Deutschland deutlich im Hintertreffen
Deutschland deutlich im Hintertreffen
Konjunkturtableau zeigt bekannte Wachstumstreiber – Höhere Inflation bleibt noch außen vor
Gute Nachrichten für die deutsche Wirtschaft sind derzeit rar gesät. Das Konjunkturtableau von Börsen-Zeitung und ZEW bietet da keine Ausnahme. Optimistischer sind die Prognostiker für die Euro-Wirtschaft. Das Bild könnte sich allerdings je nach Ausgang der anstehenden Bundestagswahl noch ändern.
ba Frankfurt
Um die deutsche Wirtschaft ist es derzeit nicht gut bestellt – erstmals seit Anfang der 2000er Jahre schrumpft das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwei Jahre in Folge – und ein Ende der Misere ist nicht in Sicht. Bei der Einordnung der neuen Prognosen im Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung und des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) gilt es aber zu beachten, „dass der Ausgang der im Februar bevorstehenden Bundestagswahl vermutlich noch einmal zu Revisionen der Wachstumserwartungen für Deutschland führen wird“, wie ZEW-Konjunkturexperte Alexander Glas betont. Denn zu den Gründen für die anhaltende Schwäche der deutschen Volkswirtschaft zählen neben hohen Energiekosten und zunehmender Konkurrenz auf den wichtigsten Absatzmärkten auch die hohe wirtschaftspolitische Unsicherheit.
Bekanntes Bild
Die Medianprognose für das Wirtschaftswachstum im eben begonnenen Jahr von 0,4% deckt sich mit der Einschätzung des Sachverständigenrates. Insbesondere der Exportsektor kommt nicht in Schwung – hier wird lediglich ein Plus von 0,5% erwartet. Die Importe werden aber mit 1,3% deutlich stärker wachsen. Von den Anlageinvestitionen dürfte ein negativer Impuls ausgehen, die Voraussage liegt im Median bei –0,3%. Als Wachstumstreiber wird der Staatskonsum identifiziert, der deutlich um 1,4% zulegen soll. Damit würde sich die Entwicklung des Jahres 2024 fortsetzen: Destatis zufolge gaben die Exporte um 0,8% zum Vorjahr nach, wohingegen die Importe 0,2% zulegten. Die Bruttoanlageinvestitionen sanken um 2,8%. und der Staat konsumierte 2,6% mehr.
Mehr Optimismus für Euro-Wirtschaft
Im kommenden Jahr hingegen dürften sich Exporte und Anlageinvestitionen als Schwunggeber entpuppen und das BIP 0,9% zulegen. Für die Eurozone fallen die Prognosen erheblich optimistischer aus mit 1,1 bzw. 1,3% Wachstum für die Jahre 2025 und 2026. „Sollten sich die Einschätzungen der Experten bewahrheiten, würde die deutsche Volkswirtschaft auf absehbare Zeit vom Rest der Eurozone abgehängt werden“, mahnt Glas.
„Auch bei der Preisentwicklung gibt es Grund zur Sorge“, kommentiert der ZEW-Experte mit Blick auf den Anstieg der Inflationsrate im Dezember um 0,4 Prozentpunkte auf 2,6% – der aber aktuell noch keinen Einfluss auf die Inflationserwartungen im Konjunkturtableau hat. Auf Sicht des gesamten Jahres 2025 wird unverändert eine Inflationsrate in Höhe von 2,1% erwartet. Die prognostizierte Inflationsrate für 2026 beträgt 2,0%. Beide Werte decken sich mit den Inflationserwartungen für die Eurozone. Weitere Anstiege der Inflation könnten aber dazu führen, dass die EZB ihre Zinspolitik überdenkt, sagt Glas angesichts der im Dezember um 0,1 Prozentpunkte auf 2,4% beschleunigten Inflationsrate im Euroraum.
Zwei Zinsschritte erwartet
Der gestiegene Inflationsdruck hat laut Glas vorerst noch keine Auswirkungen auf die Zinserwartungen der Experten. Sie rechnen zudem mit einer baldigen weiteren Zinssenkung der EZB.
Für das laufende Jahr rechnen die Auguren mit mindestens einem weiteren Zinsschritt, der erst könnte direkt bei der nächsten EZB-Ratssitzung am 30. Januar erfolgen. Die Erwartungen an die kurzfristigen Zinsen auf Sicht von drei Monaten fielen um 0,7 Prozentpunkte auf einen Wert von 2,3 Punkten. Ein Teil dieser Veränderung führt Glas auf die im Dezember beschlossene Zinslockerung zurück, die zeitlich nach Veröffentlichung des vorherigen Konjunkturtableaus lag. Die Zinsprognose für die nächsten 12 Monate sinkt um 0,2 Prozentpunkte auf einen Wert von 2,0 Punkten.