Trumps Ölpreis-Drohung gegen Putin geht ins Leere
Trumps Ölpreis-Drohung gegen Putin geht ins Leere
Immer wieder neue Zölle und Sanktionen haben Russland weniger zugesetzt als gedacht – Zu viele Länder sehen sich ungebunden und schlagen daraus Kapital
est Moskau
Von Eduard Steiner, Moskau
Als Ex-US-Präsident Biden Anfang Januar das nächste Sanktionspaket gegen den russischen Ölsektor verhängte, erklärte sein nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan, dies sei als Starthilfe für den neuen Präsidenten Trump gedacht. Sollte dieser gleich nach der Vereidigung in Gespräche mit Kremlchef Wladimir Putin eintreten, hätte er schon mal ein wirtschaftliches Druckmittel. Doch Trump griff darauf nicht zurück. Er geht vielmehr einen Schritt weiter. Er forderte Putin auf, „diesen irrwitzigen Krieg“ zu stoppen. Ansonsten, drohte er in einem Post auf der Onlineplattform Truth Social, bliebe ihm nichts übrig, „als hohe Steuern, Zölle und Sanktionen auf alles anzuordnen, das Russland an die USA und andere teilnehmende Staaten verkauft.“
Doch wo wäre der Hebel für Trump nach all den offenbar weniger wirksamen bisherigen Sanktionen? „Ich glaube nicht, dass die USA viele Druckmittel mit eigenen (höheren) Importzöllen auf russische Waren hätten“, sagt Vasily Astrov, Russland-Experte des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW), zur Börsen-Zeitung.
Langsame Entflechtung
In der Tat besteht im bilateralen Handel zwischen den beiden großen Mächten nicht viel Spielraum. Hatten die USA 2021 noch Waren im Wert von 29,6 Mrd. Dollar aus Russland importiert, so ist es inzwischen nur noch ein Zehntel davon. „Die USA sind mit einem Anteil von 0,75% der russischen Exporte kein bedeutender Handelspartner“, sagt Wladislaw Inosemzew, Mitgründer des Zentrums für Analysen und Strategien in Europa (CASE), zur Börsen-Zeitung.
Hoch war das bilaterale Handelsvolumen auch vor dem Krieg nicht. Die wirtschaftliche Entflechtung begann schon nach der Annexion der Krim 2014. Und sie ging gar nicht so sehr von den USA aus als vielmehr von Russland selbst. Am offensichtlichsten war, dass sich Russland sukzessive von US-Staatsanleihen trennte, in die es zuvor massiv investiert war. Bis 2018 hatte es fast alle verkauft.
Ganz entflochten sind freilich auch die USA und Russland noch nicht. Das gilt vor allem bei kritischen Rohstoffen, allen voran bei angereichertem Uran. Hier bleibt der Anteil der Importe aus Russland bei über 20%, wobei dieser Wert 2023 sogar noch auf ein Hoch von 27% zulegte.
Schwacher Hebel
„Selbst wenn der Handel von Uran, der 1,2 Mrd. Dollar pro Jahr umfasst, beschränkt würde, würde Russlands Budget das nicht spüren“, sagt Inosemzew: „Generell kann Russland von keiner einzigen Sanktion getroffen werden, die sich auf US-Importe bezieht.“
Und was ist mit US-Exporten nach Russland bzw. den Aktivitäten der US-Unternehmen in Russland? Von den 795 US-Firmen, die vor dem Krieg dort tätig waren, sind laut Kyiv School of Economics 316 geblieben und 372 „im Prozess des Rückzugs“. „Wenn sich die Unternehmen zurückziehen, werden die Russen den Restbestand einfach übernehmen“, warnt Inosemzew. „Deshalb würde ich nicht dazu raten, aufzuhören.“
Ausweichreaktionen erfolgreich
Bliebe also nur, durch Androhung von Sekundärsanktionen Länder wie China von Russland wegzudrängen bzw. Handelsembargos zu verhängen. Bisherige Versuche zeigten kurzfristig Wirkung und verteuerten die Geschäfte für Moskau. Aber: „Im Endeffekt finden sich fast immer Wege, Sekundärsanktionen zu umgehen“, so Astrov. „Russland kann nur durch ein universelles oder quasi-universelles Embargo besiegt werden – sowohl bei Ex- als auch bei Importen“, meint Inosemzew.
„Universeller Ansatz nötig"
Einen solchen „universellen“ Ansatz hat Trump am Donnerstag vorgebracht: Er wolle, sagte er, Saudi-Arabien und andere Staaten des Ölkartells Opec auffordern, „die Kosten für Öl zu senken“. Denn: „Im Moment ist der Preis so hoch, dass der Krieg weitergehen wird.” Mit der Aufforderung an die Opec meint Trump Experten zufolge wohl, dass die Opec ihre Förderdrosselungen möglichst schnell aufgibt.
Doch selbst, wenn Trump die Saudis überzeugen könnte, so würde dies seinen anderen Zielen im Weg stehen: Erstens würde ein fallender Ölpreis Trumps Pläne durchkreuzen, dass die US-Konzerne mehr in die Förderung investieren. Und zweitens dürfte Russland auch einen deutlich niedrigeren Ölpreis als jetzt aushalten. Außerdem würde sich dieser, schreibt das russische Exilmedium „The Bell“, nur „sehr langsam“ in der russischen Wirtschaft und im Staatshaushalt bemerkbar machen.