Rente im Licht der Ampel
Es sind zwei Absätze oder gut 220 Worte, in denen es im Koalitionsvertrag der Ampelregierung um die eher grundlegenden Reformen der Rentenversicherung geht. Insgesamt zählt der Koalitionsvertrag 51000 Worte und gemessen daran spielt die Altersvorsorge eine kleine Rolle. Denn in den zwei Absätzen geht es nicht nur um die Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch um den Umbau der betrieblichen Altersvorsorge sowie neue Strukturen der privaten Vorsorge. Auf diesen drei Säulen fußt die Altersvorsorge in Deutschland und sie sind alle grundverschieden und hochkomplex.
Schon im Wahlkampf und in den Programmen der drei Parteien wurde der Altersvorsorge keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Dort ging es allerdings etwas plakativer zur Sache, mit deutlichen Formulierungen. Demgegenüber bleiben die Aussagen im Koalitionsvertrag meist vage. Zu konkreten Vorhaben mochten sich die Koalitionäre nur selten durchringen, zum Teil geht es nur darum, bestimmte Dinge auf den Prüfstand zu stellen. Das ist bei dem wichtigen Thema, das über Jahren weg eine enorme Dynamik entfaltet, überraschend wenig.
In dem wichtigsten Element der deutschen Altersvorsorge, der gesetzlichen Rentenversicherung, hat man sich darauf verständigt, einen kleinen Teil für einen wohl aktienbasierten Fonds zur Verfügung zu stellen. Konkret geht es darum, 10 Mrd. Euro der Rentenversicherung zusätzlich zu überlassen, die das Geld dann reguliert am Kapitalmarkt anlegen soll. 10 Mrd. zu den schon jetzt rund 75 Mrd. Bundeszuschuss bei einem Gesamtvolumen der gesetzlichen Rentenversicherung von etwa 340 Mrd. Euro sind kein Tropfen auf den heißen Stein. Doch hat dieser Ansatz wenig mit dem viel gelobten schwedischen Modell zu tun, bei dem 2,5% des Beitrags der Versicherten in einen solchen Fonds fließen. Würde man das auch hierzulande machen, dann würde das Geld für die Rentenzahlungen fehlen. Es erweckt den Anschein, als ob die kapitalgedeckte Unterstützung der gesetzlichen Rente auf Dauer oder zumindest übergangsweise aus zusätzlichen Bundesmitteln bezahlt wird. Ein teures Vergnügen – und kein Hinweis auf eine Systemänderung. Eine Verfahrensweise wie in Schweden wird nicht einmal erwähnt.
Das Thema Kapitalmärkte, und damit sind vermutlich Aktien gemeint, zieht sich auch durch die Ideen zur zweiten und dritten Säule. So soll die betriebliche Altersvorsorge geöffnet werden, damit die Beteiligten auch renditestarke Anlagemöglichkeiten wählen können. Das war’s dann auch weitgehend an dieser Stelle und somit wirken die Pläne für die zweite Säule relativ bescheiden.
Im Vorfeld hatten sich die Grünen und die SPD klar gegen eine Fortsetzung der Riester-Rente ausgesprochen, nach dem Motto „Riester muss weg“. Nur die FDP wollte an Riester in Verbindung mit weiteren Elementen der privaten Vorsorge festhalten. Durchgesetzt haben sich offensichtlich die Liberalen, denn die Riester-Rente lebt im Koalitionsvertrag weiter und soll, ebenso wie die betriebliche Altersvorsorge, ergänzt werden um Angebote, die mehr Ertrag bringen. Kein Wort dazu, dass Riester auch wegen der Garantie ein Renditeproblem hat, und auch nichts zum komplizierten Zulageverfahren. Die überbordende Riester-Bürokratie, die von den Anbietern oft angeprangert wurde, soll also laut Koalitionsvertrag nicht angepackt werden. Angedacht sind indes zusätzliche Auswahlmöglichkeiten in der geförderten privaten Altersvorsorge. Es geht zu Beispiel um einen öffentlich verwalteten Fonds, der effektiv und kostengünstig investieren soll. Unterm Strich heißt das: Neben den bestehenden Riesterangeboten (von denen es mittlerweile immer weniger gibt), sind zum zweiten neue private Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riester-Rente angedacht und drittens ist nun der von Grünen und SPD so sehr herbeigewünschte staatliche Vorsorgefonds im Vertrag mit einem Satz bedacht. Wohlbemerkt: Erstmal geht es ums Prüfen.
Die dynamische Entwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung ist bekannt. Der Bundeszuschuss wird auch ohne die zusätzlichen 10 Mrd. Euro steigen. Schon heute schießt der Staat ein Viertel ein. Die finanziellen Risiken, auch im Bereich der zweiten und dritten Säule, wären ein Grund gewesen, das Thema ausführlicher zu behandeln. In der Summe finden sich im Koalitionsvertrag nur im Ansatz brauchbare Konzepte. So wird die Altersvorsorge bleiben, was sie ist: eine Dauerbaustelle.