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Lukrative Assetmanager

Vermögensverwalter profitieren von hohen Mittelzuflüssen. Allerdings bergen der ETF-Boom und der Nachhaltigkeitstrend auch Risiken. Besonders der Ausblick für die großen Branchenvertreter fällt aber positiv aus.

Lukrative Assetmanager

Sie verwalten Milliardenvermögen, liefern sich gegenseitig einen harten Kampf um Kundengelder und stellen mit ihren eigenen Aktien ein zunehmend beliebtes Investitionsziel dar: die börsennotierten Assetmanager. Viele Titel der Branche haben in den vergangenen Jahren eine deutlich bessere Performance hingelegt als vergleichbare Finanzwerte wie Aktien von Banken oder Versicherern. Insbesondere Branchenführer BlackRock schreitet sowohl an der Börse als auch im fundamentalen Geschäft unaufhaltsam voran und profitiert in besonderem Maße von steigenden Aktionärszahlen und hohen Mittelzuflüssen. Über die vergangenen zehn Jahre hat die Aktie um 370 % zugelegt und sich auch im Zuge des Post-Corona-Aufschwungs an den Märkten äußerst fest entwickelt. Der Großteil der Analysten erwartet offenbar, dass die Rally weitergeht: In der Datenbank des Informationsdienstleisters Bloomberg stehen 15 Kaufempfehlungen drei „Halten“-Voten und keine einzige Verkaufsempfehlung gegenüber.

BlackRock wird von Marktbeobachtern gern als Repräsentant für die Gesamtbranche herangezogen. Doch auch wenn viele weitere Assetmanager aus Sicht von Marktbeobachtern lukrative Investmentgelegenheiten bieten, beeinflussen die Megatrends des Sektors verschiedene Anbieter auf völlig unterschiedliche Weise. Eine der prägenden Entwicklungen am Markt ist die gestiegene Bedeutung digitaler Vertriebswege. „Der Vormarsch der Neobroker und die wachsende Beliebtheit von Sparplänen auf Aktiv- und Passivfonds sorgen für planbare und stetige Cash-flows“, sagt Christian Funke, Vorstand beim Frankfurter Vermögensverwalter Source for Alpha. Natürlich sei die stärkere Rolle des digitalen Vertriebs aber auch einer der Gründe dafür, dass die Margen im Segment unter Druck geraten seien. „Bei aktiv verwalteten Fonds geht üblicherweise die Hälfte der Kosten an den Vertrieb – dieser wird zunehmend gesondert bepreist, die Vergütungen sinken“, führt Funke aus. Zugleich würden auch Administration und Managementleistung durch Skaleneffekte günstiger, was ebenfalls auf die Margen durchschlage.

Diversifiziertes ETF-Angebot

Hinzu kämen die steigenden Transparenzanforderungen durch eine zunehmende Regulierung sowie der ETF-Boom. „Die Kostenunterschiede zwischen aktiven und passiven Produkten fallen noch immer enorm aus, das ETF-Angebot gestaltet sich inzwischen allerdings weitaus stärker diversifiziert als noch vor wenigen Jahren“, sagt Funke. Weil Investoren neben Vehikeln, die marktbreite Indizes wie den S&P 500 abbildeten, auch zu zahlreichen spezifischen Strategien günstigere passive Alternativen fänden, seien Exchange Traded Funds für eine breite Masse an Anlegern inzwischen teilweise attraktiver als aktiv verwaltete Fonds.

„Im Gegensatz zum aktiven Geschäft, in dem die Zuflüsse performanceabhängig sind und oft zyklisch verlaufen, ist das passive Geschäft durch Volumen und Zugang zu Vertriebskanälen getrieben“, sagt Martin Moeller, Co-Head of Swiss and Global Equity bei der Schweizer Privatbank

Union Bancaire Privée, im Interview auf Seite 30 dieser rendite. Der ETF-Boom helfe also vor allem großen Assetmanagern, die sich auch günstige Zugänge zu attraktiven Benchmarks gesichert hätten und den Margendruck durch Skalierung wettmachen könnten.

