Spektakuläres Wagnis
Der geplante Börsengang des Sportwagenbauers Porsche in diesem Herbst könnte der größte in Deutschland seit dem Telekom-IPO 1996 werden. Bei einer in Finanzkreisen kolportierten Bewertung der Stuttgarter Edelmarke von 60 bis 80 Mrd. Euro steht im Zuge der in wenigen Wochen angestrebten Platzierung von 25% der Vorzugsaktien an der Frankfurter Börse ein Emissionsvolumen von bis zu 10 Mrd. Euro im Raum. Ein spektakuläres Unterfangen in einem gar nicht günstigen Umfeld.
Der Krieg in der Ukraine, Energiekrise, hohe Inflation und die andauernden Schwierigkeiten in den Lieferketten deuten auf eine mögliche Rezession hin. Zentralbanken versuchen, dem Auftrieb bei den Preissteigerungsraten mit Zinserhöhungen zu begegnen. Damit werden Aussichten für das Wirtschaftswachstum gedämpft. Zugleich werden Investitionen in Anleihen interessanter. Der Rückgang an den Aktienmärkten in den vergangenen Wochen und die Flaute am IPO-Markt zeigen an: Die Stimmung ist fragil, die Zahl der risikobereiten Investoren aktuell nicht allzu hoch.
Dennoch hat der Volkswagen-Aufsichtsrat dem Beschluss des Vorstands für den Porsche-Börsengang Ende September oder Anfang Oktober zugestimmt. Es ist davon auszugehen, dass die Wahrscheinlichkeit in Wolfsburg als hoch eingeschätzt wird, mit dem hochprofitablen „Asset“ Porsche, das sich auch in Krisenzeiten als robust erwiesen hat, einen Preis zu erzielen, der oberhalb der Schmerzgrenze liegt. Darauf dürften Gespräche mit potenziellen Investoren schließen lassen. Wobei auch an dieser Stelle die speziellen Governance-Strukturen bei und um Volkswagen herum ins Spiel kommen.
So muss einerseits VW an einem möglichst hohen Platzierungspreis für die Porsche-Vorzüge interessiert sein, zumal dieser auch maßgeblich ist für den geplanten Verkauf eines Pakets von 25% plus einer Aktie der stimmberechtigten Stammaktien an die Porsche Automobil Holding SE, über die die Familie Porsche/Piëch die Stimmrechtsmehrheit bei VW hält. Die Erlöse aus der Transaktion sollen dazu dienen, für mehr Tempo und finanzielle Flexibilität des Konzerns beim Umbau in Richtung Elektromobilität und Digitalisierung zu sorgen. Die Holding andererseits, die den Kauf der Stammaktien zu finanzieren hat, kann kein Interesse an einem hohen Preis haben.
Hier werden nicht nur virulente Interessenkonflikte und Risiken möglicher Aktionärsklagen sichtbar, da Vertreter der Eigentümerfamilie zugleich den Aufsichtsräten der Holding wie des Konzerns angehören und Vertreter der VW-Führung im Management der Porsche SE aktiv sind. Die Bewertung tangiert auch Perspektiven der Werte an der Börse. Ein niedriger Preis für den Sportwagenbauer wäre beispielsweise vorteilhaft für die Holding, die sich für den Kauf der Stammaktien weniger verschulden müsste. Ein höherer Preis wiederum könnte das VW-Papier aufgrund der Sonderdividende, die bei dem IPO in Aussicht steht, sowie der Wertkristallisierung des Unternehmens interessant erscheinen lassen. Ein höherer Preis würde zudem Zuversicht der Anleger für das Geschäft des Sportwagenbauers belegen.
Solche Erwägungen müssen sich jedoch erst bewahrheiten. Voraussetzung dafür wäre, dass die Börsenpläne für Porsche nun auch zum Zuge kommen.