Batterie-Start-up

Peter Carlsson tritt als Northvolt-CEO zurück

Der schwedische Batteriehersteller Northvolt muss sich einen neuen CEO suchen. Der Mitgründer und ehemalige Tesla-Manager Peter Carlsson tritt in dieser Rolle zurück. Das Start-up hat am Donnerstag Gläubigerschutz in den USA beantragt.

Peter Carlsson tritt als Northvolt-CEO zurück

Northvolt-CEO Carlsson nimmt seinen Hut

kro Frankfurt

Der finanziell angeschlagene schwedische Batteriehersteller Northvolt muss sich einen neuen CEO suchen. Der Mitgründer und ehemalige Tesla-Manager Peter Carlsson tritt in dieser Rolle zurück, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Er bleibe dem Start-up als Berater und Board-Mitglied erhalten.

Northvolt war in den vergangenen Monaten wegen Produktions- und Qualitätsproblemen und in der Folge durch wegbrechende Aufträge in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Darüber hinaus kam es zu mehreren Todesfällen und Unfällen in einer bereits im Betrieb befindlichen Fabrik im schwedischen Skellefteå. Im Juli hatte Carlsson in einem Interview mit der schwedischen Wirtschaftszeitung „Dagens industri“ eingeräumt, bei der Expansion des Unternehmens „etwas zu aggressiv“ vorgegangen zu sein.

Neben dem Stammwerk in Skellefteå war eine Fabrik in Göteborg geplant, die das Start-up in einem Joint Venture mit Volvo Cars errichten wollte. Ende Oktober hatte sich Volvo Cars die volle Kontrolle über das Joint Venture gesichert. Zudem wird derzeit im schleswig-holsteinischen Heide eine weitere Northvolt-Fabrik errichtet. Weitere Produktionseinheiten waren in Polen, Portugal und Kanada geplant.

Der "Elon Musk von Northvolt. Nur netter."

Peter Carlsson (54) hat Northvolt zusammen mit seinem früheren Tesla-Kollegen Paolo Cerruti im Jahr 2016 gegründet. Vorbild war ebenjener US-Elektroautobauer: „Ich hätte Northvolt nicht gegründet, wenn ich nicht durch seine Schule gegangen wäre“, sagte der Sohn einer Lehrerin und eines ehemaligen Scania-Managers aus Södertälje in einem Zeitungsinterview. Ein ehemaliger Geschäftspartner beschrieb Carlsson laut dem „Manager Magazin“ einmal als „der Elon Musk von Northvolt. Nur netter.“

Carlsson hat Wirtschaftswissenschaften studiert und kam nach Stationen beim Baumaterialienhersteller Kami, dem Telekommunikationskonzern Ericsson sowie dem Halbleiterhersteller NXP im Jahr 2011 zu Tesla. Dort war der Schwede zuständig für die Beschaffung und Logistik und hatte unter anderem dabei geholfen, eine Gigafactory in der Wüste von Nevada zu errichten.

Ende 2015 kündigte Carlsson seinen Job und wollte es nach der stressigen Zeit bei dem E-Autobauer eigentlich ruhiger angehen lassen. Ein Anruf von Carl-Erik Lagercrantz, dem CEO der schwedischen Beteiligungsgesellschaft Vargas durchkreuzte diese Pläne jedoch: Dem Finanzinvestor missfiel die asiatische Dominanz in der Batteriebranche. Kurze Zeit später kam es zur Gründung von Northvolt in Schweden, wo der Strom grün und günstig ist.

Carlsson, der passionierter Wintersportler ist, stieg mit dem Projekt zum wohl größten Hoffnungsträger für Europas Autoindustrie auf, die sich ebenfalls nach mehr Unabhängigkeit in der Batterieproduktion sehnte. Der nun zurückgetretene CEO hat bei Northvolt auf eine hohe Fertigungstiefe gesetzt, womit das Start-up – anders als etwa Tesla – auch das für Batterien benötigte Kathoden- und Anodenmaterial selbst produziert. Das Unternehmen ist zugleich im Batterierecycling aktiv.

Im September hatte Northvolt angekündigt, Tausende Mitarbeiter zu entlassen. Mit seinen Investoren, zu denen unter anderem Volkswagen (21%), Goldman Sachs (19%), BMW und Siemens und gehören, hat das Start-up monatelang vergeblich über ein Rettungspaket verhandelt. Die schwedische Regierung hatte ihrerseits zuletzt erklärt, keine Anteile an Northvolt übernehmen zu wollen.

Am Donnerstagabend hat Northvolt in den USA schließlich Gläubigerschutz beantragt. Gemäß Chapter 11 wurde dabei ein Restrukturierungsverfahren des US-Insolvenzrechts angemeldet, womit sich das Start-up vor Forderungen der Gläubiger schützen will. Das Verfahren ermöglicht es dem Unternehmen, den Betrieb fortzusetzen. Die Restrukturierung soll den Angaben zufolge bis zum ersten Quartal 2025 abgeschlossen sein.

Northvolt gilt als das am besten finanzierte Start-up in Europa und hat über 10 Mrd. Dollar an Eigen- und Fremdkapital sowie öffentlichen Förderungen erhalten. Es galt auch lange als Börsenkandidat.

Suche nach Nachfolger läuft

„Mit dem heutigen Tag beginnt sowohl für Northvolt als auch für mich persönlich eine wichtige neue Phase“, sagte Carlsson. „Der Antrag nach Chapter 11 ermöglicht einen Zeitraum, in dem das Unternehmen reorganisiert werden kann und den Betrieb hochfahren kann, während Verpflichtungen gegenüber Kunden und Lieferanten eingehalten werden.“ Es sei für ihn nun ein guter Zeitpunkt, das Ruder an die nächste Generation von Führungskräften zu übergeben.

Das Führungsteam von Northvolt besteht laut Mitteilung fortan aus Finanzchefin Pia Aaltonen-Forsell und dem bisherigen „President of Cells“ Matthias Arleth, der ab sofort die Rolle des Chief Operations Officer übernimmt. Die beiden sollen in ihrer Rolle vom Restrukturierungschef Scott Millar unterstützt werden. Die Suche nach einem neuen CEO sei in die Wege geleitet worden.