Der letzte Elchtest der Ampel
Regierungskrise
Der letzte Elchtest der Ampel
Von Sebastian Schmid
Deutschland trifft die Rückkehr von US-Präsident Trump unvorbereitet. Die Ampel fliegt auseinander, und die Opposition betreibt erst mal Leichenfledderei.
Die Ampel-Koalition ist am Ende. Ein hoffnungsvoll gestartetes Experiment war schnell auf eine Realität geprallt, die mit Krieg in Europa, Inflation und Konjunktureinbruch aufwartete. Zermürbende Kompromisse haben die Partner auseinandergetrieben. Der letzte Elchtest mit der anstehenden Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus hat den Ampel-Bus endgültig aus der Kurve geworfen. Überrascht hat allenfalls noch der Zeitpunkt.
Denn in die Verunsicherung bei Wirtschaft und Bürgern, die mit der Neuausrichtung der US-Politik einhergeht, sendet Berlin ein fatales Signal. An die EU, die an der Verlässlichkeit der stärksten Wirtschaftsnation schon länger zweifeln musste. An Wirtschaftsvertreter, deren Auffassung, dass sich die Ampel zu oft mit sich selbst und zu wenig mit der Wirtschaftslage befasst hat, bestätigt wird. Und allen voran an die vielen politikverdrossenen Bürger, die einmal mehr den Eindruck gewinnen mussten, es gehe den Beteiligten mehr um die eigene politische Zukunft als um das Ringen um Lösungen.
Zwei pragmatische Wettbewerber
Dabei hätte der Trump-Sieg auch eine Chance sein können – und mit Blick nach vorn muss er dies sogar sein. Die Chance auf die Erkenntnis, dass die Europäische Union und Deutschland künftig mit zwei Wirtschaftsmächten in internationaler Konkurrenz stehen, die nicht nur das klare strategische Ziel gemeinsam haben, die eigene Position bei Schlüsselindustrien zu stärken. China und die USA unter Trump eint auch, dass sie dabei maximal pragmatisch und nicht ideologisch vorgehen.
„Heilige Kühe“ fürs eigene Profil
Demgegenüber stehen die Ampel-Parteien, die zur eigenen Profilschärfung „heilige Kühe“ vor sich hertragen, die es vor den Partnern zu schützen gilt. Die SPD will keinesfalls an den Sozialstaat ran. Die Grünen wollen Wirtschaftswachstum, aber bitte nur dort, wo es der eigenen Kernklientel zusagt. Und die FDP klammert sich an die Schuldenbremse, als ob diese allein über das Erreichen der 5-Prozent-Hürde entscheiden könnte.
Das Vakuum, das sich aus dem Ampel-Aus ergibt, bietet der Union die Chance, es zu füllen. Doch die erste Reaktion, möglichst schnell Neuwahlen herbeizuführen, droht schon wieder Vertrauen zu verspielen. Denn wer weiß, ob die Verhältnisse damit stabiler werden. Was Bürger und Wirtschaft brauchen, ist sicher nicht Ampel-Leichenfledderei und noch mehr Wahlkampf, sondern mutige Schritte in eine pragmatische Neuausrichtung – auch das hätte man aus der Trump-Wahl lernen können.