Russische Invasion

Biden landet Coup mit Ukraine-Trip

US-Präsident Joe Biden überrascht mit einer Blitzvisite in der Ukraine und stiehlt Chinas diplomatischem Vorstoß für einen angeblichen Friedensplan die Show. Die USA und die EU senden neue Warnungen an die Adresse Chinas für den Fall einer militärischen Beihilfe Pekings für Russland im Ukraine-Krieg.

Biden landet Coup mit Ukraine-Trip

Mit einem überraschenden Blitzbesuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew hat US-Präsident Joe Biden nur wenige Tage vor dem Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine ein starkes Zeichen für einen weiterführenden politischen, militärischen und wirtschaftlichen Beistand der USA und westlicher Bündnispartner für die Ukraine gesetzt. Biden war am Montagmorgen in Kiew eingetroffen und wurde vom ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj vor dem Präsidentenpalast empfangen.

Sein Besuch solle das unerschütterliche Engagement für Demokratie, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine bekräftigen, sagte Biden nach Gesprächen mit Selenskyj. Dieser sprach von einem „extrem wichtigen Zeichen der Unterstützung für alle Ukrainer“ und einer „historischen und mutigen Visite“. Es war das erste Mal seit Ausbruch der Kriegshandlungen am 24. Februar vergangenen Jahres, dass der US-Präsident in die Ukraine reiste. Biden sagte, die USA würden dem Land so lange wie nötig zur Seite stehen. Zudem kündigte er neue Sanktionen gegen Russland und neue Militärhilfe für die Ukraine im Volumen von 500 Mill. Dollar an.

Das Weiße Haus betonte am Montag, dass noch nie ein US-Präsident ein aktuelles Kriegsgebiet besucht habe, ohne dass auch eigenes Militär vor Ort sei. Biden wolle Kremlchef Wladimir Putin zeigen, dass die Front gegen Russland geschlossen sei. Allerdings wurde die russische Seite wenige Stunden vorher informiert. Biden wird sich in den kommenden Tagen in Osteuropa aufhalten und will am Dienstag eine Rede halten. Russlands Präsident Putin hat ebenfalls für Dienstag eine programmatische Rede angekündigt.

Bidens Auftritt in Kiew gilt als ein diplomatischer Coup, der neben Moskau insbesondere auch der Pekinger Regierung eine unliebsame Überraschung bereitet haben dürfte. Damit wird der als Unterstützungsgeste für Russland gedachte Besuch des chinesischen Top-Diplomaten Wang Yi in Moskau in der Öffentlichkeitswirkung überstrahlt. China, das wenige Wochen vor der Invasion der Ukraine ein demonstratives Bündnis mit Russland als eine Art Gegenentwurf zu einer US-geleiteten Weltordnung geknüpft hatte und Russland im Ukraine-Krieg bislang passiv unterstützt hat, will sich im Vorfeld des Jahrestags der Invasion mit Vorschlägen für Friedensgespräche hervortun.

Wang hatte am Wochenende auf der Münchner Sicherheitskonferenz eine entsprechende Initiative angekündigt und bekräftigte dies am Montag bei einem Besuch im für eine tendenziell russland- und chinafreundliche Haltung stehenden Ungarn. Auch verdichten sich Anzeichen dafür, dass Chinas Staatspräsident Xi Jinping den Jahrestag des Kriegsausbruchs für eine Art „Friedensrede“ zu nutzen gedenkt. Wang war nach einigem diplomatischen Hin und Her zwischen Washington und Peking in München schließlich auch mit US-Außenminister Antony Blinken zusammengetroffen.

Im Zuge der neu aufgekommenen Spannungen zwischen Washington und Peking rund um den Abschuss eines vermutlichen chinesischen Spionageballons über US-Territorium hatte die Begegnung in München allerdings extrem frostige Züge angenommen und keine Ansätze für eine Verbesserung des bilateralen Klimas erkennen lassen. Blinken, der vor zwei Wochen im Zuge der Ballonaffäre den ersten Besuch eines US-Außenministers­ in Peking seit mehr als fünf Jahren wieder abgesagt hatte, warnte China vor ernsten Konsequenzen bei einer neuerlichen Verletzung des US-Luftraums durch einen chinesischen Flugkörper, während Wang Washington der Hysterie bezichtigte und von einer Rückkehr der Mentalität des Kalten Krieges seitens der USA sprach.

Für weitere Verstimmung in Peking sorgt eine explizite Warnung des US-Außenministers­ bezüglich einer direkten Unterstützung Russlands durch mögliche heimliche chinesische Waffen- und Munitionslieferungen. Das chinesische Außenministerium wies die US-Mahnungen zurück. Auch seitens der EU werden Warnungen in Sachen einer militärischen Beihilfe seitens China ventiliert. Bei einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel sagte EU-Außenbeauftragter Josep Borrell, damit würde eine „rote Linie“ überschritten.

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