Nachhaltige Anlage

Sustainability weist den Weg

Das Thema Sustainability weist den Finanzmärkten in den nächsten Jahren den Weg. Ganz unproblematisch wird der Umwälzungsprozess aber nicht.

Sustainability weist den Weg

Ein Thema wird an den Finanzmärkten in den nächsten Jahren richtungsweisend sein, und das ist Sustainability. Die Aktien- und Bondmärkte und mithin die involvierten Akteure werden sich grün, sozial und damit in der Definition der International Capital Market Association (ICMA) nachhaltig ausrichten. Daran führt kein Weg mehr vorbei, und diese allzu notwendige Ausrichtung von Märkten wird sich nicht mehr wegdiskutieren lassen. Drei Gründe sprechen für diesen klaren Trend.

Erstens: Klima- und Um­weltschutz sind in dieser und in den kommenden Generationen zweifelsohne notwendig. Staaten, Unternehmen, die Gesellschaft und mithin die Politik sind aufgerufen, das Pariser Klimaabkommen und die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (UN) einzuhalten. Dies darf nicht nur bei Lippenbekenntnissen bleiben, sondern es erfordert auch gewaltige Kraftanstrengungen in Form von Projekten. Damit verbunden sind erhebliche Investitionserfordernisse. Sie werden über grüne, soziale, nachhaltige und nachhaltigkeitsgebundene Anleihen in der Phase des Übergangs hin zu einer nachhaltigen Kapitalmarktwelt realisiert. Gerade diese Phase des Übergangs ist besonders wichtig, werden hier doch die Weichen für die Zukunft gestellt, entscheidende Projekte und der Transformationsprozess für alle Beteiligten gestartet und damit der Grundstein für eine nachhaltige Welt gelegt. Kaum einer wird die Wichtigkeit und damit die Relevanz dieses Themas noch in Frage stellen wollen, schließlich geht es um die Zukunft aller.

Zweitens: Die Covid-19-Krise hat bei all ihrem menschlichen Leid und ihrer Tragödie allen Beteiligten eines vor Augen geführt: Das Thema Green, Social und Sustainability wird in der Politik, der Wirtschaft und in der Gesellschaft nun noch höher gewichtet, als es zuvor ohnehin schon der Fall war. Die positiven Klimaveränderungen während der Zeiten der Lockdowns haben anschaulich demonstriert, warum eine grünere und nachhaltigere Produktion wichtig ist. Firmen haben in der Pandemie erkannt, wie wichtig der soziale Aspekt in ihrem Produktionsalltag ist. Wer will denn heute allen Ernstes annehmen, dass es nach dieser Pandemie eine einfache Rückkehr zum damaligen Status quo auf der Basis von November 2019 geben wird, als das Virus ausbrach? Mobiles Arbeiten, Digitalisierung und ein verändertes Wohn-/Arbeitsgefüge und damit einhergehend neue Priorisierungen im privaten und auch beruflichen Leben lassen sich doch nicht mehr von heute auf morgen rückgängig machen. Damit sind Investitionen verbunden. Unternehmen werden künftig mehr auf den Aspekt Soziales achten müssen. Sie werden von Anteilseignern, Kreditgebern, Mitarbeitern und Ratingagenturen dahingehend immer wieder aufgefordert und letztendlich auch überprüft werden. Die To-do-Liste ist für viele Beteiligte noch lang. Ohne Frage: Dieser Prozess hätte ohnehin eingesetzt, aber die Krise hat das Thema bzw. seine Dringlichkeit nochmals weiter oben auf der Agenda positioniert. Das ist der positive Aspekt dieser Krise, wenn man denn bei einer Krise, die mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen und auch mit Tod einhergeht, überhaupt von positiven Aspekten sprechen kann.

Drittens: Sustainability wird aber auch aus einer bestimmten Furcht heraus ein Thema für die Finanzmärkte sein. Zu befürchten sind Fälle von Greenwashing-Skandalen. In der Phase des Übergangs werden große, namhafte Vertreter aus den Reihen der Banken, Assetmanager, Versicherer, Industrieunternehmen, Staaten etc. keine Probleme haben, sich grün, sozial und nachhaltig auszurichten. Sie haben auch das notwendige Kapital dafür oder die Kraft und Bonität, sich dieses an den Märkten zu besorgen. Sie können damit entsprechende Produkte für Kapitalanleger bereitstellen und den Nachweis führen, dass die Gelder grünen, sozialen oder nachhaltigen Verwendungszwecken zugeführt werden. Aber es findet auch ein Selektionsprozess statt. Kleinere und mittlere Anbieter von Kapitalmarktprodukten bzw. Unternehmen etc. werden vielleicht nicht immer damit Schritt halten können. Es wird nicht nur zu gestrandeten Assets kommen, sondern auch zu gestrandeten Adressen. Viele werden sich dagegen wehren – verständlicherweise. Und damit nimmt die Gefahr von Greenwashing-Skandalen zu, was an den Märkten ein Thema sein wird. Gefragt sind in diesem Zusammenhang auch die Medien. Sie müssen genau hinschauen, ob es ein Skandal ist oder eben nicht. Ihre Verantwortung ist groß. Denn die Frage ist auch immer, ob es tatsächlich ein Skandal ist oder ob vielleicht auch nur jemand ein Interesse an einem Skandal hat, wie es vor gut zwei Jahren Andreas Utermann, seinerzeit Chefanleger von Allianz Global Investors, in dieser Zeitung formuliert hat.