Auch Funke beobachtet, dass es für viele Fondsanbieter schwieriger geworden ist, im ETF-Segment Marktanteile zu gewinnen. „BlackRock und Vanguard verfügen als Branchenführer über enorme Skaleneffekte, das können kleinere Assetmanager gerade in Bezug auf die Standardindizes kaum aufholen“, betont Funke. Der Weg führe für diese Investmentgesellschaften also über Vehikel auf kleinere Indizes, deren Provider geringere Nutzungsgebühren verlangten, oder gleich über aktiv verwaltete ETFs und Smart-Beta-Produkte. Bei Letzteren werden keine rein nach Marktkapitalisierung gewichteten Indizes abgebildet, sondern zum Beispiel besonders dividendenstarke, schwankungsarme oder nach Faktor-Modellen ausgewählte Werte zugrunde gelegt.

Trotz der Möglichkeit, solche innovativen Strategien aufzulegen, seien für mittelgroße Fondsgesellschaften wohl Zusammenschlüsse nötig, um den Anschluss an die Branchenführer nicht zu verlieren. „Es war in den vergangenen Jahren ja schon eine Konsolidierung des Sektors zu beobachten, durch weitere Fusionen lassen sich aber sicherlich noch Synergien heben“, sagt Funke. So seien insbesondere Zusammenschlüsse zwischen stärker auf den Retail-Vertrieb ausgerichteten Produktanbietern und mehr auf das institutionelle Geschäft fokussierten Vermögensverwaltern sinnvoll, ebenso zwischen Assetmanagern mit sich ergänzenden starken Präsenzen in unterschiedlichen Regionen.

Und auch Neobroker stellen aus Sicht der Vermögensverwalter ein zunehmend interessantes Ziel dar. „Für die Produktanbieter ist es wichtig, sich auf diesen Vertriebsplattformen zu positionieren – BlackRock beispielsweise hat sich sehr früh einen signifikanten Anteil an Scalable Capital gesichert und eine Kooperation mit Trade Republic geschlossen“, führt Funke aus. Solche Formen der Zusammenarbeit werde es noch häufiger geben, da die Neobroker gerade junge Investoren erreichten.

Unkomplizierte Zukäufe

Zudem dürften einige der neuen digitalen Anbieter künftig ganz von Vermögensverwaltern übernommen werden. Prinzipiell sei es für Fondsverwalter natürlich auch möglich, hauseigene, an den Endkunden gerichtete Vertriebsplattformen aufzubauen – allerdings sei der Großteil der Assetmanager auf das Business-to-Business-Geschäft ausgerichtet, Zukäufe seien daher häufig unkomplizierter. „Zugleich müssen Produktanbieter auch immer die Abwägung treffen, ob sie durch den Aufbau eigener Plattformen nicht die Geschäftsbeziehungen zu ihren Partnern aus der Bankenbranche belasten, die bisher ihre Vertriebswege zur Verfügung stellten“, sagt Funke.

Beispiele für Fusionen und Übernahmen (M&A) innerhalb des Assetmanagements sowie zwischen Fondsanbietern und anderen Finanzwerten gibt es aus den vergangenen Jahren zur Genüge: Im August 2017 schlossen Standard Life und Aberdeen Asset Management ihre Fusion zu Standard Life Aberdeen ab. Anfang 2018 verleibte sich Franklin Resources, die Mutter des Fondsanbieters Franklin Templeton Investments, das auf institutionelle Kundschaft ausgerichtete britische Value-Haus Edinburgh Partners ein, im Mai 2019 schluckte Invesco den kleineren Konkurrenten Oppenheimer Funds. Und vergangenen Oktober kündigte die US-Großbank Morgan Stanley an, den altehrwürdigen Bostoner Vermögensverwalter EatonVance zu übernehmen, die Transaktion schloss sie im März ab. Auch der DWS werden immer wieder Ambitionen nachgesagt, ihr Geschäft durch Übernahmen global stärker skalieren zu wollen.

