Euro-Wirtschaft trotzt den Coronazahlen
ba Frankfurt
Insbesondere die Stimmungsaufhellung bei den Dienstleistern hat der Euro-Wirtschaft im November einen unerwarteten Schub verpasst. So kletterte der Industrie und Dienstleister zusammenfassende Einkaufsmanagerindex (PMI) Composite für Euroland um 1,6 auf 55,8 Punkte. Ökonomen hatten einen fünften Rückgang in Folge erwartet, auf 53,0 Zähler. Werte über 50 Punkte stehen für Expansion. Am Bild einer zum Jahresende hin stockenden Erholung ändert dies aber nichts: „Nichtsdestotrotz scheint es unvermeidlich, dass die Eurozone im vierten Quartal 2021 einen Knick beim Wachstum verzeichnen wird“, mahnte Chris Williamson, Chefökonom bei IHS Markit. Dass die monatliche Markit-Umfrage erneut Rekordwerte bei den Einkaufs- und Verkaufspreisen ergab, mehrt unter Ökonomen die Zweifel, ob die hohe Inflation tatsächlich nur ein temporäres Phänomen ist, wie bislang noch von vielen EZB-Granden postuliert (siehe auch Bericht auf dieser Seite).
Während die Industrie erneut durch die anhaltenden Lieferengpässe gebremst wurde und der entsprechende PMI nur 0,3 Zähler zulegte, könnten sich „die stärkeren Geschäftszuwächse im Servicesektor (+2,0 Zähler) als frustrierend kurzlebig erweisen“, sollten neue pandemiebedingte Restriktionen verhängt werden müssen, so Williamson. Angesichts der rasant steigenden Neuinfektionszahlen scheint dies nur eine Frage der Zeit zu sein: In Österreich gilt bereits ein flächendeckender Lockdown, in Deutschland haben etliche Bundesländer die Regeln besonders für Ungeimpfte verschärft, und selbst in Frankreich, Portugal, Italien und Spanien, wo das Infektionsgeschehen auf den ersten Blick unter Kontrolle zu sein scheint, haben sich die Infektionszahlen binnen zwei Wochen in etwa verdoppelt. In den November-Daten dürften bereits verhängte Beschränkungen aber größtenteils noch keine Rolle gespielt haben, schreibt Commerzbank-Ökonom Christoph Weil.
Der Blick auf die Länder zeigt laut IHS Markit, dass „Deutschland und Frankreich im Aufwind“ waren. Allerdings zeigten sämtliche anderen von der Umfrage erfassten Länder sowohl bei der Industrie als auch den Dienstleistern höhere Steigerungsraten als die beiden größten Euro-Volkswirtschaften. Frankreich schnitt dabei zum zweiten Mal hintereinander besser ab als Deutschland (siehe Grafik). Der PMI Composite für Deutschland legte unerwartet um 0,8 auf 52,8 Punkte zu. Ökonomen hatten einen vierten Rückgang in Folge auf 51,0 Zähler erwartet. Die Industrie erwies sich dabei erneut als Wachstumsbremse.
Ökonomen zeigen sich aber – auch wegen der rekordhohen Auftragsbestände der Industrie – für die deutsche Wirtschaft weiter zuversichtlich: In am Dienstag vorgelegten Jahresausblicken sagt die Helaba für 2022 ein Wirtschaftswachstum von 4,0% voraus und die LBBW von 5,0%.