Unsinniger Banken-Bann
Vor gut zwei Wochen hat die Europäische Union, die seit Herbst vergangenen Jahres sehr erfolgreich mit Bondemissionen am europäischen Anleiheprimärmarkt unterwegs ist, Banken bei ihren Syndikatstransaktionen mit einem Bann versehen. Sie durften sich nicht mehr an Transaktionen der EU beteiligen – zunächst. Das Thema sorgt im Handel noch immer für Gesprächsstoff und zum Teil auch für hochgezogene Augenbrauen. Der Grund für den Bann waren Machenschaften im Fixed-Income-Bereich, in die die Häuser verstrickt gewesen sein sollen oder waren. Gut zwei Tage später dann die Rolle rückwärts: Der Bann wurde – für einige Häuser – wieder aufgehoben. Der Ausschluss bezog sich nicht auf Häuser aus der vierten oder fünften Reihe, es waren renommierte Adressen, die bei Syndikaten eingesetzt werden, wenn verantwortungsbewusstes, solides Auftreten, Professionalität, Platzierungsfähigkeit, Erfahrung, Kompetenz und Nachhaltigkeit in Sachen Emissionsbegleitung gefragt sind.
Die Entscheidung der EU, Banken mit einem Bann zu belegen löste viele Fragen aus. Schnell war vielen klar, dass dies nur eine politische Entscheidung gewesen sein konnte. Da musste wohl jemand verärgert gewesen sein – die Frage ist nur wegen was. An den jeweiligen Verantwortlichen kann es wohl kaum gelegen haben. Denn Siegfried Ruhl, der den Bondauftritt bei der EU leitet, ist kein unbeschriebenes Blatt und schon gar kein „Marktfremder“. Er kommt vom ESM/EFSF und weiß genau, wie das Bondgeschäft läuft. Er ist Profi durch und durch. Es ist kaum annehmbar, das er für den Bann war.
Viele schütteln den Kopf
Am Markt kam auch die Frage auf, ob andere Emittenten aus der EU folgen werden und nun Banken aus ihren Syndikaten verbannen. Solche Fragen lösten bei vielen nur Kopfschütteln aus. Die Europäische Investitionsbank (EIB), die Bank der EU, zählt zu den bedeutendsten Bondemittenten im Euro und weltweit. Eila Kreivi ist die EIB-Funding-Chefin. Ja, sicher, politisch lässt sie sich sicher auch ausbremsen. Aber sie ist ebenso wie Ruhl eine Marktexpertin und würde selbst wohl niemals Banken verbannen. In ihrer progressiven Strategie ließe sich das nicht als Element implementieren. Bleibt noch der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) bzw. die European Financial Stability Facility (EFSF), die vom niederländischen CFO Kalin Anev Janse geleitet werden – ein „Technikverrückter“ im besten Marktsinne, der das Geschäft mit Anleiheemissionen im öffentlichen Bereich in Europa in neue Dimensionen bringen wird – in Kooperation mit der EZB. Schwer vorstellbar, dass Anev Janse dabei gern auf Banken verzichtet. Spaß beiseite: Er wird nur mit dem Kopf geschüttelt haben, als er vom EU-Banken-Bann hörte.
Der Banken-Bann war vielleicht so etwas wie eine gelbe Karte, denn zwei Tage später durften die Häuser wieder „mitspielen“ beim Bondverkauf. Und die EU konnte es sich in dieser Situation ja auch leisten, denn mal ehrlich: Wer kann in dieser Marktphase keine Anleihen verkaufen? Anleihen – zumal noch grüne, soziale, nachhaltige oder nachhaltigkeitsgebundene Bonds – erzielen praktisch jeden Tag Orderbücher, die fast aus allen Nähten platzen. Bondverkauf ist in diesen Tagen kein harter Job mehr. Da kann man auch mal einen Bann aussprechen, ohne Konsequenzen für den eigenen Absatz der Titel fürchten zu müssen. Jeder halbwegs begabte Banker bekommt dieser Tage Schuldpapiere verkauft.
Marktphasen ändern sich
Doch es wird nicht immer diese Zeiten geben. Es kommen auch wieder schwierigere Marktphasen, in denen die Bondplatzierung eben kein Kinderspiel mehr ist. Dann braucht man namhafte und platzierungsstarke Banken, die einem die so dringend zu platzierenden Anleihen an den Mann und an die Frau bringen. Das ist wohl auch der EU schnell eingefallen. Anders ist die Rücknahme des Banns ja wohl kaum zu erklären. Denn so etwas hätte später Weiterungen: Banken, die heute ausgeschlossen werden, sind später vielleicht auch nicht mehr interessiert, an Syndikaten teilzunehmen. Das gab es schon: Wenn die deutschen Länder einfach nur noch zeigen wollten, wer am Markt besser dasteht, und sich bei den engen Spreads untereinander zu „unterbieten“ versuchten, schüttelten Banken auch nur mit dem Kopf. Lange ist das nicht her. Und vergessen sollte man auch nicht, dass Staaten – nicht alle, aber einige – ihre Primärbanken bei Auktionen gern an der kurzen Leine führen. „Defensive Bids“ heißt das Stichwort. Von den Banken Gebote verlangen, die sie in die Auktion hereinlegen sollen, aber die fern des Marktniveaus sind und nur zeigen sollen, welches Nachfragepotenzial bei den Banken für die Staatsbonds besteht. Darüber schönte man den Marktauftritt unter Druckausübung auf die Banken. Auch nicht gerade die feine englische Art.
Ein Mitarbeiter des Bundesfinanzministeriums wollte immer den „Markt abstrafen“, wenn die Banken mal nicht so wie gewollt bei Auktionen des Bundes mitzogen. Ein früherer Geschäftsführer der Deutschen Finanzagentur entgegnete ihm dann immer wieder: „Wir brauchen den Markt“ – und damit auch die Banken im Markt. Hinter vorgehaltener Hand sagte er dann: Ich nannte das immer die französische oder italienische Schule.