Deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle
Deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle
BIP gibt um 0,2 Prozent nach − Unsicherheit, Inflation und Energiekosten haben gebremst
2024 ist die deutsche Wirtschaft um 0,2% geschrumpft. Zwei Minusjahre in Folge gab es zuletzt Anfang der 2000er Jahre. Und auch der Vergleich zu den Vor-Coronazeiten fällt wenig schmeichelhaft aus. Im Schlussabschnitt dürfte sich ein Minus von 0,1% ergeben haben − die Erstschätzung gibt es erst am 30. Januar.
ba Frankfurt
Die deutsche Wirtschaft steckt nicht nur in der Rezession fest, sondern ist auch in den vergangenen fünf Jahren nicht vom Fleck gekommen. 2024 ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut Schnellschätzung des Statistischen Bundesamts (Destatis) preisbereinigt um 0,2% geschrumpft. Damit ist die Wirtschaftsleistung zum zweiten Mal mit negativem Vorzeichen versehen, nach dem Rückgang um 0,3% im vergangenen Jahr.
Zwei aufeinanderfolgende Rezessionsjahre gab es zuletzt 2002/03. Im Vergleich zum Vor-Coronaniveau, also dem Jahr 2019, zeigt sich das BIP mit +0,3% kaum verändert. Im internationalen Vergleich ist die Bundesrepublik damit das Schlusslicht der großen Industrieländer: Gemessen an der Herbstprognose der EU-Kommission ergibt sich ein Anstieg in der EU insgesamt um 5,3%. In den USA (+11,4%) und China (+25,8%) wird das Vorkrisenniveau sogar deutlich übertroffen.
„Konjunkturelle und strukturelle Belastungen standen im Jahr 2024 einer besseren wirtschaftlichen Entwicklung im Wege“, erklärte Destatis-Chefin Ruth Brand. „Dazu zählen zunehmende Konkurrenz für die deutsche Exportwirtschaft auf wichtigen Absatzmärkten, hohe Energiekosten, ein nach wie vor erhöhtes Zinsniveau, aber auch unsichere wirtschaftliche Aussichten.“
Auf der Verwendungsseite bremsten die Bruttoanlageinvestitionen die Entwicklung, da sie um 2,8% geringer ausfielen als im Vorjahr. Vom Außenhandel kam ebenfalls ein negativer Impuls, da die Exporte um 0,8% nachgaben, während die Importe um 0,2% zulegten. „Grund waren unter anderem die geringeren Ausfuhren von elektrischen Ausrüstungen, Maschinen und Kraftfahrzeugen“, kommentierten die Statistiker.
Staatlicher Konsum legt zu
Stützend wirkten sich hingegen die privaten und staatlichen Konsumausgaben aus: Letztere kletterten binnen Jahresfrist vor allem in Gesundheit und Sozialem um 2,6%. Die privaten Haushalte steigerten den Konsum um 0,3%. Hier macht sich bemerkbar, dass die Kaufkrafteinbußen der vergangenen Jahre trotz höherer Reallöhne noch nicht wett gemacht sind und die Jobsorgen zunehmen. 2024 hatte der Arbeitsmarkt zwar mit durchschnittlich 46,1 Millionen Erwerbspersonen erneut einen Höchststand erreicht. „Allerdings kam der Beschäftigungsaufbau gegen Ende des Jahres zum Erliegen“, betonten die Statistiker. Zudem steigen die Insolvenzzahlen und zuletzt warteten immer wieder große Firmen mit Stellenstreichungsplänen auf. Die Verbraucher legten daher so viel Geld auf die hohe Kante wie mit Ausnahme der Coronajahre seit Mitte der 1990er-Jahre nicht mehr. Die Sparquote kletterte auf 11,6%.
Die schwache Konjunktur zeigt sich auch in den Staatsfinanzen: Das Finanzierungsdefizit stieg auf 113 Mrd. Euro. Die Defizitquote liegt damit wie 2023 bei 2,6%, unterhalb der EU-Vorgabe von maximal 3%.