Konjunktur

Wirtschaftsweise geben Hoffnung

Der Sachverständigenrat hält die Finanzmarktstabilität nach den jüngsten Problemen im Bankensektor aktuell nicht für gefährdet. Die Konjunktur hat sich nach dem milden Winter leicht aufgehellt.

Wirtschaftsweise geben Hoffnung

wf Berlin

Mit einer Wachstumserwartung von 0,2% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in diesem Jahr und von 1,3% im nächsten Jahr hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung seine Konjunkturprognose für Deutschland etwas verbessert. Im November hatten die Wirtschaftsweisen wegen der Energieknappheit noch einen Rückgang von 0,2% für 2023 vorhergesagt. Mit der aktuellen Prognose bleibt Deutschland hinter der Eurozone zurück: Dort erwartet der Sachverständigenrat ein Plus von 0,9% in diesem Jahr sowie 2024 von 1,5%. „Der inflationsbedingte Kaufkraftverlust, die schlechteren Finanzierungsbedingungen und die sich nur langsam erholende Auslandsnachfrage verhindern einen stärkeren Aufschwung in diesem und im kommenden Jahr“, sagte die Vorsitzende Monika Schnitzer vor der Presse in Berlin.

Die Teuerungsrate habe ihren Hochpunkt vom Herbst 2022 überschritten, sei aber noch immer deutlich erhöht und dürfte nur langsam zurückgehen, erwartet der Rat. Im Jahresdurchschnitt dürfte die Inflationsrate bei 6,6% liegen und erst 2024 auf 3,0% zurückgehen. „Die Inflation kommt zunehmend in der Breite der Wirtschaft an“, konstatierte der Wirtschaftsweise Martin Werding. Der Arbeitsmarkt entwickele sich trotz der angespannten Wirtschaftslage stabil. Für die Effektivlöhne einschließlich Inflationsprämie erwartet das Beratungsgremium für 2023 und 2024 einen Anstieg um 5,9% und 4,5%. Damit werde die Inflation aber nur zum Teil ausgeglichen. Es gebe Zweitrundeneffekte, aber eine Lohn-Preis-Spirale werde daraus nicht entstehen, so Werding.

Geldpolitik in der Klemme

Die Unsicherheit an den Finanzmärkten erschwere den Notenbanken die Inflationsbekämpfung, stellte die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier fest. Der Sachverständigenrat erwartet, dass sich die straffere Geldpolitik erst im Verlauf des Jahres merklich auf die Inflation auswirke. Weitere Zinserhöhungen dürften erforderlich sein. „Das Inflationsproblem ist noch nicht gelöst“, warnte Malemendier.

Trotz der Unruhe an den Finanzmärkten nach den Problemen bei der Silicon Valley Bank in den USA und der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS in der Schweiz plädieren die Wirtschaftsweisen dafür, die Bekämpfung des Preisanstiegs fortzusetzen. Es sei unklar, ob eine längere Pause bei den Zinsschritten den Banken helfen würde, sagte Malmendier. Schnitzer zufolge sind die Probleme der Silicon Valley Bank nicht auf die jüngere Lockerung der Bankenregulierung in den USA zurückzuführen. Malmendier plädiert dafür, dass die Bankenaufsicht die Institute in den sich aktuell ändernden Bedingungen mehr an die Hand nehme. Der jüngste Stresstest der Europäischen Zentralbank (EZB) zu Zinsen sei von 2017 und habe nur die Auswirkungen der Niedrigzinsphase unter die Lupe genommen. Engpässe bei der Versorgung der Unternehmen befürchtet der Sachverständigenrat nicht. „Wir sehen die Kreditversorgung der Realwirtschaft als gesichert an“, sagte Malmendier.

Emissionshandel schont Staat

Spürbar verbessert haben sich nach Einschätzung der Wirtschaftsweisen die öffentlichen Finanzen. Wegen der entspannteren Preissituation auf den Energiemärkten fielen die Ausgaben für die Energiepreisbremse deutlich niedriger aus als erwartet. Laut Ratsmitglied Achim Truger ist ein Finanzierungssaldo von −1,6% des BIP in diesem Jahr und 2024 von −0,4% zu erwarten. Die Verschuldungsquote werde im kommenden Jahr wieder bis auf 63,5% sinken. Vor allem aus Kostengründen plädierte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm in der Transformation zur Klimaneutralität vehement für den Emissionshandel, verbunden mit einem Emissionsminderungspfad. Verbote seien sehr teuer, weil sie die Akteure zu teuren Lösungen zwängen. Durch Kompensationszahlungen würden sie noch teurer.

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