„Wahrscheinlich liegt bei den Mag7 eine Blase vor“
Im Gespräch: Vincent Mortier
„Wahrscheinlich liegt bei den Mag7 eine Blase vor“
Von Werner Rüppel, Frankfurt
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Nach Meinung von Amundi liegt an den Kapitalmärkten weiterhin ein günstiges Umfeld für risikobehaftete Anlagen vor. Doch sollte man in Bereichen, in denen die Sorglosigkeit der Investoren zu groß ist, aus Sicht des Vermögensverwalters einen Wechsel in Segmente überlegen, die attraktivere Möglichkeiten bieten. „Die US-Aktienmärkte sind immer noch teuer, vor allem sind die Magnificent 7 sehr hoch bewertet“, erklärt Vincent Mortier, Chief Investment Officer (CIO) von Amundi, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung in Frankfurt. „Wahrscheinlich liegt bei den Mag7 eine Blase vor, es sei denn, dass diese Titel ein sehr starkes Umsatz- und Gewinnwachstum in den kommenden Jahren liefern werden und dass die US-Inflation niedrig bleibt. Aber das ist wenig wahrscheinlich.“ Es dürfte eine gewisse Zeit benötigen, bis sich die Bewertungen hier wieder normalisierten.
In der aktuellen Marktsituation sei ein starker Fokus auf Diversifizierung der Anlagen erforderlich, zumal auch die Unsicherheit auf einem extrem hohen Niveau bleibe.„In den USA bevorzugen wir Investments am breiten Aktienmarkt jenseits der Mag7“, sagt Mortier. „Investoren haben aus gutem Grund begonnen, ihre Anlagen am Aktienmarkt jetzt weltweit breiter zu streuen.“ Denn die Aktienmärkte jenseits der Mag7 seien deutlich attraktiver bewertet als diese US-Titel. „Uns gefallen die Aktienmärkte der Eurozone, die zu Jahresbeginn zwar deutlich zugelegt haben, aber immer noch niedriger bewertet sind als die Big Caps in den USA.“ Darüber hinaus werde die Eurozone durch einen klaren politischen Kurs der EZB unterstützt. „Innerhalb Europas suchen wir nach Unternehmen mit starken Bilanzen und Preismacht“, erläutert der Amundi-CFO.
Die fiskalische Unterstützung in Deutschland nach den Wahlen und eine mögliche Erhöhung der Verteidigungsausgaben seien wichtige Themen, die es zu beobachten gelte. „In Deutschland dürfte vor allem der MDax vom Regierungswechsel profitieren", erklärt Mortier. "Wir bevorzugen aktuell den MDax gegenüber dem Dax.“
In Europa richte sich der Fokus auf binnenmarktorientierte Unternehmen, die gut positioniert sind, um von den erwarteten Steuersenkungen und geringeren Regulierungen zu profitieren. „Auf Branchenebene gefallen uns Aktien von Banken und Unternehmen der Verteidigungsindustrie."
Investoren sollten allerdings nicht nur Amerika und Europa im Blick haben. „Große Chancen bieten vor allem die asiatischen Aktienmärkte. China wächst und ist günstig bewertet, auch Südkorea ist sehr günstig. Darüber hinaus bieten auch Indien und Japan einige Gelegenheiten", sagt Mortier und fragt: „Warum soll ich US-Wachstumswerte kaufen, wenn ich solche Titel in China sehr viel preiswerter kaufen kann?“
Insgesamt gelte es, die Allokation widerstandsfähiger gegenüber negativen Szenarien zu machen. Daher hält Amundi einige Absicherungen bei Aktien und Duration aufrecht und steht Gold weiterhin positiv gegenüber. „In den USA ist der Anleihemarkt derzeit attraktiver als die Big Caps am Aktienmarkt", analysiert Mortier. Denn "das Wachstum der US-Wirtschaft dürfte sich abschwächen.“ Amundi rechnet weiterhin mit Zinssenkungen der Fed in diesem Jahr und glaubt, dass die Möglichkeit einer Fed-Zinserhöhung angesichts einer bereits restriktiven Politik und einer relativ ruhigen fiskalischen Landschaft vorerst gering ist.
Bei den globalen Unternehmensanleihen ist der Ausblick des Vermögensverwalters positiv und werde durch eine Kombination aus robuster Wirtschaftstätigkeit, moderater Inflation und weniger restriktiver Geldpolitik gestützt. „In der Eurozone erwarten wir weitere Leitzinssenkungen und gehen von einer steiler werdenden Zinskurve aus“, sagt Mortier. „“Wir bevorzugen europäische Investment-Grade-Unternehmensanleihen, also Anleihen hoher Bonität. Bei US-Hochzinsanleihen bleiben wir aufgrund der überzogenen Bewertungen vorsichtig."
Für US-Investoren würden Engagements am heimischen Anleihemarkt Sinn machen, für europäische Anleger sehe dies aber anders aus. „Auch der Dollar dürfte sich weiter abschwächen. Ein schwacher Dollar ist natürlich ein Risiko für europäische Investoren, wenn sie sich am US-Anleihemarkt engagieren", erläutert der Amundi-CFO. Und eine Absicherung des Dollarrisikos sei eben teuer, so dass es sich nicht rechne.
Insgesamt rät Mortier dazu, dass Anleger jetzt wieder die Grundsätze der Kapitalanlage berücksichtigen: „Investoren sollten diszipliniert anlegen und die Vorteile der Diversifikation nutzen. Es ist nicht zu erwarten, dass sich die Dinge so weiter entwickeln wie im vergangenen Jahr mit einer deutlichen Outperformance der Mag7.“
Die Begrenzung und Kontrolle von Risiken sei aktuell wichtig. „Der Aufbau von Leverage kann sich als sehr gefährlich erweisen“, warnt der Amundi-CIO. „Am Krypto-Markt bestehen erhebliche Risiken. Hier kann es zu sehr schmerzhaften Bewegungen für Investoren kommen.“