„Eine größere Präsenz in Asien würde der DWS Wettbewerbsvorteile bieten – insbesondere China, wo der regulatorische Wandel den Markt für ausländische Assetmanager öffnet, ist dabei interessant“, kommentieren die Analysten von Bloomberg Intelligence. Die Fondstochter der Deutschen Bank generiere derzeit 6 % ihrer Assets under Management in der Region Asien-Pazifik und besitze damit gegenüber Konkurrenten wie Amundi und Schroders, bei denen sich der Anteil auf 18 bzw. 19 % belaufe, noch viel Aufholpotenzial. Da der richtige Deal aber noch auf sich warten lasse, dürfte sich die DWS darauf konzentrieren, ihre bestehenden Partnerschaften, etwa mit der Pekinger Harvest Fund Management oder dem größten japanischen Lebensversicherer Nippon Life, in Schwung zu bringen.

Druck in Europa

Während der Wachstumsmarkt Asien laut Bloomberg Intelligence für die DWS die optimale Balance aus Kosten und Nutzen bieten dürfte, droht durch den verstärkten Konkurrenzkampf in Europa Gefahr. Denn der französische Assetmanager Amundi, der 2010 selbst aus einer Fusion der Vermögensverwaltungen von Société Générale und Crédit Agricole hervorgegangen war, will sich den Konkurrenten Lyxor für 825 Mill. Euro sichern. Im Herbst soll der Vertrag aufgesetzt, im Frühjahr 2022 abgeschlossen sein. „Die DWS muss ihre Marke Xtrackers stärken, sonst riskiert sie, ihre Position als Europas zweitgrößte ETF-Plattform infolge der bevorstehenden Übernahme von Lyxor durch Amundi dauerhaft einzubüßen“, heißt es bei den Bloomberg-Analysten. Auch in den USA sei das deutsche Fondshaus scharfer Konkurrenz ausgesetzt, da die einheimischen Banken aggressives Marketing für ihre Produkte betrieben. So bekleide die DWS in den Vereinigten Staaten mit einem Marktanteil von 0,3 % lediglich Platz 15 unter den Fondsplattformen.

Auch im deutschen Heimatmarkt, in dem die DWS mit den Wertpapierhäusern von Sparkassen und Genossenschaften, der DekaBank und Union Investment, konkurriert, wird zunehmend verbissen um Kundengelder gerungen. Denn neben BlackRock bauen zahlreiche weitere ausländische Assetmanager ihre Präsenz hierzulande aus, wie zuletzt bei der kalifornischen Capital Group sichtbar geworden ist. „Der EU-Markt ist trotz des gemeinsamen Überbaus sehr fragmentiert, für verschiedene Teilmärkte braucht es gesonderte Vertriebszulassungen. Dennoch ist insbesondere Deutschland für US-Investmentgesellschaften aufgrund des hohen Niveaus angestauter Ersparnisse attraktiv“, sagt Funke.

Geografischer Bias

Dass die amerikanischen Assetmanager bei den europäischen Kunden Anklang finden, liegt laut Funke auch an einem Bias über die geografische Nähe – soll heißen, sie trauen Assetmanagern aus den Vereinigten Staaten beispielsweise eine höhere Kompetenz bezüglich US-Aktien zu als Wettbewerbern aus anderen Erdteilen, obwohl diese mitunter ebenso über speziell auf den amerikanischen Markt ausgerichtete Teams verfügten. Da der US-Aktienmarkt mit seinen zahlreichen Growth-Werten besonders im öffentlichen Interesse steht, ergibt sich so ein Vorteil für die Geldverwalter aus den Vereinigten Staaten.

