Inflationserwartungen der Verbraucher in Euroland geben etwas nach
Inflationserwartungen der Verbraucher in Euroland geben etwas nach
Neue Umfrage der EZB mit gemischten Signalen – 2-Prozent-Inflationsziel auf absehbare Zeit außer Reichweite – EZB-Kurs im Fokus
Von Mark Schrörs, Frankfurt
ms Frankfurt
Die Inflationserwartungen der Menschen im Euroraum sind im Februar erneut leicht zurückgegangen – allerdings erwarten sie weiterhin auch mittelfristig eine Teuerungsrate merklich oberhalb des 2-Prozent-Ziels der EZB. Das geht aus dem am Dienstag veröffentlichten, neuen Consumer Expectations Survey (CES) der Europäischen Zentralbank (EZB) hervor. Auf Sicht von drei Jahren erwarten die Menschen im Median eine Inflation von 2,4% – gegenüber 2,5% im Februar. Im Mittelwert legte die Erwartung dagegen sogar von zuvor 3,8% auf 3,9% etwas zu.
Frage der Glaubwürdigkeit
Die Inflationserwartungen stehen derzeit mit Blick auf die Lohnentwicklung und die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik im besonderen Fokus der EZB. Die Inflation im Euroraum hat seit Herbst deutlich von 10,6% auf zuletzt 6,9% im März nachgegeben. Sie liegt damit aber immer noch deutlich oberhalb der 2%. Hinzu kommt, dass die Kernrate ohne Energie und Lebensmittel bislang keine Anzeichen einer Abschwächung zeigt und im März sogar auf den Rekordwert von 5,7% geklettert ist. Der EZB-Rat hatte Mitte März seine Leitzinsen erneut um 50 Basispunkte erhöht. Für die Zeit danach hielt er sich aber komplett bedeckt.
Die Euro-Notenbanker ringen derzeit um den weiteren Kurs. Während die Hardliner („Falken“) die hohe Kerninflation betonen und vor einer Verfestigung der Teuerung warnen, legen die „Tauben“ mehr Gewicht auf den deutlichen Rückgang der Gesamtinflationsrate. Zusätzlich erschwert wird die Entscheidung über den weiteren Kurs durch die Unsicherheit wegen der jüngsten Bankenturbulenzen. Auch die Ölförderkürzung der OPEC verkompliziert für die Notenbanker die Lage.
Der neue CES bietet nun im Grunde für beide Lager Argumente. Genau wie auf Sicht von drei Jahren gingen im Februar auch die Erwartungen für die nächsten zwölf Monate zurück – im Median von 4,9% auf 4,6% und im Mittelwert von 6,2% auf 5,8% (siehe Grafik). Allerdings liegen auch diese Werte deutlich oberhalb des Zielwerts von 2%. Hinsichtlich der Konjunktur in der 20-Ländergemeinschaft sind die Verbraucher der neuen Umfrage zufolge inzwischen etwas weniger pessimistisch als noch zuletzt.
Wegen der hohen Inflation sprechen sich Volkswirte in Deutschland für weitere Zinserhöhungen durch die EZB aus – ungeachtet des jüngsten Bankenbebens. 67% sind dafür, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des Ifo-Instituts unter 132 Wirtschaftsprofessorinnen und -professoren hervorgeht. 21% sind für eine Beibehaltung des gegenwärtigen Zinsniveaus, während nur 3% eine Zinssenkung befürworten. Der EZB-Leitzins liegt derzeit bei 3,5%, der aktuell noch wichtigere Einlagensatz bei 3,0%. Seit dem Juli vergangenen Jahres hat die EZB die Sätze um 350 Basispunkte angehoben – so aggressiv wie nie seit der Euro-Einführung.
Die Commerzbank veröffentlichte am Dienstag eine Analyse, die zu dem Ergebnis kommt, dass die von den Euro-Notenbankern diskutierten Maße für die unterliegende Inflation bisher mehrheitlich kein Nachlassen des Inflationsdrucks anzeigten. Neben der Kerninflation gelte das für die sogenannte Kern-Kerninflationsrate sowie für den gewichteten Median und den bereinigten Mittelwert. “Allerdings werden die Tauben im EZB-Rat in den kommenden Monaten alle Signale einer sich abflachenden Inflation nutzen, um den Zinserhöhungszyklus in absehbarer Zeit zu beenden”, sagte der Autor der Analyse, Marco Wagner, Volkswirt bei der Commerzbank.