Globale Risiken

Brutaler Weckruf vor Davos

Das World Economic Forum hat vor dem alljährlichen Treffen der globalen Eliten in Davos einen brutalen Weckruf abgesetzt. Ein neuer Schock, etwa durch ein neues Virus, könnte unbeherrschbar sein.

Brutaler Weckruf vor Davos

hip London

Das World Economic Forum hat einen rabenschwarzen Ausblick auf die nähere Zukunft gegeben. Die kommenden beiden Jahre werden aus Sicht der für den „Global Risks Report“ befragten Risikomanager von den Folgerisiken dominiert, die Pandemie und Ukra­ine-Krieg hervorbringen. Dazu gehören die Gefahr einer Rezession, wachsende Schuldenprobleme, eine anhaltende Krise bei den Lebenshaltungskosten, polarisierte Gesellschaften und die Unterbrechung von Maßnahmen gegen den Klimawandel. Auch wenn einige Länder eine sanftere Landung schaffen sollten als erwartet, werde das Ende der Niedrigzinsära für Einzelpersonen, Unternehmen und Regierungen dennoch wesentliche Auswirkungen haben. Der Bericht wurde in Zusammenarbeit mit dem Berater Marsh McLennan und der Zurich Insurance Group erstellt.

Saadia Zahidi, Managing Director des World Economic Forum, geht davon aus, dass sich die Welt in einer „länger anhaltenden Phase der Polykrisen und Turbulenzen“ befindet. „Die ohnehin bereits Schwächsten leiden“, sagte sie. Die Zahl derjenigen, die als gefährdet betrachtet werden, nehme in reichen wie armen Ländern gleichermaßen rasant zu. „Bei dieser bereits giftigen Mischung von bekannten und steigenden weltweiten Risiken könnte ein neuer Schock – durch eine neuen militärischen Konflikt oder ein neues Virus – unbeherrschbar sein“, warnte Zahidi. Um besser gegen künftige Schocks gewappnet zu sein, müssten Klimaschutz und Entwicklung ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken.

Migration als Risiko

Wenn die Welt nicht effizienter bei der Abmilderung des Klimawandels und der Anpassung an seine Auswirkungen zusammenarbeite, führe das in den kommenden zehn Jahren zu einer Fortsetzung der Erderwärmung und beschleunige den ökologischen Zusammenbruch. Der Klimagipfel von Rio de Janeiro sei nun 30 Jahre her, sagte John Smith, der bei der Zurich Insurance Group für Nachhaltigkeitsrisiken verantwortlich zeichnet, bei der Vorstellung des Berichts in London. Doch es fühle sich so an, als ob es wirklich Probleme dabei gebe, die Klimaverpflichtungen zu erfüllen. „Wir leben in einer Welt, in der das wissenschaftlich Notwendige und das politisch Dienliche nicht übereinstimmen“, sagte Smith. Deshalb bewege sich die Welt auf einen viel langsameren und unordentlicheren Übergang zur Klimaneutralität zu.

„Das Zusammenspiel von Auswirkungen des Klimawandels, des Verlusts an Biodiversität, Ernährungssicherung und dem Verbrauch natürlicher Ressourcen ergibt einen gefährlichen Cocktail“, sagte Smith. Unter den von den Risikomanagern ge­nannten zehn größten Risiken für diesen Zeitraum fanden sich fünf Umweltthemen. Vier von ihnen führten die Liste an. „Unfreiwillige Migration in großem Umfang“ schaffte es auf Platz 5.

Die Risikomanager fürchten, dass gesellschaftliche Spannungen in nie dagewesenem Ausmaß entstehen könnten. Wichtig sei deshalb, die Robustheit bedeutsamer gesellschaftlicher Systeme wie des Bildungs- und Gesundheitswesens zu stärken, sagte Zahidi. Nötig sei der Wiederaufbau von Vertrauen in Regierungen und ihre Organe, sagte Carolina Klint, die bei Marsh in Kontinentaleuropa für das Thema Risikomanagement zuständig ist. Das sei nicht einfach, aber es sei eine notwendige Grundlage.

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