Sparkassen im Krypto-Konflikt
DSGV
Sparkassen im Krypto-Konflikt
Von Björn Godenrath
Die Sparkassen winden sich. Aber Bitcoin wird nicht verschwinden. Es ist ratsam, den Kundenwunsch zu erfüllen.
Ende 2022 waren sich die im DSGV verbundenen Sparkassen noch sicher und fassten den Grundsatzbeschluss, ihren Mitgliedsinstituten zu empfehlen, auf den Handel von Kryptowährungen zu verzichten. Es sei die Aufgabe von Sparkassen, ihre Kunden „vor unkalkulierbaren Risiken zu schützen“, hieß es mit Bezug auf die seinerzeit von 60.000 auf 20.000 Dollar runtergekrachte Bitcoin-Notiz. Zwar gab es durchaus Krypto-Befürworter, und ein Projekt dazu war längst aufgesetzt, aber die Bedenkenträger waren in der Mehrzahl und setzten sich im DSGV-Gesamtvorstand durch.
Die Krypto-Welt sieht heute anders aus
Rund anderthalb Jahre später wird dieser Entschluss nun hinterfragt – und das ist gut so. Denn den Primärinstituten ist von ihren Retailkunden ein gesteigertes Interesse am Kryptohandel demonstriert worden, das man besser bedienen sollte. Mit dem Wahlsieg von Donald Trump ist Bitcoin über 100.000 Dollar katapultiert worden, was typischerweise bei vielen, die nicht investiert sind, für Verdruss sorgt. Solch eine Gelegenheit will man nicht noch mal verpassen. Und da sich in Europa zum Jahreswechsel mit Inkrafttreten der Micar ein reguliertes Umfeld ergibt, sollten auch die Bedenken der Krypto-Skeptiker ein Stück weit zerstreut werden können.
In fremde Depots fließende Gelder sollten als Alarmzeichen wahrgenommen werden
Ein Teil der Kunden hat sich sowieso schon vom Verdikt des DSGV losgesagt und investiert kurzerhand über andere Anbieter wie Scalable Capital, Trade Republic oder Bitpanda in Krypto. Dieses in fremde Depots fließenden Volumen schätzten die Sparkassen schon vor drei Jahren auf mehr als 2 Mrd. Euro, was inzwischen ein Vielfaches sein dürfte. Der Handlungsdruck steigt, diese Gelder im Sparkassensektor zu halten. Denn wer erst mal Gefallen gefunden hat an Neobrokern, die ihr Banking aufbauen, der könnte auch geneigt sein, den kompletten Depotübertrag zu machen und dann auch noch das Gehaltskonto dort anzusiedeln. Trade Republic und Bitpanda sind mit zusammen rund 10 Millionen Kunden Publikumsmagneten – und die Sparkassen sollten sich der Gefahr bewusst sein, dass da etwas ins Rutschen kommen kann.
Die Kreditgenossen als Versuchskaninchen für die Sparkassen
Umso mehr schmerzt es, mit anzusehen, wie die Sparkassen sich winden in ihrem Krypto-Konflikt. Als der DSGV Anfang Dezember zusammentrat, konnten sich die Delegierten nur dazu durchringen, einen Arbeitsauftrag zu erteilen. Nun wird ausgelotet, wie das Stimmungsbild ist, was ein wenig überflüssig erscheint, sollten die Haltungen doch längst ausgetauscht sein. Als Feigenblatt für die Abwartehaltung dient die Aufnahme des Kryptohandels im genossenschaftlichen Sektor. Das wird über die DZ Bank bewerkstelligt, die auf Dienste der Börse Stuttgart zurückgreift. Und die Sparkassen möchten wohl sehen, ob es irgendwelche Pannen gibt und wie Kunden damit umgehen, wenn sie auf Verlusten sitzen sollten.
Bitcoin für viele ein Buy-and-Hold-Asset
Eine gewisse Rückschlaggefahr im Kryptomarkt lässt sich ja nicht leugnen: Was rasant nach oben geschnellt ist, kommt genauso schnell wieder runter. Timing ist wichtig für den Einstieg – und auch wenn sich die Finanzverbände mit ihrem Kryptohandel an Selbstentscheider wenden, so wären sie doch mit dem Furor frustrierter Anleger konfrontiert, deren Depot rote Zahlen zeigt. Das muss man aushalten können. Solange man aber keine Memecoins ohne Geschäftsmodell ins Trading bringt, ist alles in Ordnung. Denn Kryptowertpapiere werden nun analog zu Aktien gehandelt und bergen ähnliche Chancen und Verlustrisiken – wenn auch ausgeprägter in der Amplitude. Und Bitcoin wird von vielen als Buy-and-Hold-Asset betrachtet, das als Inflationsschutz wie Gold gehortet wird. Das ist dann die langfristige Anlegerperspektive.
Wie soll das Angebot aussehen?
Sollten die Delegierten im DSGV im Frühsommer die Daumen heben für einen Kryptohandel, wäre noch die Frage zu klären, über welche Infrastruktur das laufen soll. DekaBank und S-Broker ständen bereit, man bräuchte aber noch einen Marketmaker. Alternativ könnte man über die DWP Bank gehen. Das hat einen gewissen Charme, sollten die Primärinstitute doch schon über eine Schnittstelle verfügen. Und jede Sparkasse für sich könnte das Trading-Angebot integrieren, was sie als angemessen betrachtet. Viel mehr Sparkasse geht eigentlich gar nicht.