EnBW-Gasnetztochter VNG wird nicht verstaatlicht
cru Frankfurt
Der Energiekonzern EnBW steht nach eigenen Angaben vor einer Einigung mit dem Bund über eine teilweise Kompensation der vom russischen Gaslieferstopp schwer getroffenen Tochter VNG. „Ich würde hoffen, dass es eher Tage statt Wochen sind“, sagte Finanzchef Thomas Kusterer am Freitag in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Der Karlsruher Konzern gehe nicht davon aus, dass es zu einer Verstaatlichung der VNG kommt. Er rechne überhaupt nicht mit irgendeiner Beteiligung des Staates bei dem Leipziger Gaskonzern. Es gehe um Kompensation, fügte er später gegenüber Analysten hinzu. „Die Gespräche laufen noch. Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen“, hieß es aus dem Bundeswirtschaftsministerium.
In einem Gasimportvertrag über 35 Terawattstunden mit dem russischen Staatskonzern Gazprom Export ist die EnBW-Tochter VNG laut Kusterer der direkte Importeur und hat „hier die erhöhten Ersatzbeschaffungskosten bisher getragen“. „Über eine zumindest teilweise Kompensation dieser Kosten, ohne die Kunden der VNG direkt belasten zu müssen, sind wir derzeit in Gesprächen mit den zuständigen Ministerien in Berlin“, sagte Kusterer.
Milliardenlast bei VNG
VNG schreibt hohe Verluste, weil sie sich für die ausgebliebenen Gaslieferungen Russlands teuren Ersatz beschaffen muss. Kusterer bezifferte die Belastungen daraus auf 1,2 Mrd. Euro für das gesamte Jahr 2022. VNG hatte im September Stabilitätshilfen beim Bund beantragt.
Die Gasersatzbeschaffungskosten – und hohe Belastungen im Netzgeschäft – lassen EnBW nun von den Jahreszielen abrücken. Im vierten Quartal seien deutlich höhere Belastungen und Aufwendungen zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit zu erwarten, teilte der Konzern bei der Vorlage seiner Neunmonatsergebnisse in Karlsruhe mit. Man rechne für 2022 nun mit einem operativen Gewinn (Adjusted Ebitda) von 2,7 Mrd. bis 2,9 Mrd. Euro statt bislang 3,03 Mrd. bis 3,18 Mrd. Euro.
Unterdessen warnt EnBW wie auch andere Ökostromerzeuger davor, dass der Vorschlag der Bundesregierung, Übergewinne von Energieunternehmen zu beschlagnahmen, weitere Investitionen in erneuerbare Energien verhindern könnte. Konzerne wie RWE und EnBW, die beide große Windkraftwerke betreiben, haben sich diese Woche zu dem Plan geäußert. EnBW-Finanzvorstand Kusterer warnte, dass die auf diese Weise abgeschöpften Gewinne grundsätzlich nicht für Investitionen in die Energieinfrastruktur zur Verfügung stehen.
Die Bundesregierung plant, bis zu 90 % der Gewinne von Stromunternehmen, die auf dem Spotmarkt verkaufen, abzuschöpfen, um die Stromrechnungen der Verbraucher zu subventionieren, die angesichts der schlimmsten Energiekrise seit Jahrzehnten in Europa in die Höhe geschnellt sind. Solche Gewinnabschöpfungen sind umstritten, da sie in unverhältnismäßiger Weise erneuerbare Energien wie Wind- und Solarparks treffen, die relativ billig produzieren können, aber von den steigenden Marktpreisen profitieren, die durch die hohen Kosten der Erdgaserzeugung entstehen.
Ein separater Bericht des deutschen Solarverbandes zeigte, dass drei Viertel der von ihm befragten Mitglieder beabsichtigen, neue Ausgaben zu verschieben oder zu kürzen, wenn die Bundesregierung den Plan vorantreibt. Höhere Zinsen, Löhne und Komponentenpreise hätten die Kosten für Investitionen in Solarparks im Vergleich zu 2020 bereits um fast zwei Drittel erhöht.
EnBW | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
9 Monate | ||
in Mill. Euro | 2022 | 2021 |
Außenumsatz | 39454 | 18721 |
Ebitda | 1612 | 1783 |
Ebit | 334 | −286 |
Konzernüberschuss | 163 | −27 |
Nettoschulden | 9397 | 8786 |
Beschäftigte (Zahl) | 26430 | 25040 |
Börsen-Zeitung |