Zinswende

Bank of England bremst weiter

Die Bank of England hat den Leitzins das dritte Mal in Folge erhöht. Mit 0,75 % bewegt er sich nun wieder auf dem vor Ausbruch der Pandemie erreichten Niveau. Hauptbeweggrund war die Inflation.

Bank of England bremst weiter

hip London

Die Bank of England hat mit Blick auf den rasanten Anstieg der Teuerungsrate den Leitzins das dritte Mal in Folge um 25 Basispunkte auf nunmehr 0,75 % erhöht. Damit hat der Leitzins das Niveau der Zeit unmittelbar vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie erreicht. Die britische Notenbank reagiert damit auf den rasanten Preisauftrieb. Wie dem Protokoll der Sitzung des geldpolitischen Komitees (Monetary Policy Committee, MPC) zu entnehmen ist, stimmten acht der neun Mitglieder für den Zinsschritt. Bei der vorangegangenen Sitzung hatten dagegen vier Mitglieder für einen Zinsschritt von 50 Basispunkten votiert.

Am Finanzmarkt wurde vor der Sitzung der Nachrichtenagentur Reuters zufolge ein Anstieg des Leitzinses um 166 Basispunkte bis Dezember eingepreist, was nahezu eine Erhöhung um jeweils 25 Basispunkte in allen verbleibenden MPC-Sit­zungen des Jahres impliziert. Es war deshalb schwer für die Bank of England, die Markterwartungen an die Straffung der Geldpolitik zu übertreffen. Immer wurde auch ein Zinsschritt von 50 Basispunkten bis zum Sommer für möglich gehalten. Einer der Gründe dafür war, dass so viele MPC-Mitglieder schneller voranschreiten wollten. Nun hat es den Anschein, dass sich die Rebellen des Vormonats die Mehrheitsmeinung zu eigen gemacht haben. Ein Notenbanker, Jon Cunliffe, stimmte dafür, den Status quo beizubehalten. Cunliffe zeichnet als stellvertretender Gouverneur der Notenbank für die Finanzstabilität verantwortlich.

Preisauftrieb nimmt zu

Die Geldpolitiker gehen davon aus, dass der Preisauftrieb im laufenden Jahr noch stärker sein wird als bislang angenommen. Im Januar hatte die Teuerungsrate 5,5 % erreicht – den höchsten Stand seit 30 Jahren. Das Inflationsziel der Notenbank liegt bei 2 %. Zuletzt hatten die Ökonomen der Zentralbank gehofft, dass die Inflation im April bei 7,25 % ihren Scheitelpunkt erreichen würde. Nun rechnen sie mit einem Anstieg auf 8 % im zweiten Quartal. Im weiteren Jahresverlauf könnte sie „vielleicht sogar höher“ liegen. „Die russische Invasion der Ukraine hat zu weiteren starken Erhöhungen der Preise für Energie und andere Rohstoffe geführt, auch der Nahrungsmittelpreise“, heißt es in der Begründung der Zinsentscheidung. Der Krieg werde wahrscheinlich Störungen in den weltweiten Beschaffungsketten verschlimmern.

Die Ungewissheit rund um die weitere weltwirtschaftliche Entwicklung habe sich dadurch wesentlich erhöht. „Der weltweite Inflationsdruck wird in den kommenden Monaten deutlich zunehmen, während sich das Wachstum in Volkswirtschaften, die netto Energie importieren, vermutlich verlangsamt.“ Allerdings zeigt die Wortwahl im Protokoll, dass vielleicht doch nicht mit einer schnellen Abfolge weiterer Zinsschritte zu rechnen ist. Der Krieg in der Ukraine hat offenbar die bisherigen Erwartungen für das laufende Jahr über den Haufen geworfen. Im Vormonat hatte es noch geheißen, eine weitere Straffung der Geldpolitik sei „wahrscheinlich“. Nun lautet das Fazit, dass sie angemessen sein „könnte“.

Abweichler Cunliffe hatte auf die erheblichen negativen Auswirkungen der höheren Rohstoffpreise auf die Realeinkommen der privaten Haushalte und auf die wirtschaftliche Aktivität insgesamt hingewiesen. Der Einmarsch Russlands in der Ukraine könne die Ungewissheit erhöhen und dadurch das Verbrauchervertrauen und Geschäftsklima belasten, argumentierte Cunliffe. Das würde dem Inflationsdruck in Großbritannien entgegenwirken. Für Cunliffe leitet sich deshalb der künftige Pfad der Geldpolitik aus einer umfassenderen Bewertung des künftigen Verhältnisses dieser gegensätzlichen Kräfte ab, als derzeit möglich sei. Deshalb sprach er sich dafür aus, den Leitzins auf 0,5 % zu belassen.

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