Verbraucher starten verkatert ins neue Jahr
Verbraucher starten verkatert ins neue Jahr
GfK-Konsumklima gibt nach − Alle Teilbarometer sinken − DIW-Indikator signalisiert gedämpfte Aussichten
Zu Jahresbeginn zeigen sich die Verbraucher ernüchtert: Ihr Blick auf Konjunktur und Einkommen fällt pessimistischer aus als zuletzt, und statt an größere Anschaffungen denken sie mehr ans Sparen. Gedämpfte Aussichten lassen auch Frühbarometer zu Konjunktur und Jobmarkt erkennen.
ba Frankfurt
Die Verbraucher in Deutschland starten leicht verkatert ins neue Jahr: Sie blicken pessimistischer auf die Konjunktur und ihr eigenes Einkommen und sparen lieber, statt größere Anschaffungen zu planen. Die kurzfristige Stimmungsaufhellung vom Dezember ist bereits wieder passé. Das GfK-Konsumklima für Februar wird nun mit −22,4 Punkten prognostiziert, wie die Marktforscher von NIM und GfK mitteilten. Im Monat zuvor waren es noch −21,4 Zähler.
Hoffnung auf Erholung „wieder zunichtegemacht“
„Das Konsumklima erleidet wieder einen Rückschlag und startet damit trüb ins neue Jahr“, kommentierte NIM-Experte Rolf Bürkl. Während im ersten Halbjahr 2024 die Zeichen noch auf Erholung standen, habe die Entwicklung nach der Jahresmitte bestenfalls stagniert. Die zuletzt aufgekeimten leisen Hoffnungen auf eine vorsichtige Erholung seien sofort wieder zunichtegemacht worden. Im Gesamtjahr 2024 hatte der private Konsum einer Erstschätzung des Statistikamts Destatis zufolge um 0,3% zum Vorjahr zugelegt. Vor allem für Gesundheit, Verkehr sowie Nahrungsmittel wurde mehr Geld ausgegeben. „Eine nachhaltige Erholung des Konsumklimas ist derzeit nicht in Sicht, zumal auch die Inflationsrate zuletzt wieder etwas angezogen hat“, erklärte Bürkl. Auch die zunehmenden Jobsorgen dürften auf die Stimmung gedrückt haben.
„Eintagsfliege“
2024 hatte der private − vor allem aber der staatliche − Konsum das BIP gestützt. Für dieses Jahr erwarten Experten, dass die Verbraucher mit weiter steigenden Löhnen und einer nachlassenden Inflation auch ihre Ausgaben wieder stärker steigern werden. Große Sprünge dürften für die deutsche Wirtschaft allerdings nicht drin sein. Für 2025 erwarten Ökonomen im Schnitt ein Wirtschaftswachstum von 0,2%, nachdem das BIP 2023 und 2024 um 0,3% bzw. 0,2% geschrumpft war. Zwei Rezessionsjahre in Folge gab es zuletzt 2002/2003.
Regierung senkt Prognose
Die Bundesregierung zeigt sich in ihrem Jahreswirtschaftsbericht ebenfalls deutlich pessimistischer als zuletzt. Deutschland leide unter grundlegenden strukturellen Problemen, erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit Verweis auf den Arbeits- und Fachkräftemangel, die überbordende Bürokratie sowie die Investitionsschwäche bei privaten als auch bei öffentlichen Investitionen. „Die im wahrsten Sinne des Wortes bröselnden Brücken sind ein mahnendes Bild hierfür“, so Habeck. Neben der hohen Unsicherheit mit Blick auf die US-Wirtschafts- und Handelspolitik dämpfe zudem die Ungewissheit über den künftigen wirtschafts- und finanzpolitischen Kurs angesichts der anstehenden Bundestagswahl die Investitions- und Konsumlaune. Für das laufende Jahr erwartet Habeck nur mehr ein reales BIP-Wachstum von 0,3%. Im Herbst waren es noch +1,1%. Die Prognose für 2026 wurde gleichfalls kräftig reduziert, und zwar auf 1,1% von zuvor 1,6%.
