Großbritannien

Bank of England bremst Bondkäufe

Die Bank of England wird beim Kauf von Anleihen zur Ankurbelung der Konjunktur etwas auf die Bremse treten. Am geplanten Umfang des Quantitative Easing wollte sie jedoch nicht rütteln. Die Zentralbankökonomen erhöhten ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr von 5 % auf 7,25 %.

Bank of England bremst Bondkäufe

Die Bank of England hat ihre Wachstumsprognose für die britische Wirtschaft mit Blick auf das erfolgreiche Impfprogramm und die Lockerung der Ausgangsbeschränkungen deutlich erhöht. Wie die Notenbank mitteilte, rechnet sie nun mit einer Expansion um 7,25 %. Es wäre der stärkste Wert seit dem Zweiten Weltkrieg. Im Februar hatten die Ökonomen der „Old Lady of Threadneedle Street“ noch 5 % angesetzt. Vor diesem Hintergrund kündigten sie an, das laufende Anleihenkaufprogramm zu entschleunigen. „Diese operative Entscheidung sollte nicht als Veränderung der geldpolitischen Haltung interpretiert werden“, heißt es im Protokoll der jüngsten Sitzung des geldpolitischen Komitees. Das „Tapering“ von um die 4,4 Mrd. Pfund auf etwas mehr als 3,3 Mrd. Pfund die Woche sei geringfügiger ausgefallen als erwartet, sagte David Owen, Europachefvolkswirt von Jefferies. „Aber es ist ein vernünftiger Kompromiss.“ Am geplanten Volumen des Quantitative Easing von 895 Mrd. Pfund wurde festgehalten. Auch der Leitzins wurde auf dem historischen Tief von 0,1 % belassen. Lediglich ein Mitglied des Komitees, Andy Haldane, der scheidende Chefvolkswirt der Notenbank, stimmte gegen eine der Maßnahmen. Aus seiner Sicht könnte das angepeilte Volumen der Staatsanleihenkäufe von 875 Mrd. auf 825 Mrd. Pfund reduziert werden.

Notenbankchef Andrew Bailey bemühte sich auf der Pressekonferenz der Bank of England, die Anhebung der Wachstumsprognose in den richtigen Zusammenhang zu stellen. Eine solche Erholung habe es in der Neuzeit noch nicht gegeben. Und mit Blick auf den wirtschaftlichen Ab­sturz im vergangenen Jahr seien das sicher gute Nachrichten, sagte er. „Aber man kann es auch so ausdrücken: Zwei Jahre Wachstum gingen verloren.“ Denn erst Ende des Jahres wird die britische Wirtschaft den aktuellen Schätzungen zufolge wieder auf dem Niveau von Ende 2019 angekommen sein.

Die Notenbank rechnet nicht damit, dass die Briten ihre während des Pandemiejahrs 2020 aufgelaufenen überschüssigen Ersparnisse auf einen Schlag verprassen werden. Sie geht vielmehr davon aus, dass sie binnen drei Jahren ein Zehntel davon ausgeben werden. Das mag erklären, warum sie für das laufende Jahr zwar einen Anstieg der Teuerungsrate auf 2,5 % prognostiziert, aber damit rechnet, dass sich der Preisauftrieb schon 2023 wieder auf Höhe des Inflationsziels von 2,0 % bewegen wird. Zudem seien die Ersparnisse ungleich verteilt, sagte Bailey. „Sie konzentrieren sich insbesondere bei den Bessergestellten und den Älteren.“

Die Bank of England unterstellt, dass die Unternehmensinvestitionen im laufenden Jahr um 7 % steigen werden. Für das kommende Jahr haben sie ein Plus von 13,5 % auf der Rechnung. Denn bis Ende März 2023 können Unternehmen 130 % der Anschaffungskosten bestimmter In­vestitionsgüter vom zu versteuernden Gewinn abziehen. Schatzkanzler Rishi Sunak hatte die „Super-Deduction“ Ende März vorgestellt. Das britische Modell der Kurzarbeit war aus Sicht der Notenbanker offenbar so erfolgreich dabei, Stellen zu erhalten, dass sie ihre Schätzung für die Arbeitslosenquote für das laufende Jahr von 6,5 % auf 5 % gesenkt haben. Dem stellvertretenden Gouverneur Ben Broadbent zufolge fanden mehr Leute, von denen man im Februar noch gedacht hatte, dass sie erst nach vorübergehender Arbeitslosigkeit wieder Arbeit finden würden, direkt eine Beschäftigung. Wie dem aktuellen Inflationsbericht zu entnehmen ist, gehen die Volkswirte der Zentralbank davon aus, dass die Zahl der Kurzarbeiter im laufenden Quartal von 4,2 Millionen auf 2,75 Millionen zurückgehen wird. Im dritten Quartal sollen es nur noch eine halbe Million Arbeitnehmer sein. Die Verlängerung des Coronavirus Job Retention Scheme – der britischen Variante der Kurzarbeit – bis Ende September werde dazu führen, dass die meisten von ihnen bei Auslaufen der Maßnahme wieder in Arbeit seien.

Aus Sicht der Geldpolitiker dominieren im laufenden Jahr die Ab­wärtsrisiken, die sich aus einem Wiederaufflammen der Pandemie durch neue Virusvarianten ergeben könnten. Negative Entwicklungen in anderen Ländern könnten sich auch auf Großbritannien auswirken. Auf längere Sicht ergebe sich ein ausgewogeneres Bild.

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