Trump macht Ernst mit Zolldrohung
Trump macht Ernst mit Zolldrohung
China und Kanada kündigen Gegenmaßnahmen an – Lieferkettenstörungen drohen – Weniger Wachstum auch in Deutschland erwartet
Die angekündigten Strafzölle der USA für Einfuhren aus China, Mexiko und Kanada sind in Kraft getreten. Die betroffenen Staaten kündigten umgehend Vergeltungsmaßnahmen an. Der eskalierende Zollkonflikt könnte global zu hohen Wohlstandsverlusten führen – insbesondere im exportorientierten Deutschland.
det/nh/mpi Frankfurt
Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, neue Einfuhrzölle gegen China, Mexiko und Kanada umzusetzen, wird nach Ansicht von Experten verheerende Folgen für Lieferketten und negative Effekte auf die Weltwirtschaft haben. Am Dienstag traten für Wareneinfuhren aus den beiden Nachbarländern der Vereinigten Staaten Sätze von jeweils 25% in Kraft. Importe aus China wird die US-Regierung mit zusätzlichen Abgaben in Höhe von 20% überziehen. Damit liegen die Zölle für einige Warengruppen bei über 50%. Trump verdoppelte damit die neuen Zölle für das Reich der Mitte, die er am 1. Februar angekündigt hatte.
Die Reaktionen aus China und den Nachbarländern der USA ließen nicht lange auf sich warten. Die chinesische Regierung wird eine Vielfalt von amerikanischen Agrarprodukten mit Gegenzöllen bei der Einfuhr nach China belegen. Mit Wirksamkeit zum 10. März fallen beim Import von Sojabohnen, Hirse, Schweine- und Rindfleisch sowie Milchprodukten Zölle in Höhe von 10% an. Eine höhere Rate von 15% betrifft Baumwolle, Hühnerfleisch, Mais und Weizen.

Der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau verkündete Zölle, die US-Waren im Wert von 107 Mrd. Dollar treffen werden. Ein Fünftel davon trat sofort in Kraft, die übrigen werden in drei Wochen greifen. Betroffen sind unter anderem Küchengeräte, Motorräder und Zitrusfrüchte. Dies kommen allesamt aus Swing States, die Trump knapp gewonnen hat. Die Sanktionen könnten dem Präsidenten daher politisch schaden. Die mexikanische Präsidentin Claudia Scheinbaum kündigte keine sofortigen Gegenmaßnahmen. Sheinbaum betonte aber, dass ihr Land „einen Plan B, C und D parat hält“.
Große Wohlstandsverluste
Die bereits verhängten Zölle werden auch Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft haben. Die Ökonomin Samina Sultan vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln hält auf Basis von Modellrechnungen eine weltweit um 0,4% abgesenkte Wirtschaftsleistung für möglich. Das exportorientierte Deutschland müsse daher bereits im Jahr 2026 mit einem um 0,4% geringeren Bruttoinlandsprodukt rechnen. Sollte Trump zudem seine Zolldrohungen gegenüber der EU umsetzen, dürften die dadurch entstehenden Wohlstandsverluste noch weit größer werden.
Trump, seit über 40 Jahren ein Kritiker von Globalisierung und freiem Welthandel, ist der Überzeugung, dass Zölle die US-Industrie beflügeln werden. „Wenn die Hersteller ihre Autos in den USA bauen und hier auch anderen Waren fertigen, dann wird es keine Zölle geben“, so der Präsident.
Scharfe Kritik der US-Wirtschaft
Trump räumte ein, dass Mexiko und Kanada seit Anfang Februar Fortschritte bei der Eindämmung des Migrantenstroms erzielt haben. Maßnahmen, um den Schmuggel des synthetischen Opioids Fentanyl in die USA zu bremsen, ließen aber seiner Meinung nach zu wünschen übrig. Unterdessen weisen Experten darauf hin, dass nur 1% des Opioids aus Kanada kommt. Zudem würden die Zölle auf entsprechende Einfuhren in die USA keine Auswirkung haben.
US-Unternehmen und Verbänden kritisierten die verhängten Strafzölle der USA scharf. Jim Farley, Vorstandschef des Autoherstellers Ford, wies auf die eng verflochtenen Lieferketten zwischen den USA und Mexiko hin. „Auf Dauer werden Zölle von 25% ein noch nie dagewesenes Loch in unserer Industrie aufreißen“, meinte Farley.
