Klimafinanzierung

Milliarden­geschäft Energie­wende

Die Möglichkeiten der Finanzbranche sind begrenzt. Doch mitverdienen will sie am Wunsch nach einer Energiewende, sei es durch die Finanzierung von Investitionen, den Emissionshandel oder ESG-Produkte.

Milliarden­geschäft Energie­wende

Von Andreas Hippin, London

Geht es um den Klimaschutz, wird oft der Eindruck erweckt, dass der Planet nur gerettet werden kann, wenn möglichst große Teile der Menschheit im Dunkel ihrer unbeheizten Behausungen kalt eingeweichtes Getreide verzehren. Für die Finanzbranche ist die Energiewende dagegen ein Milliardengeschäft. Dabei geht es nicht nur um ESG-Investments oder den Handel mit Verschmutzungsrechten in Form von Derivaten, sondern vor allem um die Finanzierung der für die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft nötigen Ausgaben. Banken wären gern dabei, insbesondere weil es für entsprechende Vorhaben in vielen Ländern Staatsgarantien geben dürfte.

Die Bank of America beziffert die bis 2050 erforderlichen Investitionen unter Berufung auf die Internationale Energieagentur IEA auf 5 Bill. Dollar jährlich – rund ein Viertel des weltweiten Steueraufkommens. Derzeit stehen nach Schätzung der Bank lediglich 500 Mrd. Dollar jährlich zur Verfügung. Die nötigen Forschungs- und Entwicklungsausgaben werden auf 2 Bill. Dollar geschätzt. Es gehe um 42 Millionen Jobs, die eine „Green Economy“ schaffen könnte, und eine „nie dagewesene globale Chance“, die ein sauberer Planet biete. Die größten Investitionen stehen bei der Energieversorgung und im Verkehr an. Am Markt werden die sich bietenden Chancen und Risiken bereits wahrgenommen: Im laufenden Jahr werden nach Schätzung der Investmentbank 3 von 10 Dollar, die weltweit in Aktien gesteckt werden, in ESG-Anlagen fließen. Die Finanzierungskosten von Firmen mit den besten ESG-Werten seien im vergleich zu schlecht bewerteten Unternehmen um 120 Basispunkte niedriger. Traditionelle Energiekonzerne müssten 70 Basispunkte mehr aufbringen als andere mit Investment Grade bewertete Emittenten.

Green Bonds

Solche Entwicklungen reichen allerdings nicht aus, um die für „Net Zero“ erforderlichen Mittel aufzubringen. Trotz der enormen Tiefe der Anleihemärkte wurden der Bank of America zufolge seit dem Aufkommen des „Green Bond“-Geschäfts 2014 lediglich etwas mehr als 1,3 Bill. Dollar mit solchen Schuld­titeln eingesammelt. In den ver­gangenen drei Jahren habe das jährliche Emissionsvolumen zwischen 200 Mrd. und 300 Mrd. Dollar gelegen. Der Markt müsste also um ein Mehrfaches wachsen, um einen nennenswerten Beitrag zu den 5 Bill. Dollar zu leisten, die jährlich gebraucht würden. Am wesentlich kleineren Aktienmarkt ließe sich noch viel weniger für die Energiewende einsammeln.

Wie einer aktuellen Studie von New Financial zu entnehmen ist, machen ESG-Bonds gerade einmal 6% des gesamten Emissionsvolumens aus. Am Kreditmarkt seien es 5%. Für jeden Dollar, den ein Windkraft- oder Solarkraftunternehmen am Kapitalmarkt einsammele, würden um die 10 Dollar von Firmen eingesammelt, die zur Erderwärmung beitragen. Selbst in der EU, die sich in Sachen nachhaltige Finanzen eine Vorreiterrolle erarbeitet hat, machten ESG-Bonds im vergangenen Jahr lediglich 14% des Emissionsvolumens aus. Vermögensverwalter, die beim Geschäft mit „Green Finance“ dabei sein wollen, setzen sich oft dem Vorwurf des „Greenwashing“ aus. Doch es gibt noch keine verbindlichen Standards. Zudem ist es kein Beitrag zu Investitionen in den Klimaschutz, wenn sie Wertpapiere am Sekundärmarkt erwerben.

Der Handel mit verbrieften Verschmutzungsrechten ist eine weitere Einnahmequelle für Akteure aus der Finanzbranche. Mittlerweile gibt es der Weltbank zufolge 29 Emissionshandelssysteme – vom EU-ETS bis hin zur Volksrepublik China. Aus Sicht der Citigroup ist nicht klar, ob sie einen wirkungsvollen Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten. Und so zeigt sich: Die Möglichkeiten der Finanzbranche sind begrenzt. Doch verdienen wird sie am Wunsch nach einer Energiewende.