie nach seinen politischen Zielen lenken. Es ist also kein Wunder, dass der Renminbi sowohl im internationalen Zahlungsverkehr als auch als Reservewährung nur einen Anteil von rund 2,5% hat. Und dies, obwohl China sich schon seit einer Dekade für die Internationalisierung der Landeswährung einsetzt.

Anzeichen für ein Streben nach einem Petro-Renminbi sind dennoch erkennbar, denn seit März 2018 wird ein Öl-Future in Renminbi in Schanghai gehandelt. Teilnehmer sind hauptsächlich chinesische Ölproduzenten und vereinzelt Akteure aus dem Nahen Osten. Allerdings ist das Handelsvolumen mit insgesamt etwa 50000 ausstehenden Kontrakten selbst nach vier Jahren noch sehr gering. Im Vergleich dazu haben Brent- und WTI-Futures jeweils ein Volumen von rund zwei Millionen ausstehenden Kontrakten.

Düstere Rubel-Aussichten

Die Aussichten für den Erfolg eines Petro-Rubel sind noch düsterer. Das flächenmäßig größte Land der Erde verfügt gerade einmal über die wirtschaftliche Stärke von Südkorea. Mit dem autoritären Regime von Präsident Wladimir Putin ist bei den Investoren kein Vertrauen zu gewinnen, ganz zu schweigen von den aktuellen internationalen Sanktionen gegen Russland. Bisher werden weder Erdöl noch Erdgas in Rubel gehandelt. Die Währung für den Gashandel in Westeuropa ist der Euro – und zwar am Knotenpunkt „Title Transfer Facility“ in Amsterdam. Der Rubel war in der Vergangenheit instabil und die Inflation bis auf wenige Episoden sehr hoch. Daher kann man nicht davon ausgehen, dass der Rubel international akzeptiert werden wird. Die aktuelle Diskussion um die Bezahlung russischen Erdgases in Rubel ist rein politischer Natur und hat keine ökonomische Basis. Auch wenn Russland in der zurückliegenden Dekade massiv Gold angehäuft hat – der Be­stand ist von 800 Tonnen im Jahr 2012 auf heute rund 2300 Tonnen gestiegen –, verhilft dies dem Rubel nicht zum Status einer Reservewährung.

Letztlich muss die Frage geklärt werden, warum der saudische Kronprinz den Renminbi als Handelswährung für Erdöl in die Diskussion gebracht hat. Es ist zu vermuten, dass Uneinigkeit zwischen den USA und Saudi-Arabien eine große Rolle spielt. Für Saudi-Arabien wird schon ein Teil der Erdöl-Zahlungen in Renminbi abgewickelt, da das Land viele Produkte aus China importiert. Einen Teil der Reserven in Renminbi zu halten, ist ökonomisch also nicht verkehrt. Letztlich ist der Dollar als Leitwährung aber immer noch unersetzlich.. Renminbi und Rubel sind bislang keine Alternativen. Die Handelswährung für Erdöl und Erdgas werden Dollar und Euro bleiben.

*) Xueming Song ist Chief Currency Strategist der DWS.

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