William Reinsch, Experte für International Business am Center for Strategic and International Studies (CSIS), zeichnete ein düsteres Bild. Die Zölle würden „das Handelsabkommen U.S.-Mexico-Canada-Trade Agreement (USMCA) zerschlagen. Sie werden angesichts der eng verbundenen Lieferketten Störungen in der gesamten nordamerikanischen Wirtschaft auslösen.“
US-Zölle treffen wichtigste Handelspartner
Mexiko verkaufte 2024 Waren im Wert von 505 Mrd. Dollar in den USA und ist damit nach der EU der zweitgrößte Exporteur. Der südliche Nachbar verzeichnete dabei einen Überschuss von 171,8 Mrd. Dollar. Kanadas Ausfuhren beliefen sich bei einem Passivsaldo von 63,3 Mrd. auf 412 Mrd. Dollar. Die Defizite irritieren Trump seit Jahren.
Der Zollkonflikt könnte zudem weiter eskalieren, denn Pekings Gegenmaßnahmen sind nach einhelligem Urteil von Handelsexperten noch relativ milde ausgefallen. Dass sich die Gegenwehr bislang relativ zahm darstellt, liegt an Pekings manifestem Interesse, ein rapides Aufschaukeln des Handelsstreits zu verhindern. Man will atmosphärische Bedingungen wahren, die weiterhin bilaterale Gespräche in Richtung eines umfassenden Handelsabkommens ermöglichen.
Dabei gilt, wie schon bei der ersten Auflage des Handelsstreits in Trumps vorheriger Amtsperiode, dass es China sowieso nicht gelingen kann, tarifäre Gegenmaßnahmen in Bezug auf Exportwerte ungefähr gleich zu halten. Das Gesamtvolumen der US-Exporte nach China beträgt schließlich nur etwa ein Drittel der chinesischen Ausfuhren in die USA.
Chinesischer Volkskongress startet
An Chinas Finanzmärkten halten sich negative Reaktionen auf die weitere Verschärfung des Konflikts in engen Grenzen. An der Hongkonger Börse fiel der in den vergangenen Wochen stark haussierende Leitindex Hang Seng zunächst zwar bis zu 2,5% zurück, letztlich reduzierte sich der Tagesverlust jedoch auf 0,6%. Der Leitindex für die Festlandbörsen CSI 300 kürzte sogar nur um 0,1% ein.
Der Handelskonflikt mit den USA ist zwar eines der beherrschenden Themen im chinesischen Markt, tritt aber im Anlauf zum einwöchigen jährlichen chinesischen Volkskongress etwas in den Hintergrund. Die Hoffnungen der Investoren konzentrieren sich nämlich auf eine forschere Gangart der Staatsführung bei fiskalischen Programmen zur Ankurbelung der Binnenkonjunktur. Dies würde helfen, negative Effekte des Handelsstreits auf das Wachstum zu kompensieren.
Höheres Defizit
Chinesische Ökonomen haben zuletzt vorgerechnet, dass Chinas Wachstumsrate selbst bei einer Erhöhung der Strafzollniveaus auf 60% (wie von Trump im Vorfeld der US-Wahlen angedroht) nur um etwa einen Prozentpunkt reduziert würde. Analysten bei westlichen Investmentbanken siedeln den Abzugsfaktor in einem solchen Extremszenario allerdings eher bei 2 Prozentpunkten an.
So oder so wird Peking bei der Eröffnung des Volkskongresses am Mittwoch mit großer Sicherheit erneut eine offizielle Zielmarke für das Wirtschaftswachstum in 2025 von „etwa 5%“ verkünden. Um es trotz wachsender konjunktureller Herausforderungen einhalten zu können, bedarf es neben der Aufstockung von öffentlichen Infrastrukturinvestitionen vor allem einer nachhaltigen Stärkung der Binnennachfrage. Dies bedingt gezielte Konsumanregungsmaßnahmen und eine begleitende Aufstockung der Sozialleistungen für Haushalte mit geringem Einkommen. Entsprechend ist mit einer fühlbaren Anhebung der Zielmarke für das Budgetdefizit von bislang 3% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu rechnen.