Trading-Boom blendet US-Banken hinsichtlich ihrer Risiken
US-Banken
Pump and Trump
Von Alex Wehnert
Washingtons Zoll-Chaos schiebt Trading-Erlöse der Wall Street an. Dies blendet US-Banken jedoch hinsichtlich
der Gefahren,
die ihnen drohen.
Die starke Performance ihrer Aktienhändler droht Amerikas Großbanken über die materiellen Risiken hinwegzutäuschen, vor die sie das Washingtoner Zollchaos stellt. Zwar fassen die Köpfe des Sektors wie Jamie Dimon, Vorstandschef von J.P. Morgan, öffentlich die Gefahr einer Rezession ins Auge. David Solomon, CEO von Goldman Sachs, warnt vor einem „materiellen Risiko“ für die Wirtschaft. Das Umfeld im Investment Banking habe sich daher „eingetrübt“. Doch die unmittelbaren Gefahren für die Kredit- und Anleiheportfolios der Finanzinstitute kommen selbst in den Unkenrufen der beiden wohl schillerndsten US-Bankchefs zu kurz.
Sonderstatus gerät ins Wanken
Denn während der von US-Präsident Donald Trump losgetretene Handelskrieg die Marktvolatilität antreibt und damit die Trading-Erlöse der Geldhäuser aufpumpt, dürfte er ein lang anhaltendes Dumping von Dollar-Assets zur Folge haben. Solomon stellt richtig fest, dass die Tiefe und Liquidität des US-Kapitalmarkts das ausschlaggebende Argument ist, um ausländische Unternehmen an die Wall Street zu locken. Doch der CEO müsste weiter gehen: Der Sonderstatus der USA bescherte bisher auch amerikanischen Firmen einen Investorenzulauf, die in anderen Weltregionen sicher größere Finanzierungsprobleme hätten – dieser Vorteil gerät nun ins Wanken.
Wie tödlich die Abwertungsstrategie von Trumps Wirtschaftsberatern für den Greenback ist, zeigt sich bereits: Die resultierenden Turbulenzen versperren US-Unternehmensschuldnern der niedrigsten Bonität seit Wochen jeglichen Marktzugang. Dies ist umso bedenklicher, da sich noch ein gewaltiger Refinanzierungsbedarf auftürmt. Laut dem Analysedienst Debtwire werden in den nächsten beiden Jahren jeweils Ramschanleihen im Umfang von 160 Mrd. Dollar fällig, 2028 und 2029 müssen Schuldner Junk Bonds im Volumen von 229 bzw. 307 Mrd. Dollar ablösen oder refinanzieren. Mit der aktuellen Investorennachfrage sind solche Volumina keineswegs zu stemmen.
Sprung der Zahlungsausfälle droht
Dass selbst bei gelungenen Refinanzierungen ein Sprung der Zahlungsverzüge und -Ausfälle bevorsteht, ist wohl ausgemachte Sache. Denn die Furcht vor neuen Inflationssprüngen bindet der Fed hinsichtlich neuer Zinssenkungen die Hände – und angespannte finanzielle Konditionen treffen die schwächsten Schuldner im Markt am härtesten. Von höheren Zinserträgen auf dem Papier können sich die Banken bei einer anhaltend restriktiven Geldpolitik wenig kaufen, wenn die Volumina ihrer Kreditabschreibungen ins Kraut schießen.
Neben der abnehmenden Assetqualität im Anleihemarkt droht auch das Privatkundengeschäft Probleme zu machen. Die in Corona-Zeiten angehäuften Ersparnisse der Haushalte sind längst aufgebraucht, die Wirtschaftsstütze Konsum ist ohnehin auf Pump finanziert. Neuerliche Anstiege der Teuerung erschweren Verbrauchern die Rückzahlung von Automobilkrediten und Kartenschulden. Doch die US-Großbanken reagieren auf die wachsenden Gefahren bisher mitnichten mit einem bedeutenden Ausbau ihrer Risikovorsorge. Citigroup stellte im ersten Quartal 14% weniger für faule Kredite zurück als im Vorjahreszeitraum.
Allzu optimistische Töne
Gerade Bank of America schlägt allzu optimistische Töne an. Die Ökonomen seines Hauses erwarteten derzeit keine Rezession, betont CFO Alistair Borthwick unter Verweis auf den „offensichtlich gesunden“ Arbeitsmarkt und die Widerstandsfähigkeit des Konsums. Dass es sich dabei um Momentaufnahmen handelt und Trumps merkantilistische Politik die Voraussetzungen verändert, ignoriert der Finanzchef des zweitgrößten US-Geldhauses geflissentlich. Goldman-Chef Solomon zeigt sich derweil erleichtert darüber, dass Trump mit der 90-tägigen Aussetzung von reziproken Zöllen die Tür für Verhandlungslösungen im globalen Handelskrieg geöffnet hat. Doch beweist Trump mit seinem erratischen Vorgehen jeden Tag aufs Neue, dass die Wall Street nicht mit ihm planen kann. Statt naiven Hoffnungen stünden Amerikas Finanzinstituten ein unerschrockener Blick nach vorn und eine klare Kommunikation an Investoren gut zu Gesicht. Sonst droht nach dem Trump-Pump für die Trading-Erlöse der Wall Street der große Dump bei Bankaktien.