Trotz des hohen Konkurrenzdrucks sieht der Großteil der Analysten die vergleichsweise günstig bewertete Deutsche-Bank-Tochter DWS offenbar gut genug aufgestellt, um vom Trend zu kostengünstigen Indexfonds zu profitieren und über ihr wachsendes Vertriebsnetz und das breite Produktangebot organische Zuflüsse zu generieren. So finden sich in den Bloomberg-Datenbank 20 Kaufempfehlungen für die Aktie, denen vier „Halten“-Vota und kein einziger Rat zum Verkauf gegenüberstehen.

Indes breitet sich global ein weiterer Mega-trend aus, der das Geschäft der Vermögensverwalter stark prägt: die nachhaltige Geldanlage. Laut Funke spielt der ESG-Trend (Environmental, Social,

Governance) in Europa langfristig eine bedeutendere Rolle als in den USA. „Durch die Wahl Joe Bidens zum Präsidenten setzen sich die Vereinigten Staaten zwar wieder stärker für Nachhaltigkeitsbelange ein als unter Donald Trump. Allerdings steht gute Unternehmensführung weitaus stärker im Fokus als Klima- oder Umweltschutz“, sagt Funke. Für Fonds werde es in den USA daher wohl auch künftig weniger strenge Auflagen diesbezüglich geben als in der Europäischen Union. Inwieweit die seit März geltende EU-Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) die Vermögensverwalter operativ beeinflussen werde, sei dabei aber schwierig abzuschätzen. „Die neue Regulierung entspricht nun einmal der massiven Nachfrage der Investoren nach ESG-Produkten“, betont Funke. Nun seien die Anbieter im Vorteil, die bereits früh entsprechende Vehikel aufgelegt hätten.

Amundi im Vorteil

Die Analysten von Bloomberg Intelligence rechnen jedenfalls damit, dass Amundi aufgrund ihrer frühzeitigen Positionierung hinsichtlich nachhaltiger Investments besonders von der EU-Taxonomie profitieren wird. Der französische Assetmanager verfüge über mehr als 650 Produkte, die gemäß der Verordnung als ESG-fördernd oder nachhaltig ausgerichtet klassifiziert seien und in denen 450 Mrd. Euro Assets under Management angelegt seien. Hinsichtlich der Zahl der SFDR-konformen Produkte übertreffe der französische Assetmanager sogar BlackRock. Zudem beinhalteten inzwischen alle aktiv gemanagten offenen Fonds von Amundi ESG-Kriterien, Ende 2019 sei es noch die Hälfte gewesen.

Auch bei den Passivprodukten dürfte das Pariser Fondshaus demnach aufholen. Aktuell liegt BlackRock mit einem Marktanteil von über 35 % im Bereich der ESG-konformen ETFs deutlich vorn. Amundi kommt derzeit auf rund 12 %, könnte in Kombination mit den 6 % von Übernahmeziel Lyxor aber bereits die Lücke zur im Segment zweitplatzierten Schweizer Großbank UBS schließen. Entsprechend positiv ist auch die Gesamtstimmung für Amundi, laut Bloomberg kommen auf 15 „Kaufen“-Vota für die Aktie fünf Empfehlungen zum Halten und eine zum Verkaufen.

Andere Assetmanager – die DWS kommt am europäischen Markt für nachhaltige ETFs auf einen Anteil von 6,7 %, bei State Street sind es 4,3 % – müssen sich da schon gewaltig strecken, um den Anschluss nicht zu verlieren. Laut Bloomberg Intelligence dürften sie daher verstärkt neue Produkte auflegen und bisher nicht ESG-konforme ETFs umdeklarieren. Denn wie am gesamten Markt für Passivprodukte gilt auch bei nachhaltigen ETFs, dass Größe das probateste Mittel darstellt, um den Druck auf die Margen auszugleichen.

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