Wirtschaftswachstum

Briten schütteln Omikron ab

Die britische Wirtschaft hat sich im Januar stärker als erwartet erholt. Der Krieg in der Ukraine und der damit verbundene rasante Anstieg der Energiepreise lassen dennoch keine Euphorie aufkommen.

Briten schütteln Omikron ab

hip London

Großbritannien hat im Januar die negativen Auswirkungen der Omikron-Virusvariante auf die Volkswirtschaft abgeschüttelt. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,8%. Volkswirte hatten lediglich mit einem Plus von 0,1% gerechnet, nachdem die Wirtschaft im Dezember aufgrund neuer Corona-Restriktionen um 0,2% ge­schrumpft war. Besonders deutlich fiel im Januar die Erholung im Gastgewerbe aus. Der Beitrag von Bars, Pubs und Restaurants zum BIP stieg um 6,8%, nachdem der vor Weihnachten von Premierminister Boris Johnson in Kraft gesetzte „Plan B“ für einen Einbruch von 8,1% gesorgt hatte. Nachdem zahllose Weihnachtsfeiern und Silvesterpartys ab­gesagt wurden, hatten die Menschen offenbar großen Nachholbedarf, was das Geschäft im sonst für das Gastgewerbe recht stillen Januar belebte. Positiv darf gewertet werden, dass die Corona-Impf- und Kontaktverfolgungsprogramme des öffentlichen Gesundheitswesens NHS keine so wesentliche Rolle für das Wachstum mehr spielten wie in einigen vorangegangenen Monaten. Das liegt an den Anstrengungen, eine möglichst große Zahl von Booster-Impfungen im Dezember zu verabreichen. Im Januar ging die Zahl der verabreichten Dosen um 73% zurück.

Das Handelsdefizit stieg von 14,7 Mrd. Pfund im Dezember auf 21,9 Mrd. Das ist der höchste Stand seit Beginn der Erhebungen, allerdings geht ein wesentlicher Teil des Anstiegs dem Statistikamt zufolge auf eine Änderung bei der Erhebung der Daten für den Handel mit der EU zurück.

Zinsschritt erwartet

Der Krieg in der Ukraine und der rasante Anstieg der Öl-, Gas- und Benzinpreise dürften in den kommenden Monaten die Wirtschaftsentwicklung aber dämpfen. „Die Daten sind veraltet und spiegeln den Ausblick für den Rest des Jahres nicht wider“, sagte Craig Erlam, Analyst der Devisenhandelsplattform Oanda, über die vom ONS vorgelegten Zahlen. „Die Krise bei den Le­benshaltungskosten und Energiepreise, die in den kommenden Monaten noch deutlich steigen dürften, werden immensen Druck auf die Budgets der privaten Haushalte und Unternehmen ausüben.“ Beim Verbrauchervertrauen macht sich das bereits bemerkbar. Aus Sicht von Erlam wird die Bank of England bei den kommenden Sitzungen des geldpolitischen Komitees ungeachtet der sich eintrübenden wirtschaftlichen Entwicklung weiter an der Zinsschraube drehen. Volkswirte rechnen größtenteils damit, dass die Geldpolitiker am kommenden Donnerstag den Leitzins um 25 Basispunkte auf dann 0,75% anheben. Bei der Sitzung im Februar hatten vier der neun Geldpolitiker für eine Erhöhung von 50 Basispunkten votiert. Einen Zinsschritt dieser Größenordnung hat es noch nicht gegeben, seitdem die Zentralbank vom damaligen Labour-Premierminister Gordon Brown die Unabhängigkeit zugesprochen bekam. Der Deutsche-Bank-Volkswirt Sanjay Raja zählt Catherine Mann, Michael Saunders und mit Einschränkungen auch Jonathan Haskel zu den Komiteemitgliedern, die dieses Mal für 50 Basispunkte stimmen könnten. Er geht davon aus, dass die Teuerungsrate über den zuletzt von der Bank of England genannten Spitzenwert von 7,25% hinaus steigen wird, bevor sie bei mehr als 8% den Gipfel erreicht und längere Zeit über dem Zielwert der Notenbank von 2,0% verharrt. An den Finanzmärkten wird derzeit für jede der kommenden vier Sitzungen eine Leitzinserhöhung von mindestens 25 Basispunkten eingepreist, was für August einen Leitzins von mindestens 1,5% unterstellt.

Die Barclays-Volkswirte Fabrice Montagné und Abbas Khan sehen gute Gründe dafür, den Leitzins bis Mai auf 1,0% zu erhöhen. Die Argumente dafür, darüber hinauszugehen, seien aber schwach. „Erwartete Preiserhöhungen werden zunehmend die Ausgaben belasten, und das Risiko einer Rezession ist gestiegen“, schreiben sie. Sie sind nicht die Einzigen, die davon ausgehen, dass das Tempo der geldpolitischen Straffung an den Finanzmärkten derzeit überschätzt wird.