Dienstleister schlagen Trump-Effekt
Dienstleister übertrumpfen Trump-Effekt
Einkaufsmanagerindex sinkt und signalisiert wieder Stagnation im Euroraum − Industrie hält sich wacker
Im April haben sich unerwartet die Dienstleister und nicht die von US-Präsident Donald Trump losgetretene Zollspirale als Spielverderber erwiesen und die Euro-Wirtschaft in die Stagnation zurückgeworfen. Die Industrie hingegen hat auch dank der EZB-Zinssenkung die Produktion sogar stärker als im März ausgeweitet.
ba Frankfurt
Sorgen über Zölle und die Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung und eine etwaige Rezession der USA haben die Euro-Wirtschaft im April in die Stagnation zurückgeworfen und die deutsche Wirtschaft gar wieder in die Rezession gedrückt. Die vorläufigen Ergebnisse der Einkaufsmanagerumfrage zeigen dabei aber, dass vor allem die Stimmungseintrübung bei den Dienstleistern für Verdruss gesorgt hat. Die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle hingegen haben die Laune der Industrie bislang kaum belastet. Eher im Gegenteil: US-Unternehmen dürften in Erwartung der Zollerhöhungen Bestellungen vorgezogen haben. Zudem werden die Industrieunternehmen wohl von den Leitzinssenkungen der EZB, höheren Verteidigungsausgaben und − hierzulande zumindest − von dem 500 Mrd. Euro schweren Infrastrukturpaket der künftigen Bundesregierung profitieren.
Stagnation signalisiert
Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Privatwirtschaft, also Industrie und Dienstleister zusammen, ist im April im Euroraum leicht auf 50,1 Punkte nach 50,9 im März gesunken. Damit signalisiert das Frühbarometer wirtschaftliche Stagnation. Ökonomen erwarten, dass das BIP im ersten Quartal um 0,1% zugelegt hat und dieses Tempo im zweiten Quartal halten wird.

„Der Schaden scheint sich bislang in Grenzen zu halten“, urteilt ING-Chefökonom Carsten Brzeski mit Blick auf die am „Liberation Day“ Anfang April verkündeten reziproken Zölle, die aber mit Ausnahme Chinas sogleich für 90 Tage auf 10% reduziert wurden. Im Detail sieht er aber auffällige Diskrepanzen. Denn der Rückgang des PMI war „nicht so sehr das Ergebnis eines schwächeren verarbeitenden Gewerbes und des Zollspektakels, sondern vielmehr einer schwächeren Dienstleistungsaktivität“. Der Industrie-PMI kletterte um 0,1 auf 48,7 Punkte, während der Dienste-PMI um 1,2 auf 49,7 Zähler fiel.
Industrie hält sich wacker
„Offenbar ist das verarbeitende Gewerbe im Euroraum zumindest bisher resilienter als angenommen“, urteilt Commerzbank-Ökonom Vincent Stamer. Außerdem könnten die USA aufgrund von Abhängigkeiten gezwungen sein, ein Großteil der Warenimporte aus dem Euroraum weiterhin einzuführen. „Damit würden die US-Zölle vor allem den USA selbst schaden und nicht der Wirtschaft im Euroraum.“ „Statt einzubrechen, wurde die Produktion sogar zum zweiten Mal in Folge ausgeweitet, und das noch deutlicher als im März“, ergänzte Chefvolkswirt Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank (HCOB), der Sponsorin der S&P-Umfrage.
Verbraucherstimmung bröckelt
„Die Ankündigung von US-Zöllen scheint derweil dem Dienstleistungssektor zuzusetzen“, betont Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Die privaten Verbraucher fürchteten in Anbetracht der Zolldebatten um ihren Arbeitsplatz und stellten Ausgaben zurück. „Zum Leidtragenden könnte sich etwa der Hotel- und Gaststättensektor und die Tourismusindustrie entwickeln.“ Das von der EU-Kommission erhobene Verbrauchervertrauen ist im April um 2,2 auf −16,7 Punkte und damit das niedrigste Niveau seit eineinhalb Jahren gefallen.
Deutschland rutscht unter Expansionsschwelle
„Um das Bild noch verwirrender zu machen, schwächten sich die zusammengesetzten PMIs für Frankreich (47,3 Punkte) und Deutschland (49,7 Zähler) im April ab“, erklärte Brzeski weiter. Ursächlich war dabei die Stimmungseintrübung sowohl der Industrie als auch der Dienstleister. Dass die allgemeine Schwäche in Frankreich etwas ausgeprägter zu sein scheint, führt de la Rubia auf die gegensätzliche politische Lage zurück: „In Frankreich herrscht angesichts einer fragilen Schuldenlage ein ständiges Risiko eines Regierungssturzes. Im Kontrast dazu besteht in Deutschland die Chance, dass ab Mai eine funktionsfähige neue Regierung mit erheblichem finanzpolitischen Spielraum an die Macht kommt.“