Kryptogeschäft

Verbot oder Compliance

Die Aufseher wollen endlich klare Regeln für das Kryptogeschäft schaffen. Wer sich künftig nicht compliant verhält, der kassiert Verbote.

Verbot oder Compliance

Als Scott Kupor am Montag vor dem Finanzausschuss des US-Repräsentantenhauses Auskunft gab zur Regulierung von Kryptoassets, da legte er den Finger in die Wunde. Die SEC habe es versäumt, klare Regeln zu formulieren, wie Token im Rahmen bestehender Vorschriften für die Wertpapiermärkte zu behandeln seien, so der Managing Partner von Andreessen Horowitz. Entstanden sei eine Grauzone, in der es nicht gelungen sei, zwischen innovationsgetriebenen Ge­schäftsmodellen und Abzockern zu differenzieren, bemängelt er die Marktkontrolle im Nachgang zum geplatzten ICO-Boom von 2017.

Dabei ist längst klar, dass jeder Token als Wertpapier anfängt und mit Aufnahme des Handels ein Finanzinstrument darstellt, das im Sinne des Anlegerschutzes behandelt werden muss. Leider hatte die SEC erst Ende Dezember 2020 den Mumm, diese Prospektpflicht auch auf dem juristischen Weg klarzustellen, als eine Klage gegen Rip­ple angestrengt wurde. Die waren und sind der Ansicht, dass sie Aufseher und Investoren für dumm verkaufen könnten.

Damit ist nun Schluss, haben die USA und China doch nun den „crackdown on crypto“ verkündet. Den Anfang machte die SEC am 11. Mai mit einer Warnung an US-registrierte Fonds, die über Offshore Exchanges in Futures-Produkte mit Schuldenhebel investieren. Daran anknüpfend wurde bekannt, dass die Steuerbehörde IRS und das Justizministerium der Handelsplattform Binance erneut auf die Finger klopfen – die sind überall ein bisschen registriert, aber nirgendwo so richtig, um sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen. Dann kam das für Banklizenzen zuständige und bislang kryptofreundliche OCC und kündigte an, die komplette Kryptoasset-Regulierung einem Review zu unterziehen. Und schließlich stieg auch die Federal Reserve in die Bütt und stellte klar, dass der Betrieb einer Plattform zur Emission von Stablecoins einer Banklizenz bedarf.

Der Bedarf zur Regulierung solcher Plattformen ist mit steigendem Volumen zwingender geworden – und spätestens seit Tether kürzlich ihre Commercial-Paper-verseuchten Re­serven offenlegte, sehen sich die US-Aufseher endlich veranlasst, dafür einen Rechtsrahmen mit verbindlichem Audit zu schaffen. Man musste sich ja schon lange die Augen reiben, wie lange Fed und SEC es bei zahnlosen Warnungen beließen. Wobei die Schaffung eines Rechtsrahmens eine gute Nachricht darstellt für auf Compliance bedachte Marktteilnehmer wie Circle, die gerne ein Lizenzticket lösen werden und keine Probleme haben, dafür ihre Investoren anzuzapfen. Ganz im Gegenteil: Gründer und Investoren lechzen nach Regulierung, die Innovation ermöglicht und Rechtssicherheit für Investments und Handel von Kryptoassets bietet.

Sich da vernünftig zu positionieren, ist längst auf die Agenda des Finanzplatz-Marketing gerückt – es ist nur so, dass die Mühlen des Gesetzgebers frustrierend langsam mahlen. Europa hatte dafür schon 2018 die Regulation on Markets in Crypto-Assets (Mica) auf den Weg gebracht, die bis 2024 in ein harmonisiertes Lizenzregime mündet. Darin wird geregelt, was nicht im Rahmen von Mifid-Ergänzungen zu beschreiben ist. Bis dahin liegt es beim nationalen Gesetzgeber, was in Deutschland mit der Definition von Kryptowerten sowie dem Gesetz zum elektronischen Wertpapier bedient wird. Europa steht mit Deutschland und Frankreich an der Spitze besser da als die USA, die ihren föderalen Flickenteppich nicht in den Griff kriegen.

Bleibt noch das Kryptowunderland China, das bislang gut die Hälfte der Bitcoin-Hashrate im Mining auf sich vereint. Dort sieht sich die Parteiführung nicht zum ersten Mal veranlasst, auf Beschränkungen zu dringen – mit dem Unterschied, dass es dieses Mal ernst ist, da China unter Druck steht, die Schadstoffemissionen zu begrenzen. Dafür werden die Miner nun aus den kohlelastigen Regionen in Provinzen mit hohem Wasserkraft-Anteil gedrängt. Diese Migration findet zur Regenzeit sowieso statt – aber nun dürfte sich das Mining stärker auf die USA verlagern, wo erste Bundesstaaten mit regenerativer Energie und Steueranreizen locken: Denn lokaler Bitcoin-Besitz verheißt Reichtum und Gewerbesteuereinnahmen.

Wer das „Greening of Bitcoin“ voranbringen will, der sollte auf den Betrieb des kompletten Netzwerkes blicken. Denn es findet ja nachgelagert der Konsensus-Algorithmus zum Eintragen der Transaktionen auf die Blockchain statt. Und wer damit Bauchschmerzen hat, darf gerne mal hinterfragen, wie schmutzig eigentlich das Rechenzentrum ist, das seine Internetverbindung speist. Auf Doppelmoral können wir in der Klimadiskussion verzichten.