Energiewende-Finanzierung in der Doppelrolle
Seit etwa anderthalb Jahren hat Thomas Engelmann beruflich zwei Hüte auf. Der Vermögensverwalter KGAL, bei dem Engelmann seit Sommer 2020 das Energy Transition Team leitet, hat das Mandat als Investment Manager des Power-to-X Entwicklungsfonds (PtX) der KfW übernommen. Engelmann ist daher nun auch Geschäftsführer der Gesellschaft, die hinter dem PtX-Entwicklungsfonds steht. Der rund 270 Mill. Euro schwere Fonds soll Wasserstoffprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern fördern. Bei den Mitteln handelt es sich daher nicht um Investitionen, sondern um Zuschüsse.
Anders dagegen bei dem Vermögensverwalter KGAL, der insgesamt etwa 16 Mrd. Euro Assets under Management betreut. Rund 3,5 Mrd. Euro entfallen auf den Bereich Sustainable Infrastructure, der sich ebenfalls mit der Energiewende befasst. Diese Mittel werden klassisch investiert, die Renditeerwartungen sieht Engelmann im Schnitt bei etwa 12%. Dass er sich mit seinen zwei Perspektiven am Markt selbst begegnet, ist ausgeschlossen: „Der PtX-Development Fund investiert in sieben Ländern, in denen unser Fonds überhaupt nicht aktiv ist“, erklärt er im Podcast „Nachhaltiges Investieren“.
Wir hatten dann ein über 100-seitiges Anforderungsprofil zu studieren.
Thomas Engelmann über den Auswahlprozess für das PtX-Mandat
Der Auswahlprozess für das PtX-Mandat war intensiv. „Das Verfahren ist eines der interessantesten in meiner Laufzeit gewesen“, erinnert sich Engelmann. Das begann bei den Voraussetzungen: „Wir hatten dann ein über 100-seitiges Anforderungsprofil zu studieren.“ Eine Besonderheit: Die Bewerber mussten vorab die Schlüsselpersonen vorstellen, die sie in das Projekt entsenden wollen – und diese sollten mindestens zwei Jahre Arbeitserfahrung in Entwicklungsländern mitbringen. „Das ist natürlich für einen klassischen Assetmanager erst mal neu.“
Engelmann selbst konnte die Voraussetzungen aufgrund vorheriger beruflicher Stationen erfüllen. Bevor er bei KGAL und Allianz Global Investors in die Investorenbranche wechselte, war er mehr als zehn Jahre bei Siemens und Siemens Financial Services tätig. Während dieser Zeit betreute er Projekte in Pakistan, Indien, China und Südamerika, unter anderem kümmerte er sich um die Mitfinanzierung von Wasserkraftwerken.
Zuschüsse für die Energiewende
Auch wenn die Mittel des PtX-Entwicklungsfonds als Zuschüsse gewährt werden, sieht Engelmann zur Arbeit eines Investors deutliche Parallelen. „Wir analysieren die Projekte genauso, wie wir es auch als Investmentmanager machen würden.“ Anders als bei einer Investition stehe aber keine Rendite im Fokus, sondern Ziel sei es, eine ökologische und soziale Transformation in den Zielländern zu erreichen. Eine erste Förderung hat der PtX-Entwicklungsfonds im Oktober an ein Projekt in Ägypten vergeben. Zuvor waren 98 Bewerbungen aus sieben Ländern eingegangen. Weitere Runden sollen folgen.
Von der Sichtung des Projektvorschlags bis zur Bewilligung einer Förderung vergehen Engelmann zufolge neun bis zwölf Monate. Auch erneute Bewerbungen hätten dabei eine neue Chance, sagt Engelmann. Manche seien im ersten Durchgang einfach „im Reifegrad noch zu früh“ gewesen. „Sie sind vielleicht nächstes Jahr oder im nächsten Sommer schon in der Lage, in die engere Auswahl genommen zu werden.“
Das höchste Risiko, das wir in Europa haben, ist das politische Risiko.
Thomas Engelmann
In Summe will der Fonds ein Portfolio von sechs bis acht Projekten aufbauen. Die Förderungen würden dann jeweils um die 30 Mill. Euro liegen. Das ist auch aus wettbewerbsrechtlichen Gründen wichtig, betont Engelmann – schließlich handelt es sich um Fördergelder „Sie dürfen nicht zu wettbewerbsbeeinflussenden Maßnahmen kommen.“
Bei KGAL schaut Engelmann aus Investorenperspektive auf das Marktumfeld für Power-to-X. Der Fonds ist ein Artikel-9-Fonds gemäß EU-Taxonomie. Entscheidend für einen Erfolg der Energiewende ist aus Engelmanns Sicht die Nachfrageseite. „Ich kann nicht erkennen, dass die Technik nicht funktionieren wird“, sagt er. Doch jede Art von Investment in Energien wie grünen Wasserstoff, Solar oder Wind werde unter Druck kommen, „wenn wir es als Gesellschaft nicht schaffen, in den nächsten fünf Jahren CO2-neutrale Produkte in den Vordergrund zu bekommen.“ Hierzu wünscht er sich eine Stimulierung der Nachfrage auch von politischer Seite. „Das höchste Risiko, das wir in Europa haben, ist das politische Risiko.“