Weg frei zur vorgezogenen Bundestagswahl

Scholz verliert Vertrauensfrage

Der Bundestag hat in Berlin den Weg zur vorgezogenen Wahl frei gemacht. Kanzler Olaf Scholz (SPD) verlor erwartungsgemäß die Vertrauensfrage. Im Plenum begann bereits der Wahlkampf über Wirtschaftsthemen. CDU-Chef Friedrich Merz warf Scholz Versagen vor. Der Kanzler versprach Investitionen.

Scholz verliert Vertrauensfrage

Scholz verliert Vertrauensfrage

Vorgezogene Bundestagswahl gesichert – Harter Schlagabtausch im Bundestag eröffnet den Wahlkampf

Der Bundestag hat in Berlin den Weg zur vorgezogenen Wahl frei gemacht. Kanzler Olaf Scholz (SPD) verlor erwartungsgemäß die Vertrauensfrage. Im Plenum begann bereits der Wahlkampf über Wirtschaftsthemen. CDU-Chef Friedrich Merz warf Scholz Versagen vor. Der Kanzler versprach Investitionen.

wf Berlin

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat das Vertrauen des Bundestags verloren und ermöglicht damit die vorgezogene Bundestagswahl. In Berlin votierten nur 207 Abgeordnete für Scholz. Erforderlich wären 367 Stimmen gewesen. Gegen Scholz votierten 394 Abgeordnete; 116 Parlamentarier enthielten sich bei der Vertrauensfrage. Die SPD hatte angekündigt, Scholz zu unterstützten. Union, FDP und weitgehend auch die AfD verweigerten dem Kanzler das Vertrauen. Die Grünen, die mit der SPD noch eine Minderheitsregierung bilden, enthielten sich. Scholz hatte nach dem Scheitern der Ampel-Koalition mit Grünen und FDP die Vertrauensfrage gestellt, um die vorgezogene Bundestagswahl zu ermöglichen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kann nun den Bundestag auflösen. Als Termin für die vorgezogene Bundestagswahl ist der 23. Februar anvisiert.

„Mehr Vertrauen“

Scholz warb in der knapp dreistündigen Plenardebatte um Vertrauen. „In Deutschland brauchen wir nicht mehr Missmut und Verzagtheit, sondern mehr Vertrauen in unsere Fähigkeiten“, sagte der Kanzler. Er versprach, mit Versäumnissen bei Investitionen in die Infrastruktur, bei der Bundeswehr und der Versorgung mit Telekommunikationstechnik und Internet „aufzuräumen“. Dies sei eine „Generationenaufgabe“. Als starkes Industrieland brauche Deutschland dringend ein neues, verlässliches Energiesystem, Zukunftstechnologien wie Quanten-Computer, Biotechnologie, Künstliche Intelligenz, sowie Halbleiter oder Batterietechnik. Scholz schlägt einen „Made in Germany“-Steuerbonus für private Investitionen sowie einen aus öffentlichen und privaten Mitteln gespeisten Deutschland-Fonds vor. Die Energiepreise soll eine Begrenzung für das Netzentgelt von 3 Cent stabilisieren.

Scholz will die Schuldenbremse „klug modernisieren", um mehr öffentliche Investitionen auf Kredit zu ermöglichen. Dazu rieten der Internationale Währungsfonds, die OECD, die Wirtschaftsweisen, die Unternehmensverbände und die Gewerkschaften. „Wenn es ein Land gibt auf der Welt, das es sich leisten kann, in seine Zukunft zu investieren, dann sind wir das“, betonte der SPD-Politiker. Alle führenden westliche Industrieländer der Gruppe G7 hätten eine Staatsverschuldung von mehr als 100% des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die deutsche Schuldenquote sinke Richtung 60%.

Merz attackiert Scholz

Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) warf dem Kanzler vor, das Land in der bisher „größten Wirtschaftskrise“ zu hinterlassen. Scholz warf er vor, dass Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft bei ihm nicht vorkomme. Im Falle eines Wahlsieges will die Union die Wirtschafts- und Finanzpolitik völlig neu aufstellen, kündigte Merz an. An diesem Dienstag wird das Wahlprogramm von CDU/CSU offiziell vorgestellt. Auch die SPD plant dies für diesen Dienstag.

Merz griff auch Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) scharf an. „Sie sind das Gesicht der Wirtschaftskrise“, sagte der CDU-Politiker. Grünen und SPD hielt Merz vor, dass sie der Wille nach Steuererhöhungen eine. Die geplante Besteuerung von Milliardenvermögen werde aber Familienunternehmer mit Betriebsvermögen treffen, die hierzulande Arbeitsplätze schafften. Merz stimmte die Bürger auf mehr Einsatz ein. Die geleistete Arbeitszeit in Deutschland sei insgesamt zu gering. „Wir werden uns alle mehr anstrengen müssen, wir werden alle mehr arbeiten müssen“, sagte der Kanzlerkandidat der Union.

Umstrittene Rentenpolitik

Dissens gibt es auch in der Rentenpolitik. Die SPD lüge, wenn sie der Union geplante Rentenkürzungen vorwerfe, sagte Merz. „Mit der Union wird es keine Rentenkürzung geben.“ Scholz hatte zuvor gewarnt, das Rentenniveau werde vom Sommer 2025 an sinken, wenn es nicht gesichert werde. Derzeit liegt es bei 48%. Für Kinder vom 6. Lebensjahr an will die Union den Aufbau einer Kapitalgedeckten Rente ermöglichen.

Habeck antwortete laut Nachrichtenagentur Reuters mit heftigen Angriffen vor allem auf die Union. Deren am Wochenende bekannt gewordenes Wahlprogramm mit Versprechen von 100 Mrd. Euro pro Jahr sei nicht gegenfinanziert und deshalb das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt sei, sagte der Grünen-Politiker. CDU/CSU bewiesen mit ihren Vorschlägen, dass sie zurück in die Vergangenheit wollten. Besonders bei der Klimapolitik drohe ein Rückschlag mit der Union, zeigte sich der Grünen-Politiker besorgt.

Merz hielt dem Finanzargument entgegen, dass zu viele Bürgergeldempfänger arbeitsfähige sein. Von 5,6 Millionen Empfängern könnten 1,7 Millionen einer Beschäftigung nach gehen. Dies wolle die Union ändern. Den Grünen signalisiert Merz auch eine erweiterte Energiepolitik mit mehr Trägern. Wind und Sonne allein reichten nicht aus.

Der entlassene Bundesfinanzminister und FDP-Vorsitzende Christian Lindner forderte eine politische Wende gegen den weiteren wirtschaftlichen Abstieg. Deutschland befinde sich in einer sich zuspitzenden Wirtschaftskrise, in der womöglich Hunderttausende Menschen um ihre Jobs fürchten müssten. Lindner warnte vor einer höheren Verschuldung. Über diese Frage war die Ampel-Koalition auseinandergebrochen.

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