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Orlopps schwache Argumente

Jetzt warnt auch Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp vor den Avancen von Unicredit. Überzeugend sind die meisten ihrer Argumente nicht.

Orlopps schwache Argumente

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Schwache
Argumente

Von Anna Sleegers

Das Bollwerk der Stakeholder steht. Nach den Arbeitnehmervertretern, einzelnen Kunden und der Bundesregierung hat jetzt auch die neue Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp durchblicken lassen, dass sie wenig von einer Übernahme durch Unicredit hält. „Nur weil ein Zusammenschluss auf dem Papier gut aussieht, heißt das noch lange nicht, dass er auch gut umgesetzt wird und am Ende erfolgreich sein und Wert für unsere Aktionäre schaffen kann“, sagte sie dem „Handelsblatt“.

Eigenständigkeit ist kein Selbstzweck

Selbstredend verspricht Orlopp ein etwaiges Angebot, professionell zu prüfen. Schließlich ist der Vorstand den Interessen der Gesellschaft und ihrer Eigentümer verpflichtet. Letzteren kann es nicht daran gelegen sein, dass der Vorstand eine Offerte vom Tisch fegt, weil er die Eigenständigkeit der Commerzbank priorisiert.

Unsicherheit bei den Highpotentials droht

Es spricht für Orlopp, dass sie sich Sorgen um die Fliehkraft macht, die das im Raum stehende Übernahmeangebot auslösen könnte. Die Perspektive, dass die Commerzbank bald wie die HVB nur noch ein Anhängsel der Mailänder Zentrale sein könnte, ist weder für den Finanzplatz noch für die Belegschaft erfreulich. Alle übrigen Argumente der früheren McKinsey-Managerin überzeugen dagegen nicht.

Technologische Umbrüche erfordern Größe

So ist die Integration zweier großer Banken gewiss kein leichtes Unterfangen, wie Orlopp unter Berufung auf die Erfahrungen aus der Übernahme der Dresdner Bank betont. Dass dies zu einem „Stillstand“ führen muss, den man sich in dieser von technologischen Umbrüchen und intensiven Wettbewerb geprägten Zeit nicht leisten könne, ist jedoch eine steile These. Tatsächlich braucht es ja gerade Skaleneffekte und Kapitalstärke, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Und Unicredit hat bereits bewiesen, dass sie Integration kann - sogar jenseits der nationalen Grenzen.

Kein Heimatmarkt für zwei private Großbanken

Das populäre Narrativ, dass Deutschland zwingend zwei große international tätige Banken braucht, ist im Binnenmarkt Europa mit Vorsicht zu genießen. Tatsächlich wird umgekehrt ein Schuh draus. Das Festhalten am Drei-Säulen-Modell sorgt dafür, dass Deutschland auf Dauer keinen ausreichend starken Heimatmarkt für zwei private Großbanken bietet.

Orlopps Entgegnung auf die Übernahmepläne aus Mailand überzeugt nicht.

Der Markt weiß das auch, wie das trotz geglückter Sanierung desaströse Kurs-Buchwert-Verhältnis der Commerzbank zeigt. Dem sollte sich die Bundesregierung stellen. Als Investorin liegt eine unvoreingenommene Prüfung des Vorhabens in ihrem Interesse. Will sie einen Verkauf an die Italiener verhindern, hätte sie aufstocken müssen statt zu verkaufen. Das Drei-Säulen-Modell hochzuhalten und zugleich starke Privatbanken zu fordern, kann derweil nicht gelingen.

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