Dräger sieht Bedeutungsverlust von chinesischem Markt
„Wir sind nicht BASF oder Volkswagen“
Dräger sieht Bedeutungsverlust von chinesischem Markt – Medizin- und Sicherheitstechnikkonzern erhöht Dividende
ste Hamburg
Der Medizin- und Sicherheitstechnikkonzern Dräger stellt sich nach einem Einbruch des Geschäfts in China im vergangenen Jahr um rund 50% auf eine dauerhaft geringere Bedeutung des Marktes für das Lübecker Unternehmen ein. „Das war unser drittwichtigstes Land nach Deutschland und den USA, das ist jetzt nicht mehr so“, sagte Vorstandschef Stefan Dräger in der Bilanzpressekonferenz am Montag. Er gehe von einem nachhaltigen Bedeutungsverlust aus.
Dräger verwies auf eine allgemeine Wirtschafts- und Vertrauenskrise in China, auf staatliche Bestrebungen, die Absicht, den Kostenauftrieb im Gesundheitswesen einzudämmen, sowie auf die strategische Bedeutung der Medizintechnik für die chinesische Regierung, einhergehend mit der Bevorzugung lokaler Anbieter bei öffentlichen Ausschreibungen. Noch 2023 hatte Dräger neben Nachholeffekten im Zuge einer verbesserten Lieferfähigkeit von einem Nachfrageschub bei Beatmungsgeräten in China profitiert.
„Schwierige Marktverhältnisse“
Im vorigen Jahr führten die „schwierigen Marktverhältnisse" in China dazu, dass der Auftragseingang in der Region Asien-Pazifik schrumpfte – währungsbereinigt um 4,2% und nominal um 6% auf 545 Mill. Euro. In allen anderen Marktregionen registrierte das Unternehmen hingegen einen Anstieg der Nachfrage. Der Auftragseingang legte 2024 konzernweit um währungsbereinigt 3,4% bzw. um nominal 2,8% auf 3,38 Mrd. Euro zu.
Vorstandschef Stefan Dräger, der das Familienunternehmen seit 2005 in fünfter Generation führt und dessen Vertrag der Aufsichtsrat Ende Januar zum 1. März um fünf Jahre bis 2030 verlängert hatte, unterstrich, die Entwicklung in China könne man verkraften und im Rest der Welt ausgleichen. Andere Unternehmen hätten sich verwettet. „Wir sind nicht BASF oder Volkswagen.“ 2025 erwartet Dräger in China eine Stabilisierung auf dem niedrigeren Niveau, wie Finanzvorstand Gert-Hartwig Lescow sagte.
Profitabilität im Visier
Dass der Umsatzanstieg 2024 um währungsbereinigt 0,5% im Berichtsjahr die prognostizierte Wachstumsspanne von 1% bis 5% verfehlte, lag ebenfalls wesentlich an der Region Asien-Pazifik, in der die Erlöse um 9,1% zurückgingen. Dräger bekräftigte bei der Vorlage des Geschäftsjahresberichts 2024 am Montag die am 15. Januar veröffentlichte Prognose, die auch für 2025 eine Umsatzsteigerung um währungsbereinigt 1% bis 5% vorsieht.

Zugleich unterstrich Vorstandschef Dräger, es bleibe das wichtigste Unternehmensziel, die Profitabilität weiter zu verbessern. Die Ebit-Marge, die im vergangenen Jahr mit 5,8 (i.V. 4,9)% den Prognosekorridor von 2,5 bis 5,5% übertraf, soll 2025 zwischen 3,5 und 6,5% landen. Berücksichtige man die Einmaleffekte der vergangenen zwei Jahre, die das Ergebnis positiv beeinflussten, liege die 2025 erwartete Ebit-Marge im Einklang mit dem Ziel, die Marge jedes Jahr im Durchschnitt um einen Prozentpunkt zu steigern, sagte Vorstandschef Stefan Dräger.
Sondereffekte
Im vergangenen Jahr hatten Sondereffekte von saldiert 22 Mill. Euro unter anderem aus dem Verkauf des Geschäfts mit Brandmeldeanlagen in den Niederlanden sowie aus dem Verkauf eines nicht benötigten Grundstücks in den USA und eines Gebäudes in Spanien das Ebit um 16,6% auf 194 Mill. Euro steigen lassen. In diesem Jahr würden keine vergleichbaren Sondereffekte erwartet, so Finanzchef Lescow.
Mögliche Auswirkungen der US-Zollpolitik von Präsident Donald Trump ließ das Unternehmen offen. „Wir stellen uns auf kein Szenario ein, das hat keinen Zweck“, sagte Vorstandschef Dräger. Er verwies auf lang laufende Verträge mit Kunden in den USA. Eine Schätzung zeige, dass Zölle von 25% bei gleichbleibenden Preisen in den USA etwa ein Drittel des operativen Ergebnisses absorbieren würden, was durch Lagerhaltung nur kurzfristig abzufedern sei. Darauf könne man sich aber von vornherein nicht einstellen.
Chancen für eine deutliche Umsatzsteigerung sieht das Unternehmen in den nächsten Jahren im Zusammenhang mit der geplanten Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands. In dem Bereich hält Dräger bis zum Ende des Jahrzehnts eine Verdreifachung des Umsatzes auf 300 Mill. Euro für möglich.
Chancen bei Aufrüstung
Die Drägerwerk-Vorzugsaktie, die 2024 um gut 10% nachgab, seit Jahresanfang aber um 37% zugelegt hatte, gab am Montag in der Spitze um 3,8% auf 61,40 Euro nach. Auf Basis des 2024 um 11,4% auf 124,8 Mill. Euro gestiegenen Jahresüberschusses will das Unternehmen eine auf 2,03 (1,80) Euro je Vorzugsaktie und auf 1,97 (1,74) Euro je Stammaktie steigende Dividende zahlen. Die Dividendenquote von 30,1% entspräche dem Ziel, mindestens 30% des Jahresüberschusses auszuschütten, sofern die Eigenkapitalquote bei mindestens 40% liegt. 2024 stieg diese auf 49,7 (45,5)%.