Der derzeitige Konjunkturpessimismus zeigt sich auch in der GfK-Umfrage: Der Teilindikator gab um 1,9 auf −1,6 Punkte nach. Die leichte Verbesserung vom Dezember werten die Nürnberger Konjunkturforscher daher als „Eintagsfliege“.
DIW-Barometer zeigt gedämpfte Aussichten zum Jahresanfang
Ähnliches zeigt das DIW-Konjunkturbarometer, das zwar im Januar den Aufwärtstrend fortsetzte und um 1,3 auf 87,7 Punkte kletterte. Dennoch verharrt es deutlich unter der neutralen 100-Punkte-Marke, die für ein durchschnittliches Wachstum der hiesigen Wirtschaft steht. „Die deutsche Wirtschaft tastet sich nur in Trippelschritten voran, momentan befindet sie sich eher in einer abwartenden Haltung“, sagt DIW-Konjunkturchefin Geraldine Dany-Knedlik. „Die wirtschaftspolitische Lage ist angesichts der anstehenden Bundestagswahl unsicher, außenwirtschaftlich belasten nach dem Amtsantritt von US-Präsident Trump Handelsrisiken und geopolitische Spannungen die Konjunkturaussichten.“ Zugleich dümple die Binnennachfrage vor sich hin, da Unternehmen auch wegen der wirtschaftspolitischen Unwägbarkeiten nur zurückhaltend investierten – wenn überhaupt. „Einen Hoffnungsschimmer bietet jedoch die Zeit nach der bevorstehenden Bundestagswahl, da eine handlungsfähige Regierung der deutschen Wirtschaft mit neuen Impulsen wieder Auftrieb geben könnte“, betonten die Berliner Wirtschaftsforscher.
Zweites Halbjahr lief ungünstiger
Die Einkommenserwartungen sanken um 2,5 auf −1,1 Punkte und haben damit die Hälfte des Gewinns vom Dezember wieder abgegeben. Für die GfK war die Entwicklung des Einkommensindikators 2024 von zwei verschiedenen Phasen gekennzeichnet: „Die erste Jahreshälfte stand ganz im Zeichen einer spürbaren Erholung der Einkommenserwartungen, die aber dann durch einen fallenden Trend in der zweiten Hälfte abgelöst wurde.“ Dieser Verlauf korrespondiere mit der realen Einkommensentwicklung der Haushalte.
Es wird wieder mehr gespart
Wegen der sinkenden Einkommensaussichten hat auch die Anschaffungsneigung nachgegeben. Der Indikator fiel um 3 auf −8,4 Punkte und damit nahe dem niedrigsten Wert seit August 2024, als −10,9 Punkte gemessen worden waren. Die im Dezember wieder auf 2,6% gestiegene Inflationsrate „dürfte sich nicht nur auf die Einkommensaussichten, sondern auch auf die Konsumneigung dämpfend ausgewirkt haben“, betonen die Konsumforscher. „Zudem sorgen die anhaltenden Nachrichten zu Werksschließungen und Produktionsverlagerungen in der Bevölkerung für zunehmende Sorgen um den eigenen Job.“
Weniger Rückenwind vom Jobmarkt
Das IAB-Arbeitsmarktbarometer lässt mit dem Rückgang um 0,4 auf 98,8 Punkte gar das dritte Jahr mit steigenden Arbeitslosenzahlen erwarten. „Es sieht nicht gut aus am Arbeitsmarkt“, mahnt IAB-Experte Enzo Weber mit Blick auf das Minus der beiden Teilkomponenten für Arbeitslosigkeit und Beschäftigung.
Die geringeren Einkommensaussichten sind mit ein Grund, dass das Barometer der Sparneigung um 2,3 auf 8,2 Punkte gestiegen ist. Destatis zufolge kletterte die Sparquote 2024 auf 11,6%. Mit Ausnahme der stark von den Folgen der Corona-Pandemie betroffenen Jahre 2020 und 2021 sparten die privaten Haushalte damit „insgesamt so stark wie seit Mitte der 1990er-Jahre nicht mehr“.