ExklusivKonjunkturtableau

Deutscher Wirtschaft wird nur noch wenig zugetraut

Der deutschen Wirtschaft wird nur noch wenig zugetraut: Die Bundesregierung wird die Wachstumsprognosen drastisch herunterschrauben. Im Konjunkturtableau von Börsen-Zeitung und ZEW zeigt sich zudem, wie sehr das auch die Euro-Wirtschaft drückt.

Deutscher Wirtschaft wird nur noch wenig zugetraut

Die Wachstumsprognosen für die deutsche Wirtschaft werden derzeit reihenweise gekappt – und ziehen auch die Erwartungen an die Entwicklung im Euroraum mit nach unten. Die Konjunktursorgen reißen nicht ab, was sich auch im aktuellen Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigt. Auch wenn sich zuletzt die Stimmung leicht aufgehellt hat, verzögert sich die erwartete Erholung noch weiter.

Im Oktober sind nun nicht nur die für das Konjunkturtableau zusammengefassten Medianprognosen sowohl für den Euroraum als auch deren größter Volkswirtschaft nach unten korrigiert worden, Insidern zufolge passt auch die Bundesregierung ihre Voraussagen für die hiesige Wirtschaft an. So dürfte die Herbstprojektion, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am kommenden Mittwoch dem Kabinett vorlegt, ein Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im laufenden Jahr enthalten, gefolgt von einer vor allem binnenwirtschaftlich getragenen Erholung zum Jahreswechsel und einer weiteren wirtschaftlichen Belebung im Jahresverlauf 2024.

Privatkonsum fällt als Stütze aus

Als ursächlich für das Minus gelten der Regierung die Energiepreise, die sich erst allmählich bei den Verbrauchern abschwächten, die vergleichsweise hohen Inflationsraten und die schwächelnde Weltkonjunktur, die Deutschland als Exportnation besonders trifft. Die Kaufkraftverluste hätten zu Konsumunsicherheit geführt. Wie auch im Konjunkturtableau zeigt sich, dass der Privatkonsum als sonst zuverlässige Stütze der deutschen Konjunktur in diesem Jahr ausfällt.

Übereinstimmenden Medienberichten zufolge erwartet Habeck für 2023 einen Rückgang des BIP von 0,4%, nachdem er im Frühjahr noch ein Wachstum in ebendieser Größenordnung vorausgesagt hatte. 2024 soll das BIP um 1,3 (zuvor: 1,6)% zulegen, im Folgejahr dann 1,5%. Die konjunkturell anspruchsvollste Phase sei 2024 überstanden, hieß es aus Regierungskreisen.

Damit ist die Bundesregierung allerdings noch etwas optimistischer als etwa die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute, die für 2023 ein Minus von 0,6% stehen haben. Diese Gemeinschaftsdiagnose dient der Bundesregierung als Basis ihrer Projektion. Der Internationale Währungsfonds (IWF) indes führt Deutschland mit einer Prognose von −0,3% als einzige größere Volkswirtschaft weltweit, die in diesem Jahr schrumpft. Im Konjunkturtableau steht derweil auch ein Minus von 0,4% für dieses Jahr, vorigen Monat waren es noch −0,3%. Die Experten haben zudem die Prognose für das kommende Jahr um 0,3 Prozentpunkte heruntergeschraubt auf nun 0,9% und sind damit deutlich pessimistischer als etwa der IWF oder die Bundesregierung mit je einer Erwartung von 1,3%.

Deutsches Wachstum schließt zu Euroraum auf

Damit gleicht sich dann im kommenden Jahr auch das Wachstum Deutschlands an das der Eurozone an: Auch hier zeigen sich die Experten pessimistischer als zuletzt und haben die Prognose für das laufende Jahr um 0,2 Prozentpunkte auf 0,5% nach unten revidiert und die Voraussage für 2024 um 0,3 Prozentpunkte auf mittlerweile 1,0% angepasst.

Fortschritte bei der Inflation

Fortschritte erwarten sowohl die Experten als auch Wirtschaftsminister Habeck in Sachen Inflation. So geht die Regierung von einer Jahresteuerungsrate von 6,1% in diesem und 2,6% im kommenden Jahr aus. Bislang standen die Prognosen bei 5,9% und 2,7%. Die Prognosen im Konjunkturtableau lauten derzeit auf 6,0% und 2,6%. Zum Vergleich: Im September lag die Inflationsrate bei 4,5%. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei den Voraussagen für das gemeinsame Währungsgebiet: Die Auguren rechnen mit Raten von 5,5% in diesem und 2,7% im kommenden Jahr.

Die geldpolitischen Erwartungen sind laut dem ZEW-Experten Alexander Glas dabei relativ stabil geblieben. Eine Ausnahme sei die um 0,2 Prozentpunkte nach unten revidierte Erwartung an die kurzfristigen Zinsen im Jahr 2023. „Es gibt somit kaum Zeichen dafür, dass die Experten von einer kurz- bis mittelfristigen Entspannung bei der Geldpolitik ausgehen.“

Bundesregierung kappt Prognosen

Geringere Erwartungen auch im Konjunkturtableau – Keine Entspannung bei der Geldpolitik

Von Alexandra Baude, Frankfurt
BZ+
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