Künstliche Intelligenz

China schränkt Nutzung von ChatGPT ein

Der Textgenerator ChatGPT sorgt in China für Wirbel. Peking signalisiert Regulierungsbedarf für entsprechende KI-Systeme, an denen auch heimische Techkonzerne basteln. Dem chinesischen Web-Publikum wird der Zugang bereits verwehrt.

China schränkt Nutzung von ChatGPT ein

Von Norbert Hellmann, Schanghai

Für alle diejenigen, die sich an der rasend schnellen globalen Verbreitung des in den USA entwickelten Textgenerators und Chatbot-Programms ChatGPT erfreuen, gibt es gute und schlechte Nachrichten aus China. Einerseits zeigt sich die Pekinger Regierung brennend daran interessiert, die Entwicklung von mit künstlicher Intelligenz (KI) gesteuerten Sprachsystemen zu fördern und ihnen zu einer breiten Anwendung zu verhelfen. Andererseits aber setzt der chinesische Staat einiges daran, dem vom kalifornischen Start-up OpenAI lancierten System ChatGPT keinen Durchschlupf zum chinesischen Publikum zu gewähren. Dies, weil ein vom Ausland gefütterter Chatbot Inhalte verbreiten kann, die nach den Vorstellungen des kommunistischen Parteiregimes zensiert gehören.

Seitens des Ministeriums für Wissenschaft und Technologie wurden am Freitag erste Anzeichen für eine kommende Regulierungsoffensive bekannt. In einem Pressebriefing in Peking hieß es, die Regierung werde sich für eine „sichere und kontrollierbare“ Anwendung von KI-Diensten als einem strategisch wichtigen Ausschnitt des Technologiesektors einsetzen. Grundsätzlich sehe man großes Potenzial für den Einsatz von mit ChatGTP vergleichbaren Systemen und arbeite daran, AI-Anwendungen in Chinas Wirtschaft und Gesellschaft zu integrieren, betonte Wissenschaftsminister Wang Zhigang am Freitag.

Wang zufolge wird es Zeit brauchen, um den Transformationscharakter der KI-Technologie und begleitende ethischen Aspekte genau zu verstehen. Entsprechend seien keine regulatorischen Schnellschüsse vorgesehen.

Aus der Sicht Pekings dürfte es dann weniger um ChatGPT selber als um die Kontrolle der von Technologiekonzernen wie Alibaba, Baidu und Tencent verantworteten rivalisierenden Systeme für den chinesischen Markt gehen.

Dass Chinas Parteiführung bei allem Interesse an KI-gestützter Spitzentechnologie ChatGPT mit extremen Misstrauen begegnet, muss nicht verwundern. Da der Chatbot bei Fragen und im spielerischen Dialog nach bestem in den USA programmierten Wissen und Gewissen antwortet, wird er bei sensiblen Themen wie Menschenrechtsverletzungen, Demokratieverständnis, geopolitischen Konflikten und historischen Vorgängen in China im Zweifelsfall nicht von der Staatspropaganda verordnete Standpunkte einnehmen oder auf unerwünschte Denkanstöße verzichten.

Wenige Wochen nachdem auch chinesische Nutzer auf erste Tuchfühlung mit den erstaunlichen Sprachfähigkeiten, Formulierungskünsten und Ansätzen „intuitiven Mitdenkens“ gehen konnten, machen sich Chinas Internetwächter nun daran, mit Blick auf GPT die sogenannte „Great Firewall“ gezielt zu verstärken. Dies ist keine Überraschung, denn schließlich blockiert China seit vielen Jahren den Zugang zu ausländischen Medien, Suchmaschinen, Videokanälen und Meinungsforen, so dass man auf dem Festland keinen Zugang zu Google, Facebook, Youtube, Whatsapp, Twitter, Reddit oder Wikipedia hat.

Seitens OpenAI, deren führender Investor Microsoft durchaus Ge­schäftsinteressen in China hat, nahm man von Anfang an Rücksicht auf Empfindlichkeiten der chinesischen Staatsführung und verbat es Chinesen, Nutzerkonten für ChatGPT zu eröffnen. Allerdings lässt sich dies durch den Internet-Tunnel eines Virtual Private Network (VPN) oder den Erwerb von bereits geschaffenen Konten, die auf E-Commerce-Plattformen für wenig Geld zu haben sind, zumindest teilweise umgehen.

Zwar gibt es keine offiziellen Verlautbarungen zur Unerwünschtheit des neuen Chatbots, bekannt ist allerdings, dass die Regierung den ihr aufs Wort folgenden chinesischen Technologiekonzernen rasch ins Gewissen geredet hat. So wurden diese unlängst hinter den Kulissen dazu verpflichtet, den Zugang zu ChatGPT-Diensten über ihre Plattformen und die dort angedockten „Mini-Programme“ von Drittparteien zu sperren.

Dem Vernehmen nach hat der Internetkonzern und Social-Media-Riese Tencent bereits eine ganze Reihe von Drittparteianbietern auf seiner Wechat-Plattform suspendiert, und zwar unabhängig davon, ob sie echten Zugang zu ChatGPT oder nur zu den bereits kursierenden Nachahmer-Chatbots vermittelten.

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