Leonardo-Chef Profumo will bei Konsolidierung mitreden
Von Gerhard Bläske, Mailand
Alessandro Profumo (64) ist einer der bekanntesten Manager Italiens. Als langjähriger CEO der Mailänder Großbank Unicredit (1997 bis 2010) fädelte er die Übernahme der deutschen HypoVereinsbank ein. Doch der gebürtige Genuese stand auch an der Spitze der Skandalbank Monte dei Paschi di Siena (MPS) und wurde für seine dortige Amtsführung erstinstanzlich wegen Bilanzfälschung und Marktmanipulationen zu einer Haftstrafe von sechs Monaten und einer Geldstrafe von 2,5 Mill. Euro verurteilt.
Seit 2017 steht Profumo an der Spitze des Rüstungs- und Luftfahrtkonzerns Leonardo (Finmeccanica). Zeitweise schien die Verurteilung sein Verbleiben als CEO zu gefährden. Doch die Verantwortlichen des zu 30% staatlichen Unternehmens haben ihm das Vertrauen ausgesprochen, und Profumo scheint wieder fester im Sattel zu sitzen.
So fest jedenfalls, dass er bei einer Anhörung im Abgeordnetenhaus in Rom selbstbewusst darüber räsoniert, dass Leonardo „Protagonist im internationalen Konsolidierungsprozess der Branche“ sein könnte. Das scheint angesichts eines Umsatzes von 13,4 Mrd. Euro und eines Nettogewinns von 243 Mill. Euro etwas verwegen zu sein. Denn Leonardo sitzt auf 3,3 Mrd. Euro Schulden, die bis 2025 abgebaut werden sollen, und musste kürzlich den Verkauf eines Minderheitsanteils an der US-Tochter DRS über die Börse mangels Interesse der Investoren abblasen.
Doch an Selbstbewusstsein hat es dem jüngsten von fünf Kindern einer Unternehmerfamilie, der seine Kindheit in Sizilien verbrachte, nie gemangelt. Nach dem Betriebswirtschaftsstudium an der Mailänder Eliteuniversität Bocconi hatte er seine Karriere einst bei der Beratungsfirma McKinsey begonnen. 1991 avancierte er zum Generaldirektor der Allianz-Tochter RAS.
Profumo ist bekannt für seinen eigenwilligen Führungsstil und dafür, seinen Willen durchzusetzen. Bereits mit 40 wurde er Unicredit-Chef und leitete die Internationalisierung der Bank ein. Nach seiner Entmachtung 2010 verließ er mit einer Abfindung von 38 Mill. Euro das Institut. Auch bei MPS ging er nach drei Jahren vorzeitig.
Bei Leonardo laufen die Hubschraubersparte, das Elektronikgeschäft und die Weltraumsparte gut. Sorgen bereitet die Sparte Flugzeugstrukturen. Leonardo produziert für Boeing und Airbus Flugzeugrümpfe. Bei der Konsolidierung zeigen viele Wege nach Deutschland. Leonardo hat kürzlich 25,1% am Rüstungselektronikkonzern Hensoldt übernommen. Und Rheinmetall-Chef Armin Papperger war im Frühjahr zu Gesprächen in Italien über eine engere Kooperation auch mit Leonardo.