Parteien starten in den Wirtschaftswahlkampf
Parteien starten in den Wirtschaftswahlkampf
Union kündigt grundlegenden Politikwechsel an – Grüne und Sozialdemokraten für Investitionsfonds – SPD-Fokus auf Rente
ahe Berlin
Einen Tag nach der verlorenen Vertrauensfrage von Bundeskanzler Olaf Scholz haben mehrere Parteien ihre Programme für die anstehende Bundestagswahl vorgestellt. Nahezu alle Spitzenkandidaten sprachen dabei von einer „Richtungswahl“, die nun im Februar anstehe. Die Parteichefs von CDU und CSU, Friedrich Merz und Markus Söder, kündigten in Berlin an, im Falle eines Wahlsiegs einen grundlegenden Politikwechsel in Deutschland einzuleiten. Während Merz dabei vor allem auf ein Ankurbeln der Wirtschaft über eine Unternehmenssteuerreform setzt, will Söder auch mit einer schärferen Migrationspolitik punkten. Die Sozialdemokraten stellen in ihrem Programm insbesondere Versprechen in der Rentenpolitik dagegen.
„Eine starke Wirtschaft ist die Grundlage von allem“, betonte der Unions-Kanzlerkandidat Merz und kündigte Entlastungen „der arbeitenden Mitte“ an, höhere steuerfreie Zuverdienstmöglichkeiten im Rentenalter sowie eine Abschaffung des Bürgergeldes in der jetzigen Form. Die Unternehmenssteuern sollen in drei bis vier Schritten auf dann maximal 25% des Ertrages gesenkt werden. CDU/CSU sehen zur Gegenfinanzierung Einsparmöglichkeiten von jeweils 50 Mrd. Euro in der Flüchtlingspolitik sowie im Bürgergeld. Merz räumte aber ein, dass eine Finanzierung der Infrastruktur ohne privates Kapital nicht möglich sein werde.
SPD und Grüne wollen Investitionen in die Infrastruktur über einen „Deutschlandfonds“ finanzieren. Bundeskanzler Olaf Scholz nannte für diesen Fonds ein Volumen von 100 Mrd. Euro. Der grüne Kanzlerkandidat Robert Habeck bezifferte den Investitionsbedarf in die Infrastruktur auf eine mittlere dreistellige Milliardensumme in den nächsten zehn Jahren. Es sei völlig illusorisch, das erforderliche Geld nur durch Einsparungen im Haushalt erwirtschaften zu wollen, betonte der Wirtschaftsminister.
Auch FDP für Steuerreform
Die Grünen wollen zur Absicherung der Renten einen kapitalgestützten Fonds schaffen, das eingesammelte Geld dann aber auch für Startup- und Wachstumsfinanzierungen nutzen. Die SPD setzte eine Innovationsprämie für Unternehmen in ihr Programm. Der „Made in Germany“-Bonus sei eine Art deutsche Antwort auf den „Inflation Reduktion Act“ (IRA) in den USA, sagte Scholz. Sowohl SPD als auch Grüne wollen zudem mehr Geld durch eine Reform der Schuldenbremse freisetzen.
Die FDP, die ihren Parteichef Christian Lindner am Dienstag vom Bundesvorstand zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl kürte, veröffentlichte noch kein Programm. Wie aber schon bekannt, soll diese Erleichterungen beim Spitzensteuersatz beinhalten, der künftig erst bei einem Jahreseinkommen von 96.600 Euro greifen soll. Die Steuerbelastung von Unternehmen soll auf unter 25% gesenkt werden. Zudem wirbt die FDP weiter für eine Aktienrente.
Auch die SPD befürwortet weiter das Projekt „Generationenkapital“, das eigentlich schon die Ampel auf den Weg bringen wollte. Scholz bezeichnete aber auch die Sicherung des Rentenniveaus auf langfristig 48% als ein zentrales Anliegen seiner Partei. Die Sozialdemokraten wollen zugleich den Eigenanteil für die Pflegekosten auf 1.000 Euro deckeln. Der Mindestlohn muss nach den Worten von Scholz 2026 auf 15 Euro je Stunde steigen. Davon profitierten dann 7 Mill. Beschäftigte, betonte er.
Nach Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) würden Bürger und Unternehmen um knapp 90 Mrd. Euro entlastet, sollte die Union ihre Vorstellungen durchsetzen können. Bei der FDP wären es sogar 138 Mrd. Euro. Dagegen fallen die Entlastungen in den Programmen der Grünen (48 Mrd.) und vor allem der SPD (30 Mrd. Euro) deutlich geringer aus. Die Entlastungen bei den Unternehmen beziffert das IW bei Union und Sozialdemokraten mit je 20 Mrd. Euro auf ein ähnlich hohes Niveau.
Wirtschaft lobt Unionspläne
Während das IW noch Fragezeichen bei der Finanzierung der Pläne von CDU/CSU und FDP sieht, kam gerade für deren Programme Lob von Wirtschaftsverbänden. Die Union biete viele richtige Angebote, um die Wirtschaft anzukurbeln, betonte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Und die Präsidentin der Familienunternehmer, Marie-Christine Ostermann, verwies darauf, dass Union und FDP bei den sozialen Sicherungssystemen den Ernst der Lage erkannt hätten. Die staatliche Lenkungspolitik von SPD und Grünen vertieften dagegen den Riss in der Gesellschaft.