Konjunkturtableau

Euro-Industrie schöpft ein wenig Hoffnung

Die Stimmung in der Euro-Industrie hat sich im Januar zum dritten Mal in Folge aufgehellt. Die Rückgänge zahlreicher Unterindikatoren fallen weniger scharf aus als zuletzt. Das Wirtschaftswachstum wird 2023 dennoch wohl mau bleiben, wie sich auch im Konjunkturtableau zeigt.

Euro-Industrie schöpft ein wenig Hoffnung

Von Alexandra Baude, Frankfurt

Die Euro-Wirtschaft startet verhalten ins neue Jahr. Zwar ist die zwischenzeitlich befürchtete Gasmangellage nicht eingetreten, die Inflation flaut ab, die Knoten in den Lieferketten lösen sich und die Wirtschaft hat sich zum Jahresende hin besser gehalten als erwartet. Doch bleiben die Herausforderungen groß und zumindest die Industriestimmung spricht trotz der jüngsten Aufhellung weiterhin nicht für Wachstum. Dies zeigt sich auch im aktuellen Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW): „An der grundlegenden Sicht auf die Wirtschaftsentwicklung bis Ende 2024 hat sich aktuell nichts geändert“, erklärte ZEW-Experte Michael Schröder zu den nur geringfügigen Prognoseänderungen.

Chris Williamson, Chefvolkswirt bei S&P Global, kann in den endgültigen Daten der Einkaufsmanagerumfrage „kaum Anzeichen für konkrete Wachstumsimpulse am Horizont“ erkennen. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Industrieunternehmen im Euroraum ist im Januar um 1,0 auf 48,8 Punkte gestiegen. Damit bestätigte S&P Global wie von Ökonomen erwartet das vorläufige Ergebnis. Das Stimmungsbarometer kletterte zwar den dritten Monat in Folge und notiert nun auf dem höchsten Niveau seit August 2022, aber weiter unterhalb der neutralen Marke von 50 Zählern. Werte darunter signalisieren eine schrumpfende Aktivität. Dennoch habe sich „die Lage im Vergleich zu den Tiefs im Oktober letzten Jahres zu Beginn des Winters deutlich aufgehellt“, betonte Williamson. Die Sorgen über Engpässe bei der Gasversorgung und steigende Gaspreise seien einem wesentlich stabileren Energiemarkt in Europa gewichen – nicht zuletzt dank staatlicher Subventionen und der milden Witterung. Zugleich konnten viele Unternehmen wegen der deutlich geringeren Engpässe in den Lieferketten ihre Auftragsbestände abbauen und die Produktion hochfahren.

Insgesamt kam es zwar wie seit Mitte 2022 zu Produktionskürzungen, doch seien diese im Januar nur noch marginal gewesen, hieß es bei S&P Global. Als Hauptursache für das Minus wurde die schwache Nachfrage genannt. Auch der Auftragsrückgang fiel im Januar schwächer als zuvor aus. Dies deute darauf hin, „dass das Schlimmste überstanden ist“. In einigen Ländern der Region sei es sogar wieder zaghaft aufwärts gegangen, kommentierte S&P Global.

In allen von der Umfrage erfassten Ländern, die zusammen rund 89% des Eurozone-Industriesektors um­fassen, stiegen die PMIs. Dabei kennzeichne der irische PMI laut S&P Global mit einem Stand von 50,1 Punkten „praktisch Stagnation“, während die Indizes für Frankreich (50,5 Zähler) und Italien (50,4 Punkte) „sogar ein Mini-Wachstum“ signalisieren. Der Einkaufsmanagerindex für Spanien (48,4 Zähler) und das Schlusslicht der Rangliste, Deutschland (47,3 Punkte), spreche weiter für einen Rückgang, wobei sich aber die Dynamik abgeschwächt hat. Williamson mahnt allerdings, dass die Auswirkungen der höheren Zinsen der Wirtschaft erst noch bevorstünden, „was die Chancen auf zukünftiges Wachstum zumindest erschweren dürfte“.

Im aktuellen Konjunkturtableau erwarten die Auguren im Median für das laufende Jahr ein Wachstum von 0,2%. Im Dezember lag die Prognose noch bei 0,4%. Die Inflationsprognosen hingegen sind für 2023 etwas angehoben worden: von 6,6% auf 6,7%. In den vergangenen Wochen haben sich die Zeichen eines nachlassenden Preisdrucks verdichtet – dies konstatierte auch Williamson mit Blick auf die Industrie-PMIs. Im Januar ist die Jahresteuerungsrate laut Eurostat von 9,2 % auf 8,5 % gefallen (siehe oben stehender Bericht). Experten erwarten für 2024 weiter sinkende Raten – im Konjunkturtableau wird der Median nun bei 3,1% statt zuvor 3,4% angesetzt. Die Inflationsraten für Deutschland werden – wie schon im Vormonat – etwas höher eingeschätzt als für das Eurogebiet insgesamt. Die aktuellen Medianprognosen liegen unverändert bei 7,0% für das laufende Jahr und bei 3,6 (zuvor: 3,5)% für 2024. Das Wirtschaftswachstum 2022 kam fast wie zuletzt vorausgesagt herein: Im Dezember lag der Medianwert bei 1,5%. Die Prognosen lagen zwischen 1,0% und 1,8%. Laut Statistischem Bundesamt legte die hiesige Wirtschaft 1,8% zu.

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