Außenhandel

Handels­bilanz im Euroraum weist Rekord­defizit aus

Im Juli hat sich vor allem wegen der gestiegenen Energiekosten das Handelsbilanzdefizit im Euroraum ausgeweitet – aber auch für die gesamte EU wird rekordhoher Negativsaldo ausgewiesen.

Handels­bilanz im Euroraum weist Rekord­defizit aus

ba Frankfurt

Die ohnehin seit Monaten tiefrote Handelsbilanz des Euroraums ist im Juli noch defizitärer geworden. Laut Statistikamt Eurostat weitete sich das saisonbereinigte Handelsbilanzdefizit um 8,1 Mrd. Euro auf 40,3 Mrd. Euro aus. Dies sei das „niedrigste Niveau seit dem Beginn der Zeitreihen im Jahr 1999“, teilten die Luxemburger Statistiker mit. Vor einem Jahr hatte die Außenhandelsbilanz noch einen Positivsaldo von 13,6 Mrd. Euro gezeigt. In der Regel verzeichnet der Euroraum ebenso wie die EU einen Handelsbilanzüberschuss.

Im Juli aber überstiegen die Importe des Euroraums die Exporte deutlich. Laut Eurostat wurden Waren im Wert von saisonbereinigt 236,7 Mrd. Euro in Länder außerhalb der EU ausgeführt, das sind 1,7% weniger als im Monat zuvor. Die Einfuhren hingegen liegen mit einem Warenwert von 277,0 Mrd. Euro um 1,5% über dem Niveau von Juni.

Ähnliches Bild in der EU

Ein ähnliches Bild zeigt sich auch für die gesamte Europäische Union: Im Juli nahmen die saisonbereinigten Ausfuhren der EU im Jahresvergleich um 2,1% auf 211,0 Mrd. Euro ab, während die Einfuhren um 0,9% auf einen Warenwert von 260,0 Mrd. Euro zulegten. Dementsprechend weitete sich das Handelsbilanzdefizit auf 49,0 Mrd. Euro aus. Laut Eurostat ist dies das „niedrigste Niveau seit dem Beginn der Zeitreihen im Jahr 2002“. Ursächlich für die Entwicklung waren die Energieimporte, die wegen des rasanten Preisanstiegs infolge des Ukraine-Kriegs kräftig zulegten. Während in den Monaten von Januar bis Juli 2021 noch Energie im Wert von 181,3 Mrd. Euro importiert worden war, waren es im selben Zeitraum 2022 insgesamt 456,6 Mrd. Euro – dies ist ein Anstieg von 151,8%.

Nachdem schon im zweiten Quartal der Außenhandel das Wirtschaftswachstum im Euroraum gebremst hat, geben die Außenhandelsdaten den Sorgen um die weitere konjunkturelle Entwicklung neue Nahrung. Angesichts der Energiekrise steht zu erwarten, dass die Energieimporte weiter überproportional zulegen. Aber auch der Privatkonsum wird seiner sonst üblichen Funktion als Wachstumsstütze im weiteren Jahresverlauf nicht mehr nachkommen. Die hohe Inflation und Sorgen um die künftigen Energierechnungen zehren die Kaufkraft der Verbraucher auf. Deren Konsumstimmung be­wegt sich derzeit nahe dem Rekordtief. Ökonomen erwarten, dass der Euroraum in die Rezession rutscht, und haben zuletzt die Wachstumsprognosen für das laufende Jahr gesenkt, die Voraussagen für die Inflation aber erhöht. Das IfW Kiel etwa erwartet für 2022 ein Wachstum von 2,8% und für 2023 eine Stagnation. Die Inflation dürfte 2022 bei rekordhohen 8,1% landen und 2023 auf 7,2% zurückgehen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.