Philips hält Gefährdung für unwahrscheinlich
hek Frankfurt
– Mit einer gewissen Erleichterung haben Investoren auf Testergebnisse für schadhafte Schlaftherapiegeräte von Philips reagiert. Die Aktie des Medizintechnikherstellers erholte sich am Mittwoch im Tagesverlauf um 5%. Vom bisherigen Tief um 12,20 Euro kann sich das Wertpapier aber noch nicht nachhaltig lösen.
Wie Philips mitteilt, deuten die Ergebnisse des Test- und Forschungsprogramms darauf hin, dass die schadhaften Beatmungsgeräte zur Behandlung von Atemaussetzern im Schlaf wahrscheinlich nicht zu einer nennenswerten gesundheitlichen Beeinträchtigung der Patienten führen. Die Analysen und Daten hat der Konzern der US-Gesundheitsbehörde FDA vorgelegt. Philips weist drauf hin, dass die Behörde zu anderen Ergebnissen kommen könne.
„Wir können feststellen, dass das gesamte Produkt den Sicherheitsnormen entspricht“, sagt CEO Roy Jakobs. „Das ist eine sehr ermutigende Nachricht.“
Der millionenfache Rückruf von Beatmungsgeräten hält Philips seit mehr als einem Jahr auf Trab. Die Aktie ist im Vergleich zu April 2021 um fast drei Viertel abgestürzt. Nach letzten Angaben geht das Management davon aus, dass 5,5 Millionen Geräte repariert oder ersetzt werden müssen. Ursache ist ein zerfallender Schaumstoff auf Polyesterbasis, dessen Teilchen als möglicherweise krebserregend gelten.
Philips bestätigt die Ankündigung, dass bis Jahresende 90% der Ersatzgeräte produziert und ausgeliefert sind. Man gehe davon aus, dass der Rückruf und der Austausch aller betroffenen Produkte in der ersten Hälfte des Jahres 2023 abgeschlossen sein werden.
Anlässlich der Berichterstattung über das dritte Quartal 2022 hieß es, dass bisher 4 Millionen Ersatzgeräte und Reparatur-Sets hergestellt worden seien. Auf den Goodwill der von dem Rückruf betroffenen US-Tochter Respironics hat Philips im dritten Quartal 1,3 Mrd. Euro abgeschrieben. Die Niederländer hatten Respironics 2008 übernommen. Darüber hinaus sind Sammelklagen und Klagen von Einzelpersonen anhängig.
Bei dem Test- und Forschungsprogramm hat Philips nach eigenen Angaben mit fünf unabhängigen Testlaboren zusammengearbeitet. Sachverständige Dritte und externe medizinische Gremien hätten die Ergebnisse geprüft und bewertet. Geprüft wurden Geräte der ersten Generation, die 68% der weltweit registrierten Apparate ausmachen.
Schäden durch Ozonreinigung
Als Ursache für die kostspieligen Schäden hat der Konzern eine unsachgemäße Reinigung ausgemacht. Eine Reinigung mit ozonhaltigen Mitteln war von Philips nicht genehmigt, fand aber statt. Aus den Tests geht hervor, dass bei Reinigung ohne Ozon ein sichtbarer Schaumstoffabbau selten ist (0,5% der zurückgesandten Geräte aus den USA und Kanada). Bei Reinigung mit Ozon steigt die Rate auf 7%. Auch dann sei eine nennenswerte Gesundheitsschädigung durch Partikel unwahrscheinlich, heißt es. Die gesundheitlichen Auswirkungen durch Gase würden noch bewertet.
Laut der niederländischen Bank ING unterstreichen die vorliegenden Ergebnisse frühere Aussagen des Managements von Philips, dass die Gesundheitsrisiken für Patienten stets gering gewesen seien. Die Rechtsrisiken würden damit nicht beseitigt, aber nach Einschätzung des Analysten Marc Hesselink verringern die Testresultate die Wahrscheinlichkeit sehr hoher Forderungen. Es seien aber noch nicht alle Tests abgeschlossen. ING kalkuliert mit Schadenersatzforderungen von 5 Mrd. Euro. Diese Summe erscheine immer noch ausreichend, heißt es in dem Kommentar.
Erste Testergebnisse der Untersuchung sähen positiv aus, meint die US-Bank J.P. Morgan. Sie seien aber nicht so eindeutig und umfassend wie erhofft. Die geplanten weiteren Tests seien ein Risikofaktor für die Aktie. Nach Einschätzung der Investmentbank Jefferies haben die Ergebnisse und Schlussfolgerungen nur begrenzte Aussagekraft.