US-Zölle treiben mehr Firmen in die Pleite
Allianz Trade warnt vor starkem Anstieg der Insolvenzen
Zollspirale bremst globales Wachstum auf Coronaniveau ein − Rezession in den USA prognostiziert
ba Frankfurt
Die eskalierende Zollspirale, die US-Präsident Donald Trump in Gang gesetzt hat, bremst nicht nur den Welthandel deutlich und wird die USA in eine zumindest milde Rezession werfen. Der Kreditversicherer Allianz Trade erwartet zudem, dass weltweit mehr Unternehmen Insolvenz anmelden müssen. Bilaterale Verhandlungen dürften aber dafür sorgen, dass der globale US-Zollsatz von aktuell 25,5% auf rund 10,2% bis zum Jahresende sinkt. „Das wäre immer noch vier Mal so hoch als vor Trumps Amtsantritt“, betont Ana Boata, Head of Economic Research bei Allianz Trade.
Berliner Finanzpaket stützt
„Bei einem Handelskrieg gibt es keine Gewinner“, sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Exportverluste könnten sich auf bis zu 480 Mrd. Euro belaufen. „Die Weltwirtschaft ächzt unter den Zusatzkosten – auch wenn die US-Regierung mit einer erneuten Volte den europäischen Unternehmen zumindest 90 Tage Aufschub gewährt hat.“ Allerdings sei gerade die anhaltende Unsicherheit Gift für Unternehmen. „Handelsströme dürften sich verschieben und globale Insolvenzen in der Folge noch stärker zunehmen, allen voran in den USA“, erklärt Bogaerts.
Während die Prognose für den Insolvenzanstieg in den USA für dieses Jahr auf 16% von zuvor 11% erhöht wurde, wird die Voraussage für die weltweite Fallzahl nur um 1 Prozentpunkt auf rund 7% nach oben gesetzt. Für Westeuropa wird für 2025 mit 5% mehr Pleiten gerechnet als im Vorjahr. Im März lag die Prognose noch bei 3%. „In Deutschland ist der zusätzliche Anstieg der Insolvenzen durch die US-Zölle etwas geringer als in anderen europäischen Ländern“, sagt Bogaerts. „Das Finanzpaket für Infrastruktur und Verteidigung fängt einen Teil der Negativfolgen aus den US-Zöllen auf." Hierzulande dürften 2025 etwa 11% mehr Unternehmen in die Insolvenz rutschen als 2024. In der bisherigen Prognose wurde der Zuwachs auf 10% beziffert.
Globales Wachstum so schwach wie während der Pandemie
In dem aktuellen „Economic Outlook“ prognostiziert der Kreditversicherer einen Rückgang des globalen BIP-Wachstums um 0,6 Prozentpunkte auf 2,3%. Dies ist der niedrigste Stand seit der Corona-Pandemie. Zudem trübten sich die weiteren Aussichten ein, wegen der hohen Unsicherheiten infolge des Handelskriegs und des damit verbundene Rezessionsrisikos in den USA. Auch der Welthandel leidet: Beim Volumen der weltweit gehandelten Waren und Dienstleistungen wird ein Plus von 1,3% erwartet, 2024 lag das Wachstum bei 2,9%. Der Warenhandel (ohne Dienstleistungen) rutscht mit der Voraussage von −0,5% gar ins Minus. Der Zuwachs von 2,1% im Jahr 2024 war allerdings „vor allem getrieben durch einen starken Jahresendspurt mit besonders vielen Lieferungen in den USA – noch vor einem schon damals befürchteten Handelskrieg“, wie es bei Allianz Trade heißt.
USA rutschen in leichte Rezession
Für die US-Wirtschaft wird für die ersten drei Monate 2025 eine leichte Rezession erwartet. Ökonom Boata rechnet mit kumuliert –0,5% in den ersten drei Quartalen, gefolgt von einer leichten Erholung zum Jahresende wegen „Steuererleichterungen in Höhe von mindestens 300 Mrd. Dollar sowie erwartete bilaterale Deals, die die globalen US-Import-Zölle auf etwa 10% sinken lassen“. Im Gesamtjahr dürfte die weltweit größte Volkswirtschaft um 0,8% zulegen, bevor sich das Wachstum 2026 auf 2,2% beschleunigt. Die Inflation, so Boata, dürfte im Sommer den Spitzenwert von 4,5% erreichen und weitere Zinssenkungen in den Herbst verschieben.
Bilaterale Abkommen erwartet
Sollte die US-Regierung das aktuelle Zollniveau – das mit über 25% aktuell fast zehnmal so hoch ist wie mit 2,5% vor Trumps zweiter Amtszeit – bis Ende 2026 beibehalten, würde dies zu noch stärkeren wirtschaftlichen Einbußen führen, insbesondere in den USA selbst, sowie zu einer anhaltend hohe US-Inflation mit entsprechenden Folgen für die Fiskalpolitik, so Boata. Die Volkswirtin erwartet allerdings, dass viele Länder am Verhandlungstisch in bilateralen Abkommen Zugeständnisse an die USA machen werden.
In den einzelnen Branchen ergebe sich ein sehr heterogenes Bild: Einige Branchen seien von den US-Zöllen besonders belastet, andere spürten nur wenige Auswirkungen. „Die globale Automobil- und Textilindustrie, Non-Food-Einzelhandel, erneuerbare Energien und Landwirtschaft sind im aktuellen Kontext am anfälligsten“, sagt Boata. Es treffe also die Branchen besonders hart, die vielerorts ohnehin bereits mit schwachen Margen, Konsumzurückhaltung und einem tiefgreifenden Strukturwandel kämpfen. „Für einige Unternehmen könnte es hier sehr eng werden.“