Konjunktur

WTO sieht schwarz für Welthandel

Die Welthandelsorganisation kappt ihre Prognose für 2023 deutlich. Der Welthandel droht merklich an Schwung zu verlieren. Nebeneffekt: Die Frachtpreise dürften weiter spürbar fallen.

WTO sieht schwarz für Welthandel

rec Frankfurt

„Das Bild für 2023 hat sich deutlich eingetrübt“: Die Chefin der Welthandelsorganisation WTO, Ngozi Okonjo-Iweala, sieht schwarz für die Entwicklung des grenzüberschreitenden Warenhandels. Und sie warnt unmissverständlich, dass die Weltwirtschaft im Falle einer Eskalation des Kriegs in der Ukraine schwer in Mitleidenschaft gezogen würde: „Wenn sich der Krieg in der Ukraine verschlimmert, anstatt sich zu bessern, wird das enorme Auswirkungen haben.“

In ihrem neuen Weltwirtschaftsausblick hat die WTO ihre Prognose für den globalen Warenaustausch im kommenden Jahr deutlich abgesenkt. Während sich der Welthandel im laufenden Jahr in etwa so entwickle wie im Frühjahr angenommen, erwarten die Ökonomen der Genfer Organisation für 2023 nur noch ein Mini-Wachstum von etwa 1%. Das liegt deutlich unterhalb des Durchschnitts der vergangenen Jahre und lässt erwarten, dass die Erholung von Welthandel und Weltwirtschaft von der tiefen Coronakrise absehbar zum Erliegen kommen könnte.

Für das laufende Jahr ist laut WTO mit einem Plus von 3,5% im Welthandel zu rechnen, geringfügig mehr als in der Anfangsphase des Ukraine-Kriegs erwartet. Seinerzeit hatte die WTO auch für 2023 ein Wachstum in dieser Größenordnung veranschlagt. Nun ist sie deutlich pessimistischer. Mit Verweis auf das nach wie vor hohe Maß an Unsicherheit gibt die WTO eine beträchtliche Bandbreite für ihre Schätzungen an: Dieses Jahr sind demnach im besten Fall +4,9% möglich, im schlechtesten Fall +2,0%. Für 2023 reicht die Bandbreite von −2,8% bis +4,6%.

Auf besonders schwierige Zeiten müssen sich Unternehmen in Europa einstellen: Für 2022 rechnet die WTO nur noch mit einer unterdurchschnittlichen Zunahme der Exporte um 1,8%. 2023 tendiert die Exportprognose dann Richtung Stagnation. Vor allem für die deutsche Industrie sind das schlechte Aussichten, ist sie doch besonders stark auf das Exportgeschäft ausgerichtet.

„Zahlreiche“ Risikofaktoren

Mit Blick auf die Weltwirtschaft wachsen seit Monaten Sorgen vor einer Rezession. Andere Experten sind mit Blick auf den Warenhandel bereits deutlich skeptischer als die WTO-Fachleute. So meint Ariane Curtis vom Analysehaus Capital Economics, dass der Welthandel im kommenden Jahr wohl schrumpfen wird.

Die WTO stellt ihre Prognosen unter den Vorbehalt „zahlreicher“ Risikofaktoren. Für unterschätzt hält man in Genf die Gefahr, dass die weltgrößten Volkswirtschaften USA und China sich weiter entkoppeln. Washington und Peking waren zuletzt in der Taiwan-Frage wieder aneinandergeraten. Zur Furcht vor einer Eskalation des Ukraine-Kriegs mischt sich die Sorge, dass die Notenbanken im Kampf gegen die Inflation überziehen könnten. Daraus resultierende Rezessionen in einigen Ländern könnten in der Folge auf den Importen lasten, heißt es.

Zugleich macht die WTO Anzeichen aus, dass der Preisdruck seinen Zenit überschritten haben könnte. So sind die Frachtpreise als Nebeneffekt der Abschwächung im Welthandel über Monate merklich gefallen. Die Branchenexperten von S&P Global Market Intelligence schätzen, dass für einen Standardcontainer im kommenden Jahr durchschnittlich zwischen 4000 und 5000 Dollar fällig werden dürften. Im Durchschnitt der Jahre 2021 und 2022 waren es 7000 Dollar. Zuletzt kostete ein Standardcontainer laut dem Datendienstleister Freightos etwa 4000 Dollar.

In der Spitze waren die Frachtraten infolge eklatanter Lieferkettenprobleme zeitweise in fünfstellige Bereiche geklettert. Das ist ein Vielfaches jener Preise, die vor der Pandemie in der Seefracht zu zahlen waren. Während der globale Containerumschlag auf niedrigem Niveau zuletzt leicht zugelegt hat, stauen sich vor großen Häfen nach wie vor ungewöhnlich viele Containerschiffe.

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