OECD-Wirtschaftsausblick

Weltwirtschaft kühlt sich ab

Die Folgen des Ukraine-Krieges belasten die globale Wirtschaft stärker als angenommen. Sollte es im Winter zu starken Problemen bei der Energieversorgung kommen, könnten neben Deutschland weitere Länder in Europa in die Rezession fallen.

Weltwirtschaft kühlt sich ab

wü Paris

Der Ukraine-Krieg wird die globale Wirtschaft teurer zu stehen kommen als bisher angenommen. Neben Russland ist die Bundesrepublik das G20-Land, das die Folgen des Krieges laut den jüngsten Prognosen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am stärksten zu spüren bekommen wird. Der gerade von ihr veröffentlichte Interims-Wirtschaftsausblick geht davon aus, dass Deutschland nächstes Jahr in die Rezession fallen wird. Demnach dürfte die deutsche Wirtschaft 2023 um 0,7% schrumpfen, die Russlands um 4,5%. Im Juni waren die OECD-Ökonomen noch davon ausgegangen, dass das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands nächstes Jahr um 1,7% zulegen würde.

Für die globale Wirtschaft senkte die OECD ihre Wachstumsprognose für 2023 von 2,8% auf 2,2%, für die Eurozone von 1,6% auf 0,3%. Bis auf die Türkei, Indonesien und Großbritannien, wo eine Stagnation erwartet wird, hat die Organisation die Aussichten für alle G20-Länder nach unten korrigiert. So dürfte die amerikanische Wirtschaft nächstes Jahr nicht 1,2% wie bisher erwartet, sondern nur 0,5% zulegen, erwarten die Ökonomen.

„Wir werden alle einen sehr hohen Preis für diesen Krieg zahlen müssen“, erklärte der kommissarische Chefökonom Álvaro Santos Pereira. Für Russland erwartet er deshalb mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in diesem Jahr um 5,5% die stärkste Rezession, die ein G20-Land jemals in den letzten drei Jahrzehnten verbucht hat.

Die OECD hat am Montag bereits gewarnt, dass sie ihre Prognosen für die globale Wirtschaft weiter senken könnte, sollte es im Winter zu größeren Problemen bei der Energieversorgung kommen. Dies würde vor allem Europa treffen. „Sollte sich die Verknappung von Brennstoffen, vor allem Gas verstärken, könnte das das europäische Wachstum 2023 zusätzlich 1,25 Prozentpunkte kosten“, erklärt sie. Gleichzeitig könnte die Inflation in Europa dadurch um 1,5 Prozentpunkte steigen.

All das könnte viele europäische Länder 2023 in die Rezession stürzen und das globale Wirtschaftswachstum um weitere 0,5 Prozentpunkte verringern. Auch 2024 würde das BIP-Wachstum der Länder in Europa in dem Falle noch geschwächt, so die OECD-Experten. Die real verfügbaren Einkommen der Haushalte würden wegen der höheren Preise und weniger geleisteter Arbeitsstunden weiter sinken. Auch die Unternehmensinvestitionen würden beeinträchtigt.

Die Organisation plädiert für fiskalische Maßnahmen für besonders gefährdete Gruppen, um die Auswirkungen der hohen Energiekosten auf Privathaushalte und Unternehmen abzufedern. Sie empfiehlt zudem, alternative Energiequellen zu finden und zum Energiesparen zu ermuntern. Die Politik müsse sicherstellen, dass die Sicherung der Energieversorgung nicht zulasten der Energiewende gehe, mahnt Pereira.

Um den Inflationsdruck nachhaltig zu reduzieren, sei in vielen Ländern eine weitere Straffung der Geldpolitik notwendig, urteilen die Ökonomen. Allerdings müsste sie auf nationaler Ebene sorgsam austariert werden, da unklar sei, wie sich das Wachstum entwickele, wie schnell höhere Zinsen wirkten und welche Spillover-Effekte von der Straffung in anderen Ländern ausgingen. Die OECD geht davon aus, dass die Gesamtinflation in den G20-Ländern in diesem Jahr 8,2% und 2023 dann 6,5% betragen wird. In den reiferen G20-Volkswirtschaften dürfte sie von 6,2% auf 4% 2023 sinken.

Ein weiteres Risiko sehen die OECD-Experten neben den anhaltenden Lieferkettenengpässen und möglichen Schuldenkrisen in Schwellenländern in der anhaltenden Korrektur am Immobilienmarkt in China. In Kombination mit der hohen Verschuldung von Unternehmen und der Null-Covid-Politik könnte dies das Wachstum der chinesischen Wirtschaft stärker einbrechen lassen als bisher erwartet, warnen sie.

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