Inflation

Viele Gefahren

Die Inflation in Deutschland geht im März stark von 9,3 % auf 7,8 % zurück – laut EU-Berechnung. Die Arbeit der EZB ist aber längst noch nicht erledigt. Die Leitzinsen müssen weiter steigen.

Viele Gefahren

Die Inflation in Deutschland ist im März sehr deutlich von 9,3% auf 7,8% gesunken – laut EU-harmonisierter Berechnung (HVPI). Auch für den Euroraum als Ganzes dürfte am heutigen Freitag ein starker Rückgang gemeldet werden. Ist damit jetzt der Spuk der hohen Inflation vorbei und selbige schon bald nur noch eine böse Erinnerung? Mitnichten! Die Inflation wird noch lange viel zu hoch liegen und sie erweist sich als sehr hartnäckig – und mithin bleibt sie die größte Geißel für die Euro-Wirtschaft. Das heißt auch: Die Europäische Zen­tralbank (EZB) muss die Leitzinsen weiter erhöhen, zumal wenn sich die Lage im Bankensektor weiter beruhigt. Spekulationen auf ra­sche Zinssenkungen er­scheinen da schon fast absurd.

Der Rückgang der Teuerung im März ist primär auf Basiseffekte zurückzuführen. Vor einem Jahr ließ der Beginn des schrecklichen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine insbesondere die Energiepreise explodieren – was die zuvor schon zu hohe Inflation noch einmal stark anheizte. Dieser Effekt fällt nun weg. Die Energiepreise sind aber sehr volatil, und das Bild kann sich auch schnell wieder drehen. Wichtiger aber noch: Jenseits der Energiepreise ziehen viele Preise weiter und teils deutlich an. Essen wird teurer, Reisen wird teurer und viele Dienstleistungen werden auch teurer. Deswegen gibt es beim zugrunde liegenden Preisdruck, gemessen an der Kernrate (ohne Energie und Lebensmittel), auch keinen vergleichbaren Rückgang wie bei der Gesamtrate – im Gegenteil. Eine rasche Rückkehr zum 2-Prozent-Ziel ist so kaum vorstellbar.

Stattdessen gibt es gleich eine ganze Reihe Gefahren, die zu einer weiteren Verfestigung der hohen Inflation führen könnten. Allen voran ist da das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale, das keineswegs gebannt ist. Lohnforderungen wie jene von Verdi (10,5%) und der Eisenbahnergewerkschaft EVG (12%) in der größten Euro-Volkswirtschaft Deutschland sprechen da Bände. So verständlich und angemessen der Wunsch nach einem Ausgleich für Reallohnverluste ist, so wenig hilfreich sind übermäßige Lohnerhöhungen. Der Blick darf sich aber nicht nur auf die Löhne richten. Einige Studien sprechen dafür, dass die Unternehmen mit hohen Gewinnmargen die Inflation befeuern. Das gilt es genau zu beobachten. Im Kampf gegen die zu hohe Inflation müssen alle ihren Beitrag leisten. Nicht zuletzt übrigens auch die Fiskalpolitik, die die geldpolitische Straffung nicht mit einem zu laxen Kurs konterkarieren darf.

Die EZB ihrerseits sollte jetzt auf ihrem Zinserhöhungskurs bleiben – erst recht, da sich die Bankenunruhe zunehmend legt und eine ausgewachsene Finanzkrise immer unwahrscheinlicher erscheint. Sicher, schon die bisherigen Turbulenzen haben zu einer Verschärfung der Finanzierungskonditionen geführt. In der Folge müssen die Leitzinsen womöglich nicht mehr so stark steigen wie zuvor gedacht. Das aktuelle Zinsniveau erscheint aber noch nicht ausreichend, um den nötigen Beitrag zum Inflationsrückgang zu leisten. Und wenn im Zuge einer weiteren Marktberuhigung die Finanzierungskonditionen erneut lockerer werden, gilt es, wieder stärker gegenzuhalten. Dass bei In­flationsraten von 7% und mehr einige schon auf baldige Zinssenkungen wetten, erscheint wie Wunschdenken oder Realitätsverweigerung. Die Arbeit der EZB ist noch lange nicht erledigt.

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