Hohe Neuverschuldung

Italien laut Insidern derzeit kein Fall für EZB-Krisenhilfe

Italien kämpft mit eine hohen Neuverschuldung. Der Spread zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen wächst. Dennoch ist Italien laut Insidern derzeit kein Kandidat für das EZB-Notfallprogramm TPI.

Italien laut Insidern derzeit kein Fall für EZB-Krisenhilfe

Italien derzeit kein Fall für EZB-Krisenhilfe

Reuters Frankfurt

Trotz jüngst gestiegener Refinanzierungskosten Italiens sehen Währungshüter der EZB derzeit Insidern zufolge noch keinen Handlungsbedarf für Hilfsaktionen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters von mehreren Personen mit Kenntnis der Diskussionen innerhalb der Europäischen Zentralbank (EZB) erfuhr, ist noch nicht über eine Aktivierung des Anleihenkauf-Instruments TPI zur Stützung hoch verschuldeter Euro-Länder diskutiert worden.

Diese als „Transmission Protection Instrument“ (TPI) bekannte Notfall-Maßnahme soll dabei helfen, dass die Geldpolitik gleichmäßig im Währungsraum wirken kann und es nicht zu einem Auseinanderlaufen der Finanzierungskosten der einzelnen Euro-Staaten kommt. Doch gegen ein Aktivieren des bislang noch nie genutzten TPI spricht aus Sicht vieler Insider, dass es nur für unerwünschte Marktbewegungen gedacht sei.

Italien kämpft mit einer hohen Neuverschuldung. An den Finanzmärkten ist die Risikoprämie für italienische Staatsanleihen im Vergleich zur zehnjährigen deutschen Bundesanleihe unlängst erstmals seit einem halben Jahr wieder über die Marke von 2 Prozentpunkten gestiegen.

Spread zu niedrig?

Dieser sogenannte Spread gilt als Gradmesser für die Bereitschaft der Anleger, dem italienischen Staat Geld zu leihen. Einer der Insider geht davon aus, dass eine Diskussion über die Aktivierung von TPI eher gerechtfertigt sein dürfte, wenn der Renditeabstand zur deutschen Anleihe 2,50 Punkte (im Fachjargon: 250 Basispunkte) übersteigen sollte.

Viele der kontaktierten Gewährsleute sehen insgesamt keine Eilbedürftigkeit für Maßnahmen, um Italiens Kreditkosten zu drücken. Denn die Projektionen der Regierung in Rom zum Defizit rechtfertigen aus ihrer Sicht die erhöhten Kosten für die Refinanzierung des italienischen Staates. Die Reaktion des Marktes sei daher als verhältnismäßig einzuordnen. Nur eine der sechs kontaktierten Personen hält es für eine Überlegung wert, bei einer Ausweitung des Spreads mehr italienische Anleihen im Rahmen des EZB-Programms PEPP aufzukaufen. Diese Einschätzung dürfte unter den Währungshütern jedoch nicht weit verbreitet sein, hieß es. Die EZB lehnte eine Stellungnahme ab.

Das „Pandemic Emergency Purchase Programme“ (PEPP) war mit dem Hauptziel aufgelegt worden, die Finanzierungsbedingungen für Staaten, Unternehmen und Haushalte während der Corona-Pandemie günstig zu halten. Laut EZB-Chefin Christine Lagarde dient es auch als „erste Verteidigungslinie“ zur Sicherung einer effizient umgesetzten Geldpolitik.

Kein dringender Handlungsbedarf

Zuletzt hatte es Stimmen im EZB-Rat gegeben, die eine Diskussion über eine baldige Beendigung der Reinvestitionen in dem billionenschweren Notfall-Anleihenkaufprogramm PEPP forderten. Bislang sollen die PEPP-Reinvestitionen noch bis mindestens Ende 2024 vollumfänglich fortgesetzt werden.

Die meisten der von Reuters kontaktieren Insider sehen keinen dringenden Handlungsbedarf mit Blick auf ein früheres Ende der Reinvestitionen. Auch sollte dieses Thema ihrer Ansicht nach nicht im EZB-Rat auf die Tagesordnung kommen. Einer der Gewährsleute hält es für angebracht, das Thema bis mindestens zum Frühjahr 2024 auf Eis zu legen. Erst dann werde sich zeigen, ob die Zinserhöhungsserie der EZB die gewünschte dämpfende Wirkung auf die Inflation habe.

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