Ifo und Bankenverband senken Prognosen
ast Frankfurt
Die deutsche Wirtschaft dürfte in diesem Jahr deutliche Folgen des Ukraine-Kriegs spüren. Das Münchner Ifo-Institut revidierte seine Wachstumsprognose für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) am Mittwoch von 3,7% auf nun noch 2,2 bis 3,1% herab. Die Inflation dürfte in beiden Szenarien schneller steigen als gedacht. Das Institut rechnet mit 5,1 bis 6,1% Teuerung – im Dezember standen noch 3,3% Inflation für 2022 auf dem Zettel. Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) kappte seine Wachstumsprognose für 2022 auf 2,2% und erwartet ebenfalls rasant steigende Preise.
Aufgrund der unsicheren Lage durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine hat das Ifo zwei Szenarien berechnet. Das optimistischere unterstellt, dass die Rohstoffpreise ihren Zenit bereits überschritten haben und sich in den kommenden Monaten normalisieren. Das pessimistische preist zunächst eine weitere Zuspitzung ein, in deren Verlauf die privaten Konsumausgaben im laufenden Jahr zwischen 3,7 und 5,0% steigen könnten.
„Die russische Attacke dämpft die Konjunktur über deutlich gestiegene Rohstoffpreise, die Sanktionen, zunehmende Lieferengpässe bei Rohmaterialien und Vorprodukten sowie erhöhte wirtschaftliche Unsicherheit“, erklärte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser die mauen Aussichten. Das Problem der Materialengpässe sei nicht vom Tisch und könnte sich durch den Krieg verschärfen, warnte Ifo-Chef Clemens Fuest. Er erwarte nicht, dass Firmen künftig nun mehr Lieferanten in Deutschland suchten. Wichtig sei, die Lieferketten breiter aufzustellen und auf mehrere Quellen zu setzen.
Die hohen Preise belasten zudem die Konsumlust. Insgesamt gehe durch anziehende Verbraucherpreise allein im ersten Quartal Kaufkraft von 6 Mrd. Euro verloren, erwarten die Ifo-Ökonomen. Auf Jahressicht könnte sich dieser Wert auf etwa 30 Mrd. Euro erhöhen.
Die Frage sei nun, ob die Verbraucher bereit seien, ihre Ersparnisse aus der Coronakrise einzusetzen, oder sich nach wie vor zurückhielten. „Gleichzeitig dürften die vollen Auftragsbücher der Industrie und die Normalisierung bei Corona der Konjunktur einen kräftigen Schub geben“, sagte Wollmershäuser. Immerhin sei die deutsche Wirtschaft vor dem Krieg deutlich besser ins neue Jahr gestartet als erwartet.
BdB erwartet Rekordinflation
Eine ähnlich hohe Inflationsrate für 2022 erwartet der Bundesverband deutscher Banken (BdB). „Wir rechnen in den kommenden Monaten mit einem Anstieg der Inflation auf über 7% – so hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr“, sagte BdB-Hauptgeschäftsführer Christian Ossig. Im Jahresschnitt dürfte die Teuerungsrate in Deutschland auf 5,9% steigen, in Euroland auf 6,1%.