Trump will globale Handelsstrukturen zerschlagen
Trump will globale Handelsstrukturen zerschlagen
lz Frankfurt
US-Präsident Donald Trump hat drastische Zoll-Erhöhungen für Einfuhren aus Mexiko, Kanada und China verkündet. Vergeltungsmaßnahmen sollen folgen. Diesmal wird es ernst, schreibt ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Denn Trump gehe die Sachen konfrontativer an als bei seiner ersten Amtszeit. Die Weltwirtschaft werde „eine noch nie dagewesene Eskalation der Handelsspannungen erleben".
Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, ist verwundert, denn „bei Zollstreitigkeiten gibt es keine Gewinner". Vielmehr würden die USA langfristig selber verlieren. Schon kurzfristig rechnet er mit Preiserhöhungen für US-Konsumenten, was Trumps Ansehen schaden dürfte. Zumal dieser auch aufgrund der hohen Inflation in den vergangenen Jahren gewählt worden sei. Bereits jetzt würden viele Amerikaner unter einem drastischen Kaufkraftverlust leiden.
Und auf eine weitere Reaktion müssten sich die US-Amerikaner einstellen: Beschleunigt sich aufgrund von Zollmaßnahmen der Preisanstieg wieder, dürften Zinssenkungen durch die US-Notenbank „vom Tisch“ sein. Längerfristig höhere Zinsen würden spätestens dann zur Bürde, wenn US-Unternehmen in den kommenden Jahren im großen Stil Anschlussfinanzierungen benötigten. Gitzel: „Es ist also nicht so, dass bei der Verhängung von Zöllen die USA Gewinner und die anderen Staaten die Verlierer sind.“
Europa schon jetzt betroffen
Obwohl Trump noch keine direkten Zölle für die EU verkündet hat, ist die Union schon jetzt unmittelbar betroffen, wie Gitzel darlegt. Denn viele europäische Unternehmen produzierten in Kanada, Mexiko und China für den US-Markt. Dies gelte insbesondere für die deutsche Autoindustrie.
Hinzu komme die generelle Verunsicherung der Unternehmen, da für unumstößlich gehaltene Rahmenbedingungen plötzlich nicht mehr gelten würden. Insofern würden die Zölle schon jetzt zahlreiche Industriearbeitsplätze in Deutschland bedrohen, meint Timo Steinbusch, Portfoliochef der Apobank. Denn die Zölle treffen ganze Wertschöpfungsketten. Investoren befürchteten langfristige Handelsbarrieren, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Industriekonzerne nachhaltig schwächen.
Europäische Gegengeschäfte?
Ob die EU US-Zölle durch Kompensationsangebote noch verhindern kann, ist nach Ansicht der allermeisten Ökonomen fraglich. Die Commerzbank-Ökonomen Bernd Weidensteiner und Christoph Balz sehen in diesem Zusammenhang allenfalls eine Möglichkeit, Trump beim Kauf von verflüssigtem Erdgas (LNG) aus den USA entgegen zu kommen. Das würde die nach wie vor hohen Lieferungen aus Russland ersetzen, was ohnehin im Sinne einer besseren Durchsetzung von Sanktionen gegen Russland wäre. Zudem könnte die EU verschiedene andere Zölle senken. So ist der Import von Pkw aus den USA mit einem Zollsatz von 10% belastet, umgekehrt verlangten die USA bislang nur einen Zoll von 2,5% auf solche Fahrzeuge. Und schließlich könnte man sich noch zu höheren Verteidigungsausgaben verpflichten, die ohnehin im europäischen Interesse liegen.
Rivalen statt Verbündete
Weidensteiner und Balz weisen aber auf eine viel tiefergehende Entwicklung hin, die global eine völlig neue Ausrichtung für alle Handelspartner erfordert: Aus US-Sicht gebe es für die USA keine Verbündeten mehr, nur noch Rivalen. „Um sich in einem solchen Umfeld durchzusetzen, sieht man sich durch die Regeln, die sich in den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg durchgesetzt haben (nicht zuletzt auf Betreiben der Amerikaner hin) offensichtlich behindert“, analysieren sie.
Beträchtlicher Vertrauensschaden
Selbst wenn sich die Krise rasch löse und die Zölle wieder zurückgenommen würden, sei damit ein beträchtlicher Vertrauensschaden angerichtet. Unternehmen würden es sich genau überlegen, ob sie auch künftig Geld für Investitionsprojekte, die Laufzeiten von teilweise deutlich über 10 Jahren haben, weiterhin in beispielsweise Mexiko ausgeben. Schließlich scheint man sich ja nicht mehr auf Geist und Buchstaben abgeschlossener Handelsverträge verlassen zu können. Dies ist natürlich eine gewollte Folge der Trump'schen Politik. Allerdings wird das auch für die US-Industrie mit beträchtlichen Anpassungsschmerzen einhergehen. Ob Trump, gestützt auf den enormen US-Binnenmarkt, Erfolg habe, hänge vor allem davon ab, wie hoch die Kosten des Handelskonflikts für die Amerikaner ausfallen würden, betonen Weidensteiner und Balz.