Leitartikel Bundestagswahl

Im Eilschritt zur neuen Regierung

Die neue Regierung braucht Tempo. Sie muss schnell handlungsfähig sein und effizient Probleme lösen. Auch Glaubwürdigkeit zählt.

Im Eilschritt zur neuen Regierung

Bundestagswahl

Im Eilschritt auf neuen Wegen

Die neue Regierung muss Tempo machen. Sie muss schnell handlungsfähig sein und effizient Probleme lösen. Auch Glaubwürdigkeit zählt.

Von Angela Wefers

Die Wirtschaft darf hoffen, dass ihr nach der Bundestagswahl ihr sehnlichster Wunsch erfüllt wird – schnell eine handlungsfähige neue Regierung zu bekommen. In drei Jahren Dauerstreit der Ampel sind nicht nur nötige Reformen liegen geblieben, Deutschland steckt auch seit drei Jahren in einer Rezession. CDU-Chef und Wahlsieger Friedrich Merz drückt aufs Tempo bei der Regierungsbildung. Bis Ostern soll der Koalitionsvertrag verhandelt sein und die neue Regierung stehen.

Tempo ist auch nötig. Die neue Bundesregierung muss die anstehenden Probleme zügig lösen. Dies erwarten nicht nur die Wähler, es ist auch eine Lebensversicherung für die politischen Protagonisten der Mitte. Nach der Bundestagswahl ist deshalb aus gutem Grund eine neue Ernsthaftigkeit in die Berliner Politik eingezogen. Die Stärkung der AfD und der Linken an den politischen Rändern ist Mahnung genug, wieder effiziente Politik zu machen, die Protestwählern den Boden entzieht. Keine Partei der Mitte kann frohlocken. SPD, Grüne und FDP haben ihre schlechte Regierungsbilanz im Wahlergebnis bitter gebüßt. Auch der Wahlsieg der Union blieb schwach.

SPD gesprächsbereit

Die SPD zeigt sich unter ihrer neuen Führung gesprächsbereit für ein schwarz-rotes Bündnis. Sie wird sich einer Koalition nicht verschließen, wenn die Bedingungen stimmen. Das war nicht immer so und ist ein gutes Signal. Ein schlanker Koalitionsvertrag, wie Merz ihn anstrebt, hat Vorteile. Ein solches Werk ist schneller zu verhandeln, birgt wenig Raum für Plattitüden und ist flexibler im Verlauf einer Legislaturperiode. Das bedingt aber auch Vertrauen und guten Willen aller Beteiligten, damit ein Bündnis auch dauerhaft stabil bleibt.

Hohe Energiepreise und überbordenden Bürokratie sind die drängendsten Probleme für die Wirtschaft. Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat seinen Anteil an der deutschen Misere, aber das Ausbleiben günstiger russischer Energie ist nicht die einzige Ursache. Die hohen Preise sind auch die Folge unausgegorener Transformationspolitik auf dem Weg zur Klimaneutralität. Die belastende Bürokratie sowie komplizierte Genehmigungsverfahren, die viele Unternehmen beklagen, sind eindeutig hausgemacht. Die gute Nachricht: Schnelle Abhilfe ist möglich. Investitionen in die marode öffentliche Infrastruktur sind ebenso nötig wie die Finanzierung neuer Aufgaben bei der Verteidigung, nachdem Europa nun wirklich selbst für seine Sicherheit sorgen muss. Die Trump-Regierung in den USA ist da unmissverständlich.

Ausgaben neuer Dimension

Auf die neue Bundesregierung kommen mit den großen Aufgaben damit auch enorme Ausgaben zu. Es geht um dreistellige Milliardenbeträge. Schon wird diskutiert, ob der alte Bundestag womöglich noch die Schuldenbremse reformiert oder das Sondervermögen für die Bundeswehr verdoppelt. Im neu gewählten Bundestag, der sich in der letzten Woche im März konstituieren wird, kommen AfD und Linke auf etwas mehr als ein Drittel der Stimmen. Mit dieser Sperrminorität können sie Grundgesetzänderungen blockieren. Die Linke hat dies schon angedeutet. Sie setzt sich für Abrüstung ein. Aufrüstung wird sie nicht unterstützen.

Eine Reform der komplexen Schuldenbremse in der Finanzverfassung ist in so kurzer Zeit unwahrscheinlich. Bislang gibt es zwar zahlreiche Vorschläge, aber kein Konzept. Das Sondervermögen Bundeswehr im Abschnitt Verteidigung, also an ganz anderer Stelle im Grundgesetz, ließe sich recht einfach ändern. Das Konstrukt steht. Nur der Betrag müsste erhöht werden. In beiden Fällen einer Grundgesetzänderung wäre ein Gesetzgebungsverfahren bis hin zum Bundesrat nötig. Sollte sich die neue Regierung auf diese Weise finanziellen Spielraum verschaffen, wäre es womöglich effizient. Die Union allerdings, die auf finanzielle Klarheit und einen Kassensturz pocht, um den ausstehenden Haushalt für das laufende Jahr aufzustellen, bekäme ein Glaubwürdigkeitsproblem. Lösungen primär durch neue Schulden hat sie bislang abgelehnt. Den Demokratie-Zweiflern gäbe ein Hauruckverfahren neue Nahrung, wenn ein abgewählter Bundestag Finanzentscheidungen dieser Dimension treffen